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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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waren auf den Weg vor ihnen gerichtet. »Das Land hier hat mal einem römischen Legionär gehört, einem Offizier, Marcus Severus Secundus. In Colchester Castle steht eine Statue von ihm. Gutaussehender Kerl. Mir gefällt der Gedanke, daß er manchmal im Garten spazierengeht, aber ich kann nicht behaupten, ihn jemals gesehen zu haben.« Er grinste. Nicht zu schnell zu massiv werden. Die Frau war nicht dumm. Und offenbar wirklich nicht ängstlich. »Er ist sicher harmlos.« Er zog die Augen zusammen und konzentrierte sich auf den Weg.
    Kate lächelte, ihre Aufregung aber wuchs.
    Als das Cottage endlich auftauchte, sah es zu ihrem Entzücken wie eine Miniaturversion des Farmhauses aus. Es hatte rosa Wände und Kletterpflanzen und war, wie sie im Schemwerferlicht erkennen konnte, ein bezauberndes kleines Haus mit Kieselwällen und rauchendem Kamin. Dahinter konnte sie zwischen hohen Schindelwällen das dunkle Schimmern des Meeres sehen. Greg ließ die Scheinwerfer an und sprang aus dem Auto. Er machte keine Anstalten, ihr beim Aussteigen zu helfen, sondern ging sofort zum hinteren Ende des Wagens und ließ sie sich mit dem Türgriff abmühen. Als es ihr endlich gelungen war, die Tür zu öffnen und herauszuspringen, richtete er sich auf, wobei ihm der Wind die Haare ins Gesicht wehte. Bevor sie verstanden hatte, was er tat, warf er ihr einen Schlüsselbund zu. Sie griff daneben, und er fiel vor ihren Füßen in die Dunkelheit.
    »Schussel.« Das spöttische Wort drang zu ihr durch die Dunkelheit. »Sperren Sie die Haustür auf. Ich bringe Ihnen das Zeug dann rein.«
    Die Tür war durch die Feuchtigkeit leicht verquollen, und sie mußte fest drücken, um sie aufzukriegen. Als sie es geschafft hatte, stand Greg schon ungeduldig hinter ihr, die Arme voller Kartons. Sie tastete nach dem Lichtschalter und fand ihn endlich. Das Licht erhellte eine kleine weißgestrichene Diele. Direkt vor sich sah sie eine Treppe und drei Türen, zwei links und eine rechts.
    »Rechts«, wies Greg sie an. »Ich lade alles da drin ab, dann können Sie‘s sich selbst auseinandersortieren.«
    Sie öffnete die Tür. Das Wohnzimmer hatte eine niedrige Decke und viele Balken wie das Farmhaus, und in ihm standen ein Sofa und zwei Sessel. Im tiefen Kamin glühte ein Holzofen und erwärmte das Zimmer. Die anderen drei Wände hatten je ein Fenster mit kleinen Scheiben, hinter denen die finstere, windige Nacht durch den Widerschein der Lampe in Schach gehalten wurde, die sie jetzt anschaltete. Sie ging durch das Zimmer und zog bei allen Fenstern die Vorhänge zu. Als sie damit fertig war, brachte Greg die nächste Ladung.
    »So, das war‘s«, sagte er schließlich. Er hatte sich keine Mühe gegeben, die Sachen zu ordnen oder zu verteilen. Alles lag oder stand auf einem Haufen in der Mitte des Teppichs. »Wenn Sie irgendwas brauchen, können Sie uns das morgen sagen.«
    »Mach‘ ich. Danke.« Sie schenkte ihm ein Lächeln. Er reagierte nicht. Mit einem kurzangebundenen »Gute Nacht« duckte er sich zur Tür hinaus und zog sie hinter sich zu. Sie widerstand dem kindischen Verlangen, zum Fenster zu laufen, um ihn davonfahren zu sehen. Der Schein der Schlußlichter erleuchtete einen Moment lang die Vorhänge, dann verschwand er. Sie war allein. Sie trat hinaus in die Diele, schob den Türriegel vor und kehrte wieder zurück. Sie hatte die plötzliche Welle der Einsamkeit und die völligen Stille erwartet, dennoch sah sie sich mit einem Seufzer um. Insgeheim hatte sie wohl damit gerechnet, daß Bill an diesem ersten Abend bei ihr sein würde. Oder daß die Vermieter sie zum Abendessen einladen würden.
    Es war alles solch eine Hetze gewesen. Das Packen, das Einlagern ihrer Sachen, das Ausleihen von Büchern in der London Library. Ihr neues Leben ordnen, sich von Jon trennen. Sie hatte wenig Zeit zum Nachdenken gehabt und ihre allabendliche Erschöpfung immer willkommen geheißen. So geriet sie nicht ins Grübeln. Hier nun würde sie genug Zeit zum Grübeln haben. Sie richtete sich auf und straffte die Schultern. Es würde auch eine Menge Zeit zum Arbeiten geben, doch zuerst wollte sie ihr neues Reich erkunden.
    Das Cottage war sehr klein. Im Parterre gab es nur das Wohnzimmer, an das eine kleine Küche und ein noch kleineres Badezimmer grenzten. Oben waren zwei Schlafzimmer, etwa gleich groß. Nur in einem stand ein Bett. Jemand hatte versucht, dieses Zimmer gemütlich zu machen. Es gab da eine Kommode und einen kleinen, mit abgescheuertem goldenem Samt

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