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nur dumm stellte. War es möglich, dass er die Schüsse überhört haben konnte? An solchen Tagen und Orten pflanzten sich Geräusche auf komische Weise fort. Vielleicht – was wusste sie denn? – hatte er sich ins Taxi gesetzt, die Türen geschlossen und die Fenster hochgekurbelt, um im Trockenen zu sein, und in diesem Fall war es vollkommen plausibel, dass er überhört haben könnte, was sie gehört hatte.
In jedem Fall würde sie ihm nichts Brauchbares geben, bis sie an einem sicheren Ort – vorzugsweise London – war. »Können wir bitte losfahren?«, fragte sie und langte nach dem Türgriff des Taxis, ehe Chow ihr die Tür öffnen konnte. »Hier herumzutrödeln scheint mir keine so gute Idee zu sein.«
Er stieg neben ihr ein und beäugte sie neugierig, während das Taxi eine Kehrtwende auf die Straße vollführte und in Richtung Flughafen fuhr. Sie starrte ein paar Minuten lang entschlossen durch die Windschutzscheibe, bevor sie sich ihm endlich zuwandte und ihm direkt ins Gesicht sah. »Haben Sie mir irgendetwas zu sagen?«, fragte sie.
»Helfen Sie mir auf die Sprünge«, sagte er.
»Wenn Sie für die VRC arbeiten, dann knallen Sie mich jetzt ab«, sagte sie. »Wenn nicht, versuchen Sie jetzt bitte, vom Schlauch runterzukommen, oder Sie sind ein hoffnungsloser Fall.«
»Olivia!«, rief er im Ton eines beleidigten Professors aus. »Meines Wissens ist alles genau nach Plan verlaufen. Wenn Sie bessere Informationen haben, wäre ich Ihnen sehr verbunden …«
»Daran habe ich keinen Zweifel«, sagte sie. »Was ich nicht weiß, ist, was der Scheißplan eigentlich war!«
Das brachte ihn zum Schweigen, bis sie den Flughafen erreichten – was angesichts der Größe der Insel nicht lange dauerte. Dann ging es eine Zeitlang nur um Ticketschalter, Sicherheitsschleusen und Flugsteige. Er versuchte, sie in eine entlegene Ecke zu locken, wo sie reden konnten, aber sie sah keinen Vorteil darin, ihm irgendetwas zu sagen, bis sie weiter von China entfernt waren.
Sie nahmen den nächsten Flug nach Taipeh.
Dort folgte George Chow ihr bis zum Abfluggate ihres nächsten Flugs, der nach Singapur ging. Von dort aus sollte sie nonstop nach London fliegen.
Wie es schien, hatte man ihn telefonisch auf den neuesten Stand gebracht. Sie hoffte zu Gott, dass man irgendeine kugelsichere Verschlüsselung verwendete.
»Mr. Y«, verkündete er, »ist gar nicht aufgetaucht.«
»Ist wo nicht aufgetaucht?«
»Auf dem Containerschiff nach Long Beach.«
»Wie scheißdämlich müsste er eigentlich sein, um tatsächlich an Bord dieses Schiffes zu gehen, wenn man bedenkt …«
»Was nur gut ist«, fügte Chow hinzu, »da das Schiff beim Auslaufen von der chinesischen Marine gestoppt und geentert wurde.«
»Also ist die ganze Operation aufgeflogen«, sagte sie.
»Ja«, sagte Chow, »ein Umstand, der Ihnen von Anfang an bekannt gewesen zu sein scheint.«
Scheiße. Jetzt versuchte er, ihr das Ganze in die Schuhe zu schieben.
»Wollen Sie ernsthaft behaupten, dass Sie die Wildwest-Ballerei unten am Strand nicht gehört haben?«
»Ich habe nichts gehört«, sagte er. »Aber wenn Sie etwas gehört haben, hätten Sie mich darüber informieren müssen, damit wir …«
»Uns hätten vergewissern können, dass Sie den Auftrag ordentlich erledigt haben?«
»Was!?«
»Oder Sie dem armen Schwein noch mehr von Ihrer professionellen Unterstützung hätten zukommen lassen können?«
Schweigen.
»Er ist besser dran, wenn er sich allein durchschlägt«, sagte sie, »immer angenommen, er lebt noch. Was, wenn ich es mir recht überlege, eine ziemlich kühne Annahme ist.«
George Chow war es unter dem Kragen ein bisschen warm geworden.
Nicht, dass Olivia mit Steinen werfen konnte.
»Bis jetzt war mir gar nicht klar«, sagte er, »in welchem Maße das für Sie zur persönlichen Angelegenheit geworden ist.«
Sie dachte ungefähr eine halbe Minute darüber nach und sagte dann ruhig: »Ich wünschte nur, wir hätten bessere Arbeit geleistet.«
»In unserem Metier«, sagte Chow, »ist das ein durchaus alltäglicher Wunsch. Willkommen im Gewerbe.«
»Mein Flug wird aufgerufen.«
»Gute Reise«, sagte er. »Heben Sie ein Bier auf mein Wohl, ja?«
»Wahrscheinlich werde ich einige heben.«
Beim Aufwachen stellte Zula fest, dass ihre Hände und Füße auf dem Rücken zusammengebunden waren – ihrer Vermutung nach mit einem in Streifen gerissenen Bettlaken. Man hatte ihr einen Kissenbezug über den Kopf gezogen und mit einem eng, aber nicht
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