Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
pechschwarzer Farbe, so daß es in der Nacht nicht leicht zu erkennen war. Er umgürtete sich mit einem Säbel und einem Dolch, schlang einen arabischen Bogen und einen Köcher mit Pfeilen um und warf einen Schild über seine Schulter. Das Lager verlassend, suchte er die Ufer des Guadalate und eilte in tiefem Schweigen den Fluß entlang, welcher die fernen Feuer des christlichen Lagers wiederspiegelte. Als er an dem Platze vorbeikam, welcher die Scene des letzten Scharmützels gewesen, hörte er von Zeit zu Zeit das Stöhnen sterbender Krieger, welche in das Röhrigt an dem Ufer des Flusses gekrochen waren, und zuweilen schritt sein gutes Roß vorsichtig über die verstümmelten Leichen der Erschlagenen.
Der junge Page war nicht an den Anblick solcher Blutscenen gewöhnt, und sein Herz klopfte stürmisch in seiner Brust. Als er sich dem christlichen Lager näherte, riefen ihn die Wachen an; er antwortete der Anleitung des Grafen Julian gemäß, und wurde in das Zelt des Bischofs Oppas geführt.
Der Bischof hatte sich noch nicht zur Ruhe begeben. Als er des Grafen Julian Ring erkannte und die Worte hörte, welche der Page ausrichten sollte, überzeugte er sich, daß er vollkommenes Vertrauen in den Jüngling setzen könne.
»Eile zurück zu deinem Gebieter,« sagte er, »und laß ihn wissen, er möge mir vertrauen, und Alles werde gut gehen. Bis jetzt habe ich meine Schaaren dem Kampfe fern zu halten gewußt. Sie sind alle frisch, gut bewaffnet und in dem besten Stande. Der König hat mir, unterstützt von den Prinzen Evan und Siseburt, den Befehl über einen Flügel des Heeres anvertraut. Morgen in der Mittagsstunde, wenn beide Heere in der Hitze des Kampfes begriffen sind, werden wir mit unsern Mannen zu den Moslemen übergehen. Ich begehre jedoch, daß ein Vertrag mit Tarek Ben Zejad abgeschlossen werde, demzufolge mein Neffe als Herr über Spanien eingesetzt und nur dem Kalifen von Damaskus tributpflichtig werde.«
Mit dieser verrätherischen Botschaft entfernte sich der Page. Er führte sein schwarzes Roß an dem Zügel, um der Beachtung weniger ausgesetzt zu sein, als er an den verlöschenden Feuern des Lagers vorbeikam. Als er die letzten Außenposten erreichte, wo die Wachen schlaftrunken auf ihren Waffen ruhten, hörte man seinen Tritt und rief ihn an; allein er sprang leicht in seinen Sattel und gab seinem raschen Thiere die Sporen. Ein Pfeil schwirrte an seinem Ohre vorbei, und zwei andere drangen in den Schild, welchen er auf seinen Rücken geworfen hatte. Das Klappern leichter Hufe tönte hinter ihm; aber er hatte von den Arabern fechten und fliehen gelernt. Er riß einen Pfeil aus seinem Köcher, wandte sich um, erhob sich, während sein Renner in gestrecktem Galopp dahin flog, aus den Bügeln, legte den Pfeil auf und schnellte ihn gegen seinen Verfolger ab. Dem scharfen Zischen der Bogensehne folgte unmittelbar das Klirren einer Rüstung und ein tiefes Stöhnen, als der Reiter vom Pferd stürzte.
Der Page setzte seinen raschen Ritt ohne fernere Belästigung fort und erreichte vor dem Anbruche des Tages das Lager der Moslemen.
Siebenzehntes Kapitel.
Der letzte Tag des Kampfes.
Die ganze Nacht hindurch hatte eine Kerze in dem Zelte des Königs gebrannt, und unruhige Gedanken und Unglück verkündende Gesichte hatten seine Ruhe gestört. Wenn er in Schlummer versank, sah er in seinen Träumen die Schattenbilder, welche sich ihm in dem Zauberthurme gezeigt, oder die entehrte Florinda, blaß, die Haare wild gelös’t, die Rache des Himmels auf sein Haupt herabbeschwörend. Um Mitternacht, als ringsum nichts zu hören war, die Tritte der Wache ausgenommen, welche vor seinem Zelte auf und nieder ging, stand der König von seinem Lager auf, ging hinaus und schaute gedankenvoll auf das kriegerische Schauspiel, das sich seinen Augen darbot.
Die blasse Sichel des Mondes hing über dem maurischen Lager und erhellte die Windungen des Guadalate schwach. Das Herz des Königs war schwer und niedergedrückt; aber er fühlte nur für sich, sagt Antonio Agapita; er gedachte der Gefahren nicht, mit welcher Tausende ihm angeborne Unterthanen in dem Lager vor ihm, welche, so zu sagen, an dem Rande ihres Grabes schlummerten, bedroht waren. Das schwache Dröhnen ferner Hufe, die in rascher Flucht begriffen schienen, erreichten das Ohr des Monarchen, aber die Reiter waren nicht zu ersehen. In eben dieser Stunde kam die nachtumhangenen Ufer des Flusses entlang, auf welchem dann und wann die spärlichen Strahlen des
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