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Error

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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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Olivias Kopfhöhe einen Schuss durch die Tür ab. Das müsste eigentlich Hinweis genug sein.
    »Bring ihn um!«, rief Igor, offenbar an Wlad gerichtet. Dann hob er das Gewehr und zielte damit auf die Haustür.
    Wlad wühlte in seiner Tasche. Aber er war schlecht ausgebildet und hatte Mühe, die Waffe zu ziehen. »Lauf hinten raus«, schlug Sokolow vor. »Da ist niemand.«
    »Woher willst du das wissen?«, fragte Wlad.
    »Mach schon, oder ich bring dich um«, sagte Sokolow und richtete die Makarow auf Wlad.
    »Ich hab’s dir gesagt, er legt uns rein! Scheißkerl!«, rief Igor, ließ das Gewehr sinken und zog mit der freien Hand einen Revolver aus dem Hosenbund.
    Sokolow wirbelte herum, gab zwei Schüsse auf Igors Bauchgegend ab, wartete, bis er auf dem Boden aufschlug, und schoss dann noch einmal.
    Wlad kauerte, die Hände auf dem Kopf, vollkommen verzagt neben dem PC auf dem Boden. Ein absolut mitleidloser, animalischer Instinkt in Sokolow befahl ihm, den erbärmlichen Wicht, der ihm nur Ärger machen konnte, einfach zu exekutieren. Aber er brachte es nicht fertig.
    »Ich schlage vor, du haust ab. Und zwar schnell«, sagte Sokolow.
    »Was soll das nützen? Hast du nicht gesagt, wir werden observiert?«
    »Aber nicht, von wem«, sagte Sokolow. Er hatte das Zimmer durchquert und das Gewehr aufgehoben. Er legte seine Pistole einen Moment lang hin, zog den Ladehebel des Gewehrs zurück, sodass die Patrone, die Igor in die Kammer eingeführt hatte, ausgeworfen wurde, legte das Gewehr dann in den Koffer und klappte diesen zu. Er ging damit zur Haustür und öffnete sie. Olivia war nicht mehr da. Der SUV wendete gerade in der Mitte der Sackgasse und wurde für eine Flucht in Position gebracht.
    Dann blieb er stehen.
    Ein paar Augenblicke lang passierte gar nichts.
    Dann öffnete Olivia von innen die Beifahrertür.
    Abgesehen davon, dass seine Nichte als Geisel festgehalten wurde und er selbst sich in der Gewalt mordgieriger Dschihadisten befand, war es für Richard der beste Urlaub seit zehn Jahren. Oder genauer gesagt, der erste. Er hatte den Sinn von Urlaub nie verstanden , eigentlich nie welchen gemacht. Aber er redete manchmal mit Leuten, die seinen Sinn verstanden und welchen machten, und was sie erzählten, hatte offenbar damit zu tun, dass man seine normalen Alltagssorgen hinter sich ließ, diesen ganzen Kram eine Zeitlang einfach vergaß, an einen fremden Ort fuhr und Erlebnisse hatte. Erlebnisse, die irgendwie reiner, unmittelbarer und echter waren – so wie kleine Kinder etwas erlebten –, eben weil sie eine Ausnahme, eine komplette Abkehr vom Fluss des Alltagslebens darstellten.
    Wozu Richard normalerweise völlig außerstande war. Rückblickend erkannte er, dass es zur Trennung von den Frauen, die in seinem Über-Ich als die Furiosen Musen weiterlebten, in der Mehrzahl der Fälle im Zusammenhang mit Versuchen gekommen war, Urlaub zu machen. Er hatte niemals irgendwo Urlaub gemacht, wo es kein Highspeed-Internet gab. Selbst der Privatjet, mit dem er zu diesen Urlaubsorten flog, hatte seine eigene, ständig eingeschaltete Netzverbindung. Das qualifizierte Richard wahrscheinlich zum ernsthaft Irren, aber er mochte nichts lieber, als mit nacktem Oberkörper auf Bali unter einem Palmwedeldach zu sitzen, einen exotischen Drink aus einer Kokosnussschale zu schlürfen, zuzusehen, wie von einem blauen Ozean die Wellen heranrollten, und dabei mit dem Computer auf seinem Schoß in T’Rain herumzuspazieren und Memos und Bug-Meldungen an seine technischen Mitarbeiter vom Stapel zu lassen. Er konnte sich nichts Entspannenderes vorstellen.
    Außer das, was er jetzt gerade tat. Wenn man nur das Schlimme daran beseitigen könnte. Er dachte ernsthaft daran, eventuell ein neues Unternehmen zu starten, falls er das hier überlebte: einen Ferienveranstalter für reiche, schwer arbeitende Menschen, der so funktionierte, dass man ohne Vorwarnung bei ihnen zu Hause auftauchte und sie entführte.
    Jones und Genossen hatten das durchaus achtbar erledigt: so lange den verletzten Wanderer vorgespiegelt, bis Richard die Tür aufgemacht hatte, dann sofort Strom- und Internetkabel gekappt. Offenbar hatten sie das Anwesen ausgekundschaftet, hatten das Verteilerhäuschen oben am Damm gefunden, waren darin eingebrochen und hatten dort einen Mann mit einem Bolzenschneider postiert. Wahrscheinlich Ershut. Richard hatte Jones’ Leute beobachtet, ihre Namen und etwas über ihre Eigenschaften erfahren, und er hatte Ershut als einen Barney

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