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Error

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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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verschwunden und sofort vergessen.
    Sie wollte »Hallo?« rufen, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt. Wenn es sich um Jones und seine Truppe handelte, gab es keinen Grund, sie anzurufen; sie wussten, wo sie war, und sie hatte ganz bestimmt nicht das Bedürfnis, Höflichkeiten mit ihnen auszutauschen. Aber was auch immer da draußen war, bewegte sich nicht – dachte nicht – wie ein Mensch.
    Es war allerdings mindestens so groß wie ein Mensch.
    Es umkreiste dieses seltsame Dickicht, das da in seinem Jagdrevier aufgetaucht war, schnupperte daran, untersuchte es mit kurzen Hieben seiner Pranken. Stellte fest, dass es ziemlich leicht auseinanderfiel.
    Es war ein Bär – es konnte nichts anderes sein –, und er steuerte auf das Heck des Pickups zu, wo Zula lag.
    Als Zula mit einem niedlichen kleinen Minianhänger, beladen mit der Encyclopaedia Britannica und anderen Dingen, ohne die sie nicht auskam, von Iowa nach Seattle umgezogen war, hatte sie einen kleinen Abstecher in den Norden von Idaho gemacht, um bei ihrem Onkel Jacob und seiner Familie – seiner Frau Elizabeth, seinem ältesten Sohn Aaron und zwei weiteren Söhnen, deren Namen sie peinlicherweise vergessen hatte – vorbeizuschauen. Der größte Teil der Familie hatte sie gewarnt, dass sie mit ernsthafter Wunderlichkeit rechnen müsse, aber Onkel Richard hatte ihr versichert, dass es völlig normale Menschen seien. Was sie dann vorgefunden hatte, lag natürlich irgendwo dazwischen; oder vielleicht ließen jene Aspekte ihres Lebens, die normal erschienen, die wunderlichen Sachen nur umso wunderlicher wirken. Elizabeth, die, während sie ihren Haushaltsarbeiten nachging oder den Jungen Hausunterricht erteilte, eine halbautomatische Glock in einem schwarzen Schulterholster trug, das sie sich über das Mieder ihres knöchellangen Kleides geschnallt hatte. Oder handelte es sich um einen Hosenrock?
    Jedenfalls waren sie beim Tischgespräch irgendwie auf das Thema Bären gekommen. Onkel Richard hatte Zula einmal gewarnt, dass Bären als Gesprächsthema insofern einem schwarzen Loch entsprächen, als es für ein Gespräch, das darauf verfalle, kein Entkommen mehr gebe. Angesichts dessen, wie selten Bären und Bärenangriffe in der wirklichen Welt vorkamen, hatte Zula, die rational-skeptische Collegestudentin, die Richtigkeit von Dodges Bemerkung bezweifelt. Vielleicht passierte ihm das nur oft, hatte sie überlegt, weil er diesen einen Bärenvorfall erlebt hatte und die Leute nicht müde wurden, sich davon erzählen zu lassen. Aber dann hatte sie es an Tischen in Wohnheimcafeterias selbst erlebt: Neunzehnjährige, die in ihrem ganzen Leben noch keinen Bären gesehen hatte, verirrten sich zu dem Thema und blieben dann dabei, bis alle anderen aufstanden und gingen.
    Onkel Jacob war den ganzen Tag draußen beim Blockhüttenbauen gewesen und hatte Sägemehl im Bart. Er war müde, wurde von seinen energiegeladenen Söhnen abgelenkt, die seine ungeteilte Aufmerksamkeit beanspruchten, und sah aus, als hätte er Lust auf ein kaltes Bier: ein Genuss, den seine Variante von Christentum verbot. Deshalb hatte es eine Weile gedauert, bis er bei Zula in den Onkelmodus übergegangen war. Sie hatte sich schon fast zu fragen begonnen, ob er sie nicht als echtes Familienmitglied akzeptierte. Aber im Laufe des Essens stellte sich langsam heraus, dass er einfach nur Hunger hatte. Und irgendwann hatte sich dann ein richtiges Gespräch ergeben.
    Die auf einem kleinen Fundament errichtete Hütte war dreistöckig. Der Keller diente der Lebensmittellagerung und ging in einen unterirdischen Bunker über, den Jake von Hand ausgehoben und mit Stahlbeton ausgekleidet hatte. Das Erdgeschoss war praktischen Zwecken vorbehalten: eine Art Garage/Werkstatt mit Ecken für bestimmte praktische Tätigkeiten wie Schlachten, Zerlegen, Einwecken und Patronenbefüllen. Das Stockwerk darüber war eine große Küche nebst Wohn- und Essbereich, und das obere Stockwerk enthielt Schlafzimmer. Der erste und zweite Stock hatte Schiebetüren und Fenster, die auf Veranden mit Fliegengitter auf der Seite des Hauses hinausgingen, die Zula als Rückseite betrachtete, da sie von der Zufahrt abgewandt lag; sie erfuhr jedoch bald, dass Jake und Elizabeth sie als die Vorderseite ansahen. Von dort aus bot sich ein Ausblick auf ein mehrere Morgen großes und dünn mit Bäumen besiedeltes Stück Gelände, das an den Fuß eines steilen Anstiegs, der Südflanke des Abandon Mountain, grenzte. Ein Bergbach, Prohibition Crick,

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