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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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genügen«, war Jones’ Antwort gewesen, als Richard sich wieder gefasst und sie gefragt hatte, was sie wollten.
    Das überraschte ihn ein wenig. Er war so daran gewöhnt, dass die Leute Geld von ihm wollten. Dass man seine Dienste als Schmuggler in Anspruch nahm, erfüllte ihn mit so etwas wie Stolz, und er war Jones beinahe dankbar dafür – als hätte Jones ihm einen Gefallen damit getan, dass er bestimmten verborgenen Qualitäten von Richard Respekt zollte, um die sich sonst niemand mehr einen Dreck scherte.
    »Sie sind schon fast da«, sagte Richard. »Gehen Sie nach Süden. Sie können sie nicht verfehlen.«
    »Ich habe Grund zu der Annahme«, sagte Jones mit dünnem Lächeln, »dass es ein bisschen schwieriger ist, als Sie es darstellen, und dass Sie besonders gut darin sind hinüberzukommen, ohne unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.«
    Der hilfsbereite, ernsthafte Pfadfinder in Richard hätte Jones am liebsten auf der Stelle eine Karte gezeichnet und detaillierte Anweisungen geliefert. Aber das war es nicht, was Jones wollte. Die Bedingungen des Handels mussten nicht eigens ausbuchstabiert werden, und Jones wollte sie wahrscheinlich gar nicht laut aussprechen: So viel britisches Understatement hatte er sich immerhin bewahrt. Aber er musste Zula in der Gewalt einiger Leute zurückgelassen haben, die sie töten sollten, falls er und seine Gruppe es nicht sicher und wohlbehalten über die Grenze schafften.
    Was bedeutete, dass Richard eine kleine Wanderung antreten würde. Sich mit diesen Typen zusammentun, ihr Schicksal teilen würde.
    »Dann packe ich wohl mal lieber«, sagte er.
    »Einen Großteil von dem, was Sie brauchen, haben wir schon«, sagte Jones. »Aber wenn Sie spezielle Ausrüstungsgegenstände benötigen, Kleidung, Medikamente …«
    »Waffen?«
    Wieder das dünne Lächeln. »Ich glaube, dafür ist ausreichend gesorgt.«
    Als sie mit der Kette um den Hals oben auf dem Hügel präsentiert wurde, hatte er erneut weinen müssen. Freudentränen. Das war etwas eigenartig. Aber Gewissheit war so viel besser als Ungewissheit; und die Gewissheit, dass sie noch lebte, war noch viel beglückender.
    Die erste Tagesetappe führte entlang der Eisenbahnstrecke genau nach Süden. Die Strecke wurde unterwegs immer steiler, bis sie schließlich an die Grenzen dessen stieß, was die Lokomotiventechnik des neunzehnten Jahrhunderts wirklich zu leisten imstande gewesen war. Denn die Wasserscheide des Blue Fork wurde nach Süden und Osten hin von einer ungefähr Cape-Cod-förmigen Bergkette begrenzt: einem fleischigen Bizeps, der von den Selkirks aus ostwärts vorsprang, und einem knochigen Unterarm, der grob in Nordsüdrichtung verlief und schließlich in einen Ausläufer der Purcells überging. An deren Flanke gingen sie entlang und brachten allmählich immer mehr vertikale Distanz zwischen sich und den Blue Fork. Der Pfad begann kleine Abstecher zu machen: drängte sich in Bergtäler, um Zuflüsse zu überqueren, und tastete sich dann um vorspringende Kämme herum, die solche Täler voneinander trennten. In dem Maße, wie diese steiler wurden, waren die Eisenbahnbauer dazu übergegangen, Bockbrücken über die Täler zu errichten und kurze Tunnel durch die Kämme zu sprengen, was zur damaligen Zeit wahnsinnig schwierig und irrwitzig teuer gewesen sein musste, inzwischen jedoch den Radfahrern und Langläufern, die den Pfad nutzten, interessante Abwechslung bot.
    Irgendwann saßen sie in der Ellenbeuge fest, wo der Weiterbau durch den vorspringenden Bizeps verhindert wurde, der mehrere Kilometer nördlich der Grenze ungefähr in Ostwestrichtung verlief und so hoch lag, dass die oberen Hänge frei von Vegetation waren: bloß hochaufragende sandfarbene Zinnen mit Schnee auf den Spitzen. Man hätte sie für zerklüftete Dünen halten können. Richard, der dort viel unterwegs gewesen war, kannte sie als exponierte Granitpfeiler, deren Außenflächen seit einigen Millionen von Jahren von dem absurd unfreundlichen Klima langsam abgesplittert und abgeschält wurden. Jeder kleine Sieg der Elemente wurde von einem kleinen Erdrutsch gefeiert, bei dem sich ein Felsbrocken, so groß wie ein Haus, ein Auto, ein Kürbis oder ein Teekessel, löste und bergab rollte, bis er von einem größeren aufgehalten wurde. Ergebnis war ein ausgedehntes Terrain von Hängen, die alle im etwa gleichen Winkel bis zu den hohen, nahezu senkrechten Felswänden anstiegen, von denen die Felsbrocken abbrachen. In Geröll wuchs nicht viel,

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