Erzählungen
Bundesregierung ein Decret erlassen, alle spanischen Fahrzeuge strengstens zu überwachen und zu beobachten, so daß uns statt des erhofften Geldes vielleicht eine Ladung Eisen und Blei bescheert wird.
Dann und wann unterhielt er sich mit dem Aspiranten. (S. 410.)
– Darüber beruhige Dich, José! antwortete Martinez, wir werden uns schon von fern her zu erkennen geben.
– Und auf welche Weise?
– Wir hissen an der Gaffel die Flagge Mexicos.«
Bei diesen Worten entrollte der Lieutenant vor den Augen der Empörer in grün-weiß-rothes Flaggentuch.
Bald unterlag er, schwer verwundet. (S. 412.)
Tiefe Stille entstand angesichts dieses äußeren Zeichens der Unabhängigkeit Mexicos.
»Nun, sehnt Ihr Euch etwa schon wieder nach den Farben Spaniens? auf der Lieutenant im Tone des Spottes. Wohlan, wer diese Sehnsucht hört, der trenne sich von uns und fahre mit gutem Winde unter dem Comando des Kapitäns Don Orteva oder Don Roque’s. Wir, die wir entschlossen sind, den Gehorsam zu kündigen, werden schon unser Ziel erreichen.
– Ja wohl! Gewiß! rief die ganze Versammlung.
– Kameraden! fügte Martinez noch hinzu, unsere Officiere beabsichtigen mit Hilfe der Passatwinde nach den Sunda-Inseln zu steuern; wir werden ihnen aber zeigen, daß man auch ohne sie gegen die Moussons des Stillen Oceans laviren kann!«
Die Theilnehmer dieser geheimen Zusammenkunft gingen aus einander und kamen von verschiedenen Seiten her wieder nach ihren zugehörigen Schiffen.
Am folgenden Tage lichteten die Asia und die Constanzia mit Tagesanbruch die Anker und mit vollen Segeln fuhren die Brigg und das Linienschiff nach Südwesten, in der Richtung nach Neuholland, ab. Lieutenant Martinez verrichtete wieder seinen Dienst, wurde aber auf Anordnung des Kapitäns Orteva aufmerksam beobachtet.
Inzwischen bedrängten Don Orteva manchmal düstere Vorgefühle. Er betrübte sich über den drohenden Verfall der spanischen Kriegsmarine, welche die Insubordination ihrem Untergang entgegen führte. Dazu vermochte sich sein Patriotismus nicht an die Schläge des Unglücks zu gewöhnen, welche sein Vaterland jetzt nach einander trafen und denen der Abfall Mexicos die Krone aufsetzte. Dann und wann unterhielt er sich mit dem Aspiranten Pablo von diesen ernsten Fragen, vorzüglich aber von der früheren Suprematie der spanischen Flotte in allen Meeren.
»Mein Sohn, begann er eines Tages, aus unseren Seeleuten ist der Geist der Disciplin gewichen. Vorzüglich auf meinem Schiffe zeigen sich Symptome einer drohenden Empörung, und es kann wohl sein, – ich ahne wenigstens so etwas, – daß ich durch eine elende Verrätherei um’s Leben komme! Doch Du wirst mich rächen, nicht wahr, um gleichzeitig Spanien zu rächen, das man in mir zu treffen sucht.
– Ich schwöre es, Kapitän! erwiderte Pablo.
– Mache Dir auf der Brigg Niemand vorzeitig zum Feind, aber erinnere Dich seiner Zeit, mein Sohn, daß man in dieser unseligen Zeit seinem Vaterlande am besten dadurch dient, die Elenden, welche es verrathen wollen, erst zu beobachten und nur zur rechten Zeit zu züchtigen.
– Ich verspreche Ihnen, mein Leben daran zu setzen, erwiderte der junge Mann, ja, gern in den Tod zu gehen, wenn es sein muß, um die Verräther zu strafen.«
Seit drei Tagen hatten die Schiffe den Mariannen-Archipel verlassen. Bei einer günstigen Brise flog die Constanzia über das weite Meer. Die graziöse, schlanke und schnelle Brigg hüpfte über die Wellen, deren Schaum ihre acht Sechspfünder bespritzte.
»Zwölf Knoten, Lieutenant, sagte eines Abends der Aspirant Pablo zu Martinez. Wenn wir ebenso, den Wind im Rücken, weiter segeln, wird die Ueberfahrt nicht lange dauern.
– Gott gebe es! – Wir haben genug ausgestanden, so daß unsere Leiden wohl zu Ende sein könnten.«
Der Mastwart José befand sich in diesem Augenblick gerade in der Nähe des Halbdecks und hörte die letzten Worte des Lieutenants.
»Wir müssen bald in Sicht eines Landes kommen, setzte da Martinez mit lauterer Stimme hinzu.
– Ja wohl, nach der Insel Mindanao, erwiderte der Aspirant. Wir segeln jetzt unter den 140. Grade östlicher Länge bei 8 Grad nördlicher Breite, und wenn ich nicht irre, liegt die Insel…
– Unter 140 Grad 39 Minuten der Länge und 7 Grad der Breite«, fiel ihm Martinez in’s Wort.
José hob den Kopf ein wenig empor und begab sich nach einem unverständlichen Zeichen nach dem Vordercastell.
»Sie haben die Mitternachtswache, Pablo? fragte
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