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Erzaehlungen

Erzaehlungen

Titel: Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Bernhard
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Unterhaltung hineingekommen über unseren Lebensgegenstand oder besser, Existenzgegenstand, geehrter Herr, die wegen ihres ganz eng mit der offensichtlich sich verschlimmernden Krankheit meines Bruders und mit der durch die Verschlimmerung der Krankheit meines Bruders hervorgerufenen Veränderung auch meiner Person zusammenhängenden bruchstückehaften Charakters, die wohl einer Analyse einer ganz andern als der meinigen Person bedarf, auch Ihr Interesse beanspruchen wird, waren Sie doch zeitlebens und nicht nur in Ihrer Eigenschaft als Agent, wie kein anderer Mensch mit meinem Bruder in Kontakt. Wir unterhielten uns, schon weit außerhalb Gomagoi plötzlich auf die folgende Weise: wenn du dein Kunststück gemacht hast, sagte ich zu meinem Bruder, der, wie Sie wissen, zeitlebens nichts anderes als Kunststücke gemacht hat, habe ich immer denken müssen, daß dein Kunststück ein lebensgefährliches Kunststück ist, umgekehrt hast du, wenn ich meine Arbeit (über die Luftschichten) gemacht habe, denken müssen, meine Arbeit sei lebensgefährlich. So hatten wir beide uns zeitlebens, während du deine Kunststücke gemacht hast und während ich meine Arbeit (über die Luftschichten) gemacht habe, ständig in Lebensgefahr befunden, sagte ich. Wir fragen uns aber nicht, sagte er, wie wir zu unseren Kunststücken, wie wir zu unserer Arbeit (über die Luftschichten) gekommen sind und wie ich zu meinenKunststücken (die auf dem Boden und die auf dem Seil) und wie du zu deiner Arbeit (über die Luftschichten) usf. Und wie wir unsere Kunststücke und wie wir unsere Arbeit vervollkommnet haben usf., sagte er. Zuerst habe er geglaubt, sein Kunststück werde ihm nicht gelingen, überhaupt kein Kunststück, aber dann ist ihm das Kunststück gelungen, wie ich geglaubt habe, meine Arbeit (über die Luftschichten) werde mir nicht gelingen und die mir dann doch gelungen ist. Immer: ein anderes, ein komplizierteres Kunststück! habe er denken müssen und es ist ihm auch immer ein anderes, ein komplizierteres Kunststück gelungen, wie mir immer wieder eine andere (und doch die gleiche) und immer kompliziertere und immer wieder eine noch viel kompliziertere Arbeit (und doch immer wieder die gleiche über die Luftschichten) gelungen ist. Zuerst das erste Kunststück, dann das zweite Kunststück, dann das dritte, das vierte, das fünfte usf. Verdoppelung der Anstrengung auf das Kunststück habe ich immer wieder gedacht, sagte er, Verdoppelung der Anstrengung auf die Arbeit (über die Luftschichten) habe ich mir immer wieder gesagt, dachte ich. Wir überquerten jetzt den Trafoier Bach. Ich habe ganz einfach die Anstrengung verdoppelt und das Kunststück ist mir gelungen, sagte er. Schließlich das komplizierteste Kunststück. Du hast gesehen, wie meine Kunststücke immer komplizierter geworden sind, aber du hast mir das nicht gesagt, ihn nicht darauf aufmerksam machen, hast du gedacht, ihm meine Beobachtung vorenthalten, nichts verraten, wie ich dir nicht gesagt habe, daß ich beobachte, wie sich deine Arbeit über die Luftschichten kompliziert, und immer mit noch größerem Interesse, mit allergrößter Aufmerksamkeit, größter Angst usf., sagte er. Zuerst habe ich mir gedacht: ein Kunststück! und dann: ein komplizierteres Kunststück! und dann: ein noch komplizierteres Kunststück! und dann: jetzt das komplizierteste Kunststück! Vom Kopf aus, sagte er. Deine Arbeit, sagte er, hat sich mehr und mehr kompliziert, die Tausende, die Hunderttausendevon Ziffern und Zahlen, sagte er, dadurch habe ich immer kompliziertere Kunststücke gemacht. Der Zusammenhang zwischen meiner Arbeit (über die Luftschichten) und seinen Kunststücken sei der größte. Das zu analysieren, sagte er, sei eines Tages eine Notwendigkeit und gerade die Zeit in der Sennhütte dafür die nützlichste. Wie wir ja in der Sennhütte nicht nur in Meditation und in nichts als immer nur in Meditation aufgehen könnten, sagte er, er wünsche doch sehr, daß wir in der Sennhütte verschiedene uns wichtig erscheinende Punkte unseres Denkens auf dem Papier konkretisierten. Wenn wir auch beschlossen haben, die Sennhütte auf dem Scheibenboden nicht für Schreibarbeit zu mißbrauchen, sagte er, ich habe doch Schreibpapier mitgenommen, selbstverständlich, sagte er. Durch das Studium, durch die ununterbrochene Beobachtung deiner Arbeit über die Luftschichten, sagte er, erreichte ich nach und nach und vor allem in meiner Zürcher Zeit, sagte er, gleichzeitig mit dir in dem Ausmaße,

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