Erstkontakt
erkannte Wheeler, daß er gerne über Herkules reden wollte. Sie hatten das Gespräch kurz unterbrochen, und Peoples war durch die Glastür hinausgegangen, um Kaffee aufzusetzen. Wie die angrenzende Kirche war das Pfarrhaus Ende des neunzehnten Jahrhunderts erbaut worden. Die mit reichen Schnitzereien verzierten Geländer und die Bücherschränke mit den verschließbaren Glastüren machten einen sorgfältig gepflegten Eindruck. Zahlreiche Bände theologischer Standardwerke waren in ein Wandregal hinter dem Schreibtisch des Pastors gepackt worden, dazu Bücher über Kirchenfinanzen, mehrere Predigtsammlungen und eine Anzahl Dickens-Romane, die jemand gestiftet hatte und die Peoples gerne offen zur Schau stellte. »Für die Zeit, wenn ich mich zur Ruhe setze«, erklärte er stets neugierigen Besuchern.
Wheeler folgte Peoples in die Küche, der soeben eine Schale mit Gebäck füllte. »Jack«, sagte er, »irgend etwas ist bei Goddard im Gange. Das ist auch der eigentliche Grund, warum Rimford in D.C. ist.«
Er schilderte die Ereignisse der vergangenen Woche.
Peoples hörte geduldig zu – wie so oft, wenn Wheeler die Meinung des Freundes über verschiedene Spekulationen und oft auch weithergeholte Ideen einholte. Peoples liebte diese Rolle und das darin enthaltene Kompliment an einen Pfarrgeistlichen, der in der Tradition des Thomas von Aquin lebte und wenig mehr gelten ließ. Diesmal jedoch fehlte die sonst übliche Kollektion obskurer Ideen und Konzepte. Die Tatsache des künstlichen Signals stand überdeutlich und unverrückbar im schwachen Licht der frühen Morgenstunden.
»Was glaubst du, worum es sich dabei handelt?« fragte Peoples, als Wheeler seinen Bericht beendet hatte.
»Ich denke, wir haben eine Nachricht von einer anderen Welt empfangen.«
Jack lächelte. »Das wird der Vatikan gar nicht gerne hören. Die Existenz außerirdischen Lebens verletzt zwar nicht wirklich unsere Glaubensgrundsätze, aber doktrinell gesehen, ist es doch recht unbequem.« Er schenkte beiden Kaffee ein und reichte Wheeler eine Tasse. »Du sagst, die Botschaft sei vor einer Million Jahren losgeschickt worden?«
»Ja.«
»Das ist lange her, Pete. Wahrscheinlich sind sie schon längst tot und untergegangen. Die ganze Zivilisation, wenn es denn so etwas wie eine Zivilisation gewesen ist.«
In der darauffolgenden Stille erschien die antike Uhr auf dem Kühlschrank sehr laut.
»Wann werdet ihr damit an die Öffentlichkeit gehen? Wurde es heute abend schon in den Nachrichten erwähnt?«
Wheeler schlürfte seinen Kaffee. »Sie halten es so lange wie möglich zurück. Niemand möchte das Risiko eingehen, daß sich die ganze Behörde am Ende lächerlich macht. Daher wird es keine offiziellen Verlautbarungen geben, ehe man nicht genau weiß, was das Signal bedeutet.«
»Steht das denn in Frage?«
»Meiner Meinung nach nein.« Sie nahmen Gebäck und Kaffee und begaben sich wieder in Peoples’ Büro.
»Ich frage mich, ob es draußen eine entscheidende Wirkung haben wird.« Der Pastor bezog sich auf die Welt außerhalb der Kirchentüren. »Es ist schwer vorauszusagen, wie die Menschen auf eine solche Neuigkeit reagieren werden.«
»Ich bezweifle, daß sich viel ändern wird«, sagte Wheeler. »Der Glaube hat die Erkenntnis überlebt, daß sich die Erde um sich selbst dreht, und später auch, daß der Mensch nicht im Zentrum aller Dinge steht. Er wird auch diese Neuigkeit überstehen.«
Jack lehnte sich in seinen Sessel zurück. »Wie sieht’s denn mit dir aus?«
Wheeler starrte nachdenklich die in Leder gebundenen theologischen Bücher an. »Für mich ist dies nur ein weiterer Riß im Gewebe. Für wen ist Jesus Christus gestorben?«
Peoples schleuderte seine Schuhe weg. Dies war die Art von Gespräch, die er liebte, obgleich er nur einer Handvoll Kollegen gestattete, ihn in eine solche Debatte zu verwickeln, die einen weniger Gläubigen als ihn sicherlich in Schwierigkeiten gebracht hätte. »Für die Kinder Adams«, sagte er vorsichtig. »Andere Gruppen werden ihre eigenen Glaubenssätze aufstellen müssen.«
»Aber Adam hat nie existiert. Wir beide wissen das.«
Peoples zuckte mit den Achseln. »Ich meinte dies auch metaphorisch, und das wissen wir beide ebenfalls. Jesu Tod war ein Beweis der Liebe Gottes. Ein Beweis für uns. Das bedeutet keineswegs, Gott liebe all seine anderen Schöpfungen nicht, aber auf unsere Welt kam er als Mensch, in unserer Gestalt. Und als Mensch ist er auch gestorben. Diese Botschaft ist leicht
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