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Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Titel: Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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Am Abend sendete er den alten Theudemir mit einem Trompeter ab, um eine Unterredung mit dem arabischen Heerführer zu verlangen, der die Botschaft in seinem Zelle, von seinen Häuptlingen umgeben, empfing. Theudemir war geradezu und kurz in seiner Sprache; denn er hatte den größten Theil seines Lebens fern von den Höfen hingebracht. Er entledigte sich in unumwundenen Worten des Auftrags, den ihm der Prinz Ataulph gegeben, warf dem arabischen Heerführer seinen zügellosen Einfall in das Land vor, und forderte ihn auf, sein Heer gefangen zu geben, oder keiner Gnade gewärtig zu sein.
    Tarek el Tuerto’s einziges Auge glühte wie eine Feuerkohle bei dieser Botschaft.
    »Sagt Euerm Befehlshaber,« versetzte er, »ich sei über die Meerenge gekommen, um Spanien zu erobern, und ich würde nicht eher zurückkehren, als bis ich meinen Zweck erreicht. Sagt ihm, ich hätte kriegserfahrne, eisenbewaffnete Männer um mich, mit deren Hülfe ich hoffen könnte, mit seinem zusammengelaufenen Heere bald fertig zu werden.«
    Ein Murmeln des Beifalls lief durch die Versammlung der moslemitischen Häuptlinge. Theudemir warf ihm einen trotzigen Blick zu; aber sein Auge ruhete auf einem abtrünnigen Christen, einem seiner alten Kriegsgefährten und einem Verwandten des Grafen Julian.
    »Was Euch betrifft, Don Graubart,« sagte er, »der Ihr in Euerm späten Alter zum Abtrünnigen werdet, so erkläre ich Euch hier für einen Verräther an Eurem Gotte, Euerm Könige und Euerm Vaterland; und ich bin bereit, es in diesem Augenblick an Euerm Körper zu beweisen, wenn mir freier Raum dazu gestattet wird.«
    Der verrätherische Ritter schäumte vor Wuth, als er diese Worte hörte; denn die Wahrheit bohrte sie ihm stachelnd in das Herz. Er würde der Herausforderung augenblicklich entsprochen haben, wenn Tarek es nicht verboten und befohlen hätte, den Christen aus dem Lager zu geleiten.
    »Mag es sein,« versetzte Theudemir; »Gott wird mir die Gelegenheit bieten, welche Ihr mir abschlagt. Jener grauköpfige Verräther mag morgen in dem Kampfe auf seiner Hut sein; denn ich schwöre, ich werde meinen Speer gegen niemand Anderen wenden, ehe sein Blut den heimischen Boden tränkt, welchen er verrathen hat.«
    Mit diesen Worten verließ er das Lager, und die moslemitischen Häuptlinge konnten sich nicht enthalten, den biedern Unwillen dieses patriotischen Ritters zu bewundern, während sie insgeheim seinen abtrünnigen Gegner verachteten.
    Die alten maurischen Chronikenschreiber erzählen viele schreckliche Vorzeichen und seltsame, geheimnißvolle Gesichte, welche sich in dieser bangen Nacht den Anführern der beiden Heere zeigten. Gewiß war es eine Nacht furchtbarer Aengstlichkeit, und Moslemen und Christen blickten ungewiß auf das Schicksal des kommenden Tages. Die spanischen Wachen schritten nachdenkend auf und nieder und lauschten gelegentlich auf die unbestimmten Töne auf dem entfernten Felsen von Calpe, auf denselben schauend, wie der Seemann auf die schrecken-und verderbenschwangere Gewitterwolke schaut. Auch die Araber sahen von ihren hohen Klippen die zahlreichen Lagerfeuer der Christen allmählich aufflammen und überzeugten sich, daß ein mächtiges Heer sich ihnen gegenüber stelle; zu gleicher Zeit hörten sie mit dem Nachtwind das wilde Rauschen des Meeres, welches sie von Afrika trennte. Als sie ihre gefährliche Lage erwogen – auf der einen Seite ein Heer und eine ganze Nation, dasselbe zu verstärken, und auf der andern eine nicht zu überschreitende See: sank vielen Kriegern der Muth, und sie bereuten den Tag, an welchem sie sich in dieses feindliche Land gewagt hatten.
    Tarek bemerkte ihre Niedergeschlagenheit wohl, aber er sagte nichts. Kaum zitterte aber der erste Streifen des Morgenlichts über das Meer, so forderte er seine Kriegsobristen zu sich in das Zelt.
    »Seid guten Muthes,« sagte er; »Allah ist mit uns und hat seinen Propheten gesendet, um uns seiner Hülfe zu versichern. Ich hatte mich in der vergangenen Nacht kaum in mein Bett begeben, als ein Mann von majestätischem und ehrwürdigem Ansehen vor mir stand. Er war um eine Handbreit größer, als der gewöhnliche Menschenstamm; sein fliegender Bart war von Goldfarbe, und seine Augen so glänzend, daß sie feurige Blitze zu versenden schienen. Ich habe den Emir Bachamet und andere alte Männer den Propheten beschreiben hören, den sie, während er auf Erden wandelte, oft gesehen hatten, und der Art waren seine Gestalt und seine Züge.«
    »Fürchte nichts,

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