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Erstkontakt

Erstkontakt

Titel: Erstkontakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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Interstate 81 klatschten die ersten Regentropfen auf die Windschutzscheibe.
    Es war fast elf Uhr, als er bei stetigem Nieselregen in Carthage eintraf. Der Sankt-Katharinen-Turm ragte aus dem Geschäftsviertel heraus. Er lenkte hinter der Kirche auf den Parkplatz, der von einem Eisenzaun umgeben war. Ein Polizeiwagen hielt an, wartete, bis Wheeler ausgestiegen war, und rollte dann weiter.
    Das Pfarrhaus war ein zweistöckiger, flacher Ziegelbau. Eine Lampe brannte an der Rückfront über einer regennassen Tür. Während er darauf zuging, schwang die Tür auf, und Jack Peoples eilte heraus, dick vermummt gegen den Regen.
    Peoples schien sich überhaupt nicht verändert zu haben. Er hatte seit Wheelers letztem Besuch einige Pfunde zugenommen und war nun leicht übergewichtig. Aber sein Haar war noch immer schwarz, und er war immer noch begeisterungsfähig, wenn es sich um das richtige Anliegen handelte. (Davon hatte es in den vergangenen Jahren nur wenige gegeben, wenn man den ständigen Rückzug der Kirche seit dem zwanzigsten Jahrhundert betrachtete.)
    Wäre Peoples nicht in eine traditionell katholische Familie hineingeboren worden, die von alters her die meisten ihrer Söhne Priester werden ließ (wenngleich aus seiner Generation nur Jack dem Ruf gefolgt war), hätte er vielleicht ein einigermaßen erfolgreicher Buchhalter oder Computertechniker werden können. Er besaß diesbezüglich ein gewisses Talent. »Hallo, Pete«, sagte er und nahm Wheelers Koffer. »Schön, dich wieder einmal hierzuhaben.« Er schaute zum Glockenturm. »Wir haben wohl eine schlimme Nacht vor uns.«
    Peoples wirkte müde. Tatsächlich sah er in letzter Zeit immer müde aus. Jack war einer jener jungen Priester gewesen, die auf den Propagandawagen des Vatikans aufgesprungen waren und sich verausgabt hatten in dem Bemühen, sexbesessenen Jugendlichen eine Zuflucht zu bieten und für ihre Eltern Gitarrenmessen abzuhalten. Er war einer der ersten gewesen, der die Kniebänke abgeschafft hatte, aber die Gefolgschaft Gottes hatte sich trotz solcher Maßnahmen nie so richtig eingefunden. Am Ende waren die Gläubigen wieder zurückgekehrt in ihre hermetisch abgeschlossenen Leben, zerbrachen sich die Köpfe über Hypotheken und Karrierestreben und hatten Jack Peoples und andere wie ihn in ihren leeren Kirchen zurückgelassen.
    Wheeler hatte ihn vor zwanzig Jahren bei einem Predigtseminar kennengelernt, und beide hatten sich seitdem regelmäßig gegenseitig besucht. Der alte Priester war ein nie versiegender Quell christlicher Weisheiten und geistlichen Klatsches, ausgestattet mit einem trockenen Humor, der ihm Schwierigkeiten mit dem Kardinal eingebracht hätte, wären diesem einige der Geschichten, die er auf Lager hatte, zu Ohren gekommen.
    Wheelers Besuch hatte einen formellen Grund: Peoples hatte den Titel des Monsignore erlangt und war an Sankt Katharinen Pastor geworden, und zwar genaugenommen am vorhergehenden Sonntag. Die Ernennung war schon lange überfällig gewesen; Jack war dort seit drei Jahren der einzige Priester. Wheeler beglückwünschte ihn herzlich, obwohl er wußte, daß der alte Rebell seinen Statuswechsel als unbedeutend abtun würde. Nichtsdestotrotz bemerkte er Jacks Befriedigung über den Lauf der Dinge.
    Peoples geleitete Wheeler hinauf in sein Zimmer (das stets für ihn bereitstand, wenn er Sankt Katharinen besuchte) und ließ ihn dann allein. Nach einer ausgiebigen Dusche begab sich Wheeler schließlich in das Büro des Pastors.
    Peoples legte ein Buch beiseite und holte eine Flasche Apfelschnaps hervor. »Wie läuft das Programm in Georgetown?« fragte er.
    »Ich habe Pause«, sagte Wheeler. »Ich weiß nicht, ob ich es dir erzählt habe oder nicht, aber der Kursus bietet einen Überblick über Rimfords Arbeiten. Und Rimford ist soeben in der Stadt eingetroffen. Vielleicht kann ich ihn dazu bewegen, einen Abend zur Schule rauszukommen.«
    Sie verbrachten den größten Teil des Abends mit einer anregenden Diskussion über Kirchenpolitik. Peoples, der die Norbertiner schon recht früh verlassen hatte, um Diözesangeistlicher zu werden, maß dem kirchlichen Entscheidungsprozeß erhebliche Bedeutung zu, als hätte er wesentliche Auswirkungen auf die Weltpolitik. Für Wheeler, dessen Perspektive sich durch seine Besuche in den Weiten des Kosmos etwas verändert hatte, war die Machtstruktur der Kirche eher von geisterhafter Natur.
    Plötzlich, etwa gegen zwei Uhr nachts, als eine zweite Flasche leer auf dem Beistelltisch stand,

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