Erzählungen
allein herrschende Wind, tüchtig in die halbgerefften Segel blies. Die Einwohner Acaputeos waren ihrer Sache aber doch zu unsicher und bereiteten sich schon vor, eine etwaige Landung von Fremden abzuwehren, als das so gefürchtete Fahrzeug an seiner Gaffel die Fahne der mexicanischen Unabhängigkeit entrollte.
Auf halbe Kanonenschußweite vom Hafen warf die Constanzia, deren Namen man am Heck schon deutlich lesen konnte, plötzlich Anker. Die Segel wurden an den Raaen befestigt und ein Boot herabgelassen, welches bald im Hafen landete.
Sofort nach seiner Ausschiffung begab sich der Lieutenant Martinez zu dem Gouverneur, um ihn von dem Zwecke seiner Hierherkunft zu unterrichten. Dieser billigte vollständig den Beschluß des Lieutenants, selbst nach Mexico zu gehen, um daselbst den betreffenden Kaufvertrag mit dem General Guadalupo Vittoria, dem Präsidenten der Conföderation, zu ratificiren. Kaum verbreitete sich diese Neuigkeit in der Stadt, als man auch seiner Freude den unverhohlensten Ausdruck gab. Die ganze Bevölkerung lief zusammen, das erste Schiff der mexicanischen Kriegsmarine anzustaunen, und sah in dessen Besitze und diesem deutlichen Beweise des unter den Spaniern herrschenden Mangels an Disciplin eine neue Versicherung, sich jedem erneuten Versuche seiner früheren Herren noch entschiedener und erfolgreicher widersetzen zu können.
Martinez kehrte nach seinem Schiffe zurück. Einige Stunden später lag die Brigg Constanzia im inneren Hafen und wurde ihre Besatzung bei den freudig erregten Bewohnern von Acapulco einquartiert.
Als aber Martinez seine Leute zum Appell versammelte, waren Paplo und Jacopo spurlos verschwunden. – –
Von allen Ländern der Erde unterscheidet sich Mexico durch die Höhe und Ausdehnung des Plateaus, welches seine Mitte einnimmt. Die Kette der Cordilleren durchzieht unter dem allgemeinen Namen der Anden ganz Mittelamerika, durchfurcht Guatemala und theilt sich bei ihrem Eintritte in Mexico in zwei Arme, welche parallel den Küsten des Gebietes verlaufen. Diese beiden Arme bilden eigentlich nur die Abhänge des ungeheuren Plateaus von Anahuac, welches sich bis auf 2500 Meter über die benachbarten Meere erhebt. Diese Reihe von Stufenebenen, die weit ausgedehnter, aber ebenso einförmig sind als jene von Peru und Neu-Granada, nimmt etwa drei Fünftel des Landes ein. Mit ihrem Eintritte in das alte Territorium Mexicos nehmen die Cordilleren den Namen »Sierra Madre« an, und nach ihrer Theilung in drei Zweige, etwa in der Höhe der Städte San Miguel und Guanaxato, verbreiten und verlieren sie sich bis zum 57. Grade nördlicher Breite.
Zwischen dem Hafen Acapulco und der Stadt Mexico, einer Strecke von achtzig Lieues, gestaltet sich das Terrain weniger zerissen und treten die Bergabhänge weniger steil auf, als zwischen Mexico und Vera-Cruz. Nach Ueberschreitung der Granitgebirge in den dem Großen Ocean benachbarten Zügen, in welche auch der Hafen von Acapulco eingeschnitten ist, begegnet der Reisende nur noch jenen Porphyrfelsen, denen die Industrie den Gips, den Basalt, Urkalk, das Zinn, Kupfer, Eisen, Silber und Gold entnimmt.
»Beeilen wir uns!« mahnte Martinez. (S. 418.)
Gerade die Straße von Acapulco nach Mexico aber bietet herrliche Aussichtspunkte, ganz eigenthümliche Erscheinungen in der Pflanzenwelt, welche zwei neben einander, einige Tage nach dem Eintreffen der Brigg Constanzia dahin trabende Reiter manchmal beachteten, und manchmal ganz vernachlässigten.
Das waren Martinez und José. Der Letztere kannte den Weg vollkommen. Wie oft hatte er nicht die Berge von Anahuac durchzogen! Eben deshalb lehnten sie auch das Anerbieten, einen indianischen Führer mit zu nehmen, ab, versorgten sich nur mit ausgezeichneten Pferden und ritten nun in schnellstem Schritte nach der Hauptstadt Mexicos.
Nach einem zweistündigen scharfen Trabe, der sie am Sprechen hinderte, machten sie Halt.
»Schritt reiten, Lieutenant! rief José erschöpft. Santa-Maria! Da würde ich es doch vorziehen, bei einem steifen Nordwest zwei Stunden lang auf dem großen Topmaste zu reiten.
– Beeilen wir uns! entgegnete Martinez. – Du kennst doch die Straße gut, José, nicht wahr, ganz genau?.
– So gut wie Sie die Straße von Cadix nach Vera-Cruz, und hier haben wir weder die Stürme des Golfs, noch die Sandbänke von Taspan oder Santander zu fürchten, die uns aufhalten könnten!… Aber Schritt!
– Nein, lieber schneller, erwiderte Martinez, indem er seinem Rosse die
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