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Erzaehlungen

Erzaehlungen

Titel: Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Bernhard
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Aber ich habe gedacht, ich fahre nicht nach Hall, nicht nach Hall, nicht nach Hall, habe ich gedacht. Immer wieder: nicht nach Hall . Und plötzlich: jetzt vor Gericht!, jetzt einen Anwalt aufsuchen und vor Gericht! und er sei aus dem Haus gegangen und die ganze Saggengasse bis zum Ende und in ein Gasthaus in der Gänsbacherstraße und sei mehrere Male an die Sill und wieder zurück und an den Inn und wieder zurück und habe schließlich in dem Gasthaus in der Gänsbacherstraße übernachtet. Zweimal sei er schon hier in der Herrengasse gewesen und habe auf mich gewartet. Zu diesem Anwalt , habe er sich gedacht, er weiß nicht, warum, aber immer wieder, zu diesem Anwalt , immer wieder: zum Enderer . Die ganzen Tage habe ich die ganzen Papiere an meinem Körper, sagt Humer, schreibt Enderer, immer unter dem Wetterfleck versteckt, diese Indizien, sagt er und dann: wenn diese Papiere nicht ausreichen! darauf ich, schreibt Enderer: natürlich, aus den Papieren geht ja alles ganz einwandfrei hervor. Einen Prozeß machen, einen Prozeß machen , habe er sich immer wieder gesagt, meinem Sohn und meiner Schwiegertochter einen Prozeß machen. Plötzlich stand er auf und ging weg, schreibt Enderer. Herr Humer! hatte ich ihm nachgerufen, weil ich vergessen hatte, ihn die Generalvollmacht unterschreiben zu lassen, Herr Humer!, aber da war er schon weg, unten. Er wird wiederkommen, dachte ich und ich ging an die Erledigung meiner wochenlang so vernachlässigten Arbeit. Währenddessen aber dachte ich doch nur an Humer. Mehrere Verbrechen und Vergehen, dachte ich, wie sie unter den Einzelhändlern an der Tagesordnung sind einerseits, gegen Humer andererseitsund mehr und mehr ärgerte mich, daß ich Humer dann doch nicht nach der Herkunft seines Wetterflecks gefragt habe. Darauf hatte ich dann doch, obwohl ich es mir fest vorgenommen gehabt habe, vergessen. Das Schneidersiegel ist der Beweis, dachte ich. Was hatte Humer gesagt? Lange Zeit bin ich vor Ihrer Tür gestanden und habe auf Sie gewartet, sagt Humer, schreibt Enderer, das habe ich noch im Ohr, Enderer, läuten oder nicht läuten , hat er gedacht, ich läute nicht einmal, dann wieder, ich läute und immer wieder nur zum Enderer und ist es vernünftig? oder ist es nicht vernünftig? , bis ich dann doch geläutet habe ... da habe ich mit Ihnen in die Kanzlei heraufgehen müssen , wie Sie aufeinmal vor mir gestanden sind ... einen Prozeß machen gegen meinen Sohn! hat Humer gesagt, schreibt Enderer. Zuerst macht man Andeutungen, dann das Ganze, denke ich, schreibt Enderer, es ist immer das gleiche, die Wahrheit wird gesagt und doch nicht die Wahrheit ... ich hätte nicht zu Ihnen heraufkommen sollen, sagt Humer mehrere Male, erinnere ich mich, schreibt Enderer, nicht in diesem Zustand und er sagt: nicht an die Öffentlichkeit! denn nichts sei fürchterlicher, als, gleich mit was, an die Öffentlichkeit zu gehen, das fühle er, Humer, aber er ziehe nichts zurück, er betreibe jetzt nurmehr noch alles, halte nichts mehr auf, halte sich vor nichts mehr zurück, schrecke vor nichts mehr zurück ... Ich hätte Sie nicht belästigen sollen , einerseits, und ich bin an die Öffentlichkeit gegangen andererseits ... wie sollten Sie einem alten Mann in seiner Verzweiflung auch helfen können, dann wieder: was mich betrifft, ist es vielleicht doch das Unbedeutendste einerseits, es bringt mich um, andererseits, schreibt Enderer über Humer. Es sei alles falsch, was die Menschen angehen und was sie dann machen und entwickeln wollen und wenn man es gründlich bedenkt, ist das ganze Leben falsch ... fassen Sie das ganze als Episode auf, hat Humer auch gesagt, schreibt Enderer, als eine Sie überhaupt nichts angehende Episode ... zwanzig Jahre sind wir aneinander vorbeigegangenund haben uns nicht kennengelernt und jetzt haben wir uns kennengelernt ... ich will aber nichts rückgängig machen , mehrere Male, mehrere Male ganz entschieden: ich will aber nichts rückgängig machen ... wie er gesagt hatte: das ist das Füchterlichste, an die Öffentlichkeit gehen , gleich wieder: ich will aber nichts rückgängig machen! schreibt Enderer und macht uns auf eine Meldung in den »Tiroler Nachrichten« vom vergangenen Dienstag aufmerksam, in welcher steht, der Geschäftsmann H. habe sich vergangenen Freitag in der Saggengasse aus dem dritten Stock gestürzt. Sofort denke ich, das ist Humer, schreibt Enderer und ich bin der Sache nachgegangen und tatsächlich hat sich Humer am Freitag vergangener Woche

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