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»Wo ist das alles hin? Haben diese Dwinn es genommen?«
Der Vorwurf war lachhaft. Viel wichtiger allerdings war der Gesichtsausdruck des Dons, der leicht aufgebracht war, und sein Tonfall, den man nur als gierig bezeichnen konnte.
Gut.
»Nein«, sagte Richard, »Sie haben es genommen und in Ihren Beutel gesteckt.«
»Aber wie kann ich denn in diesem winzigen Beutel so viel Gold tragen?«
»Das ist ja gerade der Witz an so einem Beutel. Er ist magisch. Ermöglicht es einem, aberwitzige Mengen von VE herumzutragen, und erhöht dadurch unsere Gewinnmargen ohne Ende.«
Der Don nickte. Sogar er wusste, dass VE für Virtuelles Eigentum stand.
»Aber darum geht es nicht«, fuhr Richard fort. »Es geht um Folgendes.« Und er wandte sich ab und wanderte zum Bett zurück. Das dauerte so lange, dass eine kleine Schar von beinahe anstößig hellen Var’-Scharmützlern Zeit hatte, zwischen den Bäumen hervorzuhoppeln, um das seltsame Phänomen eines einzelnen Anthron zu untersuchen, der, frisch geschaffen und daher praktisch mit null Fähigkeiten ausgestattet, unbewaffnet und unausgerüstet – ja sogar un beschuht – wie ein Idiot in der wahrscheinlich gefährlichsten Gegend von ganz T’Rain herumstand. Es war so unheimlich, dass sie sich ihm mit so etwas wie abergläubischer Ehrfurcht näherten.
Wozu sie auch allen Grund hatten, denn nachdem Richard mithilfe bestimmter Fähigkeiten aus seinem Repertoire seinen Verdacht bestätigt hatte, dass sie eine Menge Geld bei sich trugen, zerstäubte er die ganze Bande zu rosa Pilzwolken.
»Richard, ich muss mich über Sie wundern; ich hätte nicht gedacht, dass Sie sich zu solchen Methoden herablassen!«
»Ich versuche, nach einem bestimmten Prinzip vorzugehen. Ich habe sie so schnell weggepustet, dass sie keine Zeit mehr hatten, etwas von ihren Habseligkeiten zu sequestrieren.«
»Was um alles in der Welt soll das heißen?«
»Es soll heißen, dass wir das gesamte VE klauen können, das sie bei sich hatten. Heben Sie alles Gold auf, das auf dem Boden liegt. Und während Sie dabei sind, können Sie sich auch gleich ein Paar Schuhe schnappen?«
»Legen Sie mir etwa nahe, Leichen auszurauben!?«
»Ich weiß. Was würde Queen Anne sagen?«
»Ich habe keine Ahnung!«
»Sie können ja vorher Ihren Laptop von der Bibel runternehmen, wenn Sie sich dann tugendhafter vorkommen.«
»Nicht nötig. Wie ich höre, passiert dergleichen in T’Rain andauernd.«
Richard widerstand der Versuchung zu sagen: Menschen verdienen ihren Lebensunterhalt damit.
Sobald D-Quadrat das User-Interface-Problem, wie man Sachen aufhob und sie in seinen Beutel steckte, gelöst und dafür gesorgt hatte, dass der Anthron sämtliches Gold, ein Paar Stiefel Elementarer Überlegenheit und ein Wahrsagediadem raubte, an dem er Gefallen fand, packte Egdod ihn (das heißt, den Anthron) wieder am Schlafittchen und flog ihn mit einer Geschwindigkeit, die der Don als »leicht übelkeiterregend« bezeichnete, um den halben Planeten, um einen Geldwechsler zu besuchen, der, weil er beinahe antipod zum Ort des ganzen Geschehens saß, schnellen Service und gute Wechselkurse bot.
Es war möglich, mit einem GW verbal zu interagieren und dadurch »in der Welt« zu bleiben, was einem Schauspieler entsprach, der »in der Rolle« bleibt, aber der ungeduldige Richard dirigierte den Don auf ein User-Interface voller mittelalterlich gestalteter Buttons und Pop-up-Menüs. »Sie wollen Argelion ein Potlatsch darbringen.«
»Dem Gott des Mammons und der Gewinnsucht!?«
»Sie wissen sehr wohl, was Argelion ist.«
»Das will ich meinen! Aber ich entsinne mich in dem Zusammenhang an keinen Potlatsch. Der entstammt der traditionellen Vorstellungswelt der Indianer der Pazifikküste! So etwas hat nichts …«
»Es gehört zu den Dingen, die wir der Spielwelt vor so langer Zeit hinzugefügt haben, dass wir vergessen haben, dass es nicht Ihre Idee war«, sagte Richard. »Wir können beim Essen darüber diskutieren. Wahrscheinlich spielt die Hälfte von den Jungs am Hohen Tisch heimlich T’Rain; sie werden sich freuen, Ihre Gedanken dazu zu hören, warum ein Potlatsch etwas Schlechtes ist. Aber jetzt seien Sie bitte erstmal so nett, das verdammte Kästchen anzuklicken …«
»Also gut, ich habe es getan. Und jetzt lauter neue Sachen!« Der Don sagte das in dem verwunderten Ton, den er stets anschlug, wenn er mit der unerwarteten Dynamik eines User-Interface konfrontiert wurde. »Ein Viertel, die Hälfte, drei Viertel, alles.
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