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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Cottage wahrscheinlich beide von diesem kleinen Ofen abhingen. Warum hatte Greg das nicht erwähnt? Als erstes hätte er ihr sagen müssen, wie man hier einheizte.
    Sie schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich hatte er das absichtlich nicht getan. Sie war ganz schön blöd gewesen, daß sie seine Feindseligkeit und seinen Zorn nicht gespürt hatte. Erteil der Stadtmamsell mal eine Lektion. Na, wenn die Stadtmamsell nicht erfrieren will, dann muß sie irgendwo Brennmaterial auftreiben. Eine rasche Suche brachte eine Schachtel Streichhölzer in einer Schublade in der Küche zum Vorschein œ Gott sei‘s gedankt. Als Nichtraucherin war es ihr gar nicht erst in den Sinn gekommen, Streichhölzer mitzunehmen. Aber es gab keine Feueranzünder und auch keine Taschenlampe. Sie verfluchte ihre eigene Dummheit, als ihr bewußt wurde, daß sie jetzt draußen im Dunkeln würde herumsuchen müssen.
    Während sie entschlossen alle Gedanken an das unerklärliche Geräusch aus ihrem Kopf verscheuchte, zog sie Jacke und Handschuhe an. Zögernd ging sie in die Diele, entriegelte dann die Haustür und öffnete sie. Sie sorgte auch dafür, daß der Riegel zurückgeschoben blieb, während sie hinaus in die Dunkelheit spähte.
    Der Wind erfaßte ihre Haare, warf sie aus ihrem Gesicht und biß in ihre Wangen. Er war frisch und schneidend, erfüllt vom Geruch des Meeres und der Kiefern, die sich hinter der Grasfläche drängten. Sie verharrte einen Augenblick lang bewegungslos, denn es wurde ihr in diesem Moment bewußt, daß ihre Silhouette im Eingang zu sehen war. Sie machte sich aber klar, daß niemand sie beobachten konnte und starrte hinaus auf den Pfad aus Licht, der von ihren Füßen den Weg entlanglief, bevor sich dieser zwischen den Bäumen verlor. Auf beiden Seiten davon stand die Dunkelheit wie eine Wand. Sie konnte jenseits des schlammigen Weges mit seinen im Wind wehenden Gräsern und dem Wirrwarr aus abgestorbenem Unkraut absolut nichts sehen.
    Zögernd löste sie sich von der Tür und begann, an der Vorderseite des Cottage entlangzugehen. Mit vorsichtig ausgestreckter Hand tastete sie sich an der rauh verputzten Wand entlang. Als ihre Augen sich an die Dunkelheit zu gewöhnen begannen, erschienen über ihr Sterne und Wolkenfetzen, blaß gegen die Schwärze, und sie begann auch zu hören, wie die See in der Ferne leise gegen die Kiesel schlug und wie der Wind in den Bäumen seufzte. Als sie an die Ecke kam, spähte sie mit aufgerissenen Augen um sich. Auf halbem Weg stand an der Wand ein kleiner angebauter Schuppen, in dem bestimmt Holz gelagert war. Mit wachsender Zuversicht ging sie schneller. Ihre Füße wurden naß im Gras.
    Endlich trafen ihre Finger auf die rauhen Bretter des Anbaus. Sie ertastete sich den Weg um ihn herum, bis sie an dessen offene Tür kam. Dort blieb sie stehen, zaudernd. Vor ihr gähnte der Eingang. Die Dunkelheit darin, im Gegensatz zum leuchtenden Dunkel der Nacht, war tiefschwarz und undurchdringlich, aber sie konnte die Holzscheite riechen. Stark, harzig und warm schwamm der Duft zu ihr hoch. Sie bückte sich und tastete sich durch die Tür. Ihre Hände stießen auf nichts außer auf leeren Raum. Sie streckte die Hand weiter aus. Plötzlich schlossen sich ihre Finger um etwas Eiskaltes. Ein Griff. Was immer es war, es rutschte ihr aus der Hand und fiel klappernd auf den Boden. Sie bückte sich und hob es auf. Ein Spaten. Es war ein Spaten. Sie lehnte ihn an die Wand, tat einen vorsichtigen Schritt nach vorn, beugte sich tiefer, und befand sich nun mitten im Schuppen.
    Dort trafen ihre suchenden Finger endlich auf Reihen aufgeschichteter Scheite, die Kanten scharf, eckig, die Seiten rauh und gerundet. Vorsichtig zog sie an einem. Der ganze Stapel bewegte sich, sie sprang zurück. »Von oben, du Idiot.« Sie hatte das tatsächlich laut zu sich selbst gesagt, und der Klang ihrer Stimme wirkte irgendwie beruhigend auf sie. Sie streckte sich ein bißchen, hob die Hände, um das obere Ende des Stapels zu ertasten, und nahm vier Scheite herunter, einen nach dem anderen. Das war alles, was sie tragen konnte. Die Scheite an die Brust gedrückt, stolperte sie rückwärts aus dem Schuppen und suchte ihren Weg zurück zur Ecke der Wand. Dort angekommen, geleitete sie die heitere Flut des Lichts aus der Diele zurück zur Haustür. Sie rannte fast hinein, warf die Scheite auf den Boden, drehte sich um, schlug die Tür zu und schob den Riegel vor. Erst als sie, bedeckt mit Sägemehl und Spinnweben, hinunter auf die

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