Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
Mondlichts erglänzten, der flüchtige Bote des Grafen Julian mit dem Plane des Verrathes für den nächsten Tag.
Das Morgenlicht dämmerte noch nicht, als der schlaflose und ungeduldige König seine Mannen aufrief und sich zur Schlacht rüstete. Er schickte dann nach dem ehrwürdigen Bischof Urbino, welcher ihn in das Lager begleitet hatte, legte seine königliche Krone zur Seite und kniete entblös’ten Hauptes nieder und beichtete seine Sünden vor dem frommen Manne. Darauf wurde in dem Zelte des Königs eine feierliche Messe gelesen und dem König das Abendmahl gereicht. Als diese religiösen Handlungen vollbracht waren, ersuchte er den Erzbischof, sogleich nach Cordova abzureisen, dort den Ausgang der Schlacht zu erwarten und sich bereit zu halten, dem Heere neue Verstärkungen und Vorräthe von Lebensmitteln zuzuführen. Der Erzbischof ließ sein Maulthier satteln, und reiste ab, als eben die Morgenröthe im Osten schwach zu erglühen begann.
Bereits hallte das Lager von dem schmetternden Rufe der Trompeten, dem Klirren der Waffen und dem Stampfen und Wiehern der Rosse wieder. Als der Erzbischof durch das Lager kam, blickte er mit schmerzerfülltem Herzen auf diese zahllosen Haufen, von denen so viele bald nicht mehr athmen sollten. Die Krieger drängten sich heran, ihm die Hand zu küssen, und mancher Reitersmann, der, voller Jugend und Feuer jetzt, vor dem Abend noch kalt und erstarrt auf dem Schlachtfeld hingestreckt liegen sollte, empfing seinen Segen.
Als die Truppen in das Feld gerückt waren, schickte Don Roderich sich an, in der Pracht und dem Pompe auszuziehen, mit welchem die gothischen Könige in die Schlacht zu gehen pflegten. Er war in ein Gewand von Goldbrocat gekleidet; seine Sandalen waren mit Perlen und Diamanten geschmückt; er hielt ein Scepter in seiner Hand und trug eine Königskrone, mit unschätzbaren Juwelen geziert, auf dem Haupte. In diesem kostbaren Schmuck bestieg er einen hohen Wagen von Elfenbein, dessen Achse von Silber und dessen Räder und Deichsel mit polirten Goldplatten bedeckt waren. Ueber seinem Haupt war ein Thronhimmel von Goldstoff, mit Wappen-Emblemen geschmückt und mit Edelsteinen dicht besäet [Fußnote:
Entrand , Chron. an. Christi 714.
– Der Verf. ] . Dieser prächtige Wagen wurde von milchweißen Pferden gezogen, deren Decken von rothem, mit Perlen besetztem Sammt waren. Tausend junge Ritter umgaben den Wagen, alle vom edelsten Geblüte und voll hohen Muthes; alle von des Königs eigener Hand zu Rittern geschlagen und durch heilige Schwüre verpflichtet, ihn bis zu ihrem letzten Athemzuge zu vertheidigen.
Als Roderich, sagt ein arabischer Schriftsteller, in diesem glänzenden Pompe, von seinen Wachen in vergoldeten Rüstungen, und wehenden Helmbüschen, und Schärpen und Waffenröcken von tausend verschiedenen Farben umgeben, auszog, war es, als wenn die Sonne in dem schimmernden Wagen des Tages mitten aus den prächtigen Morgenwolken hervorträte.
Während der königliche Wagen vor den Reihen des Heeres dahinrollte, jubelten die Krieger vor Bewunderung. Don Roderich schwang seinen Scepter und redete sie von seinem hohen Wagen herab an, indem er sie an den Schrecken und die Verwüstung erinnerte, welche bereits von dem eindringenden Feinde über das Land verbreitet worden. Er forderte sie auf, die alte Tapferkeit ihres Stammes zu bewähren und das Blut ihrer Brüder zu rächen.
»Ein Tag ruhmwürdigen Kampfes,« sagte er, »und diese ungläubige Horde wird in das Meer getrieben oder unter euern Schwertern vernichtet werden. Kühn in die Schlacht hinein! Eure Familien sind hinter euch und flehen zu Gott, daß er euch den Sieg verleihe; die Feinde eures Vaterlandes sind vor euch; Gott, der über uns, segnet seine heilige Sache; und euer König führt euch in die Schlacht.«
Das Heer rief, wie aus einer Brust:
»Hin auf den Feind! Der Tod sei dessen Loos, der dem Angriffe ausweicht!«
Die aufgehende Sonne begann die schimmernden Wasser des Guadalate entlang zu glänzen, als das maurische Heer, Zug an Zug, bei dem Klange einer kriegerischen Musik stäubend eine sanfte Anhöhe niederbrauste. Ihre Turbane und Gewänder, eben so verschieden an Farben wie an Schnitt, gaben ihrem Heere ein prachtvolles, glänzendes Ansehen. Als sie einher zogen, erhob sich eine Staubwolke und verbarg sie theilweise dem Blicke; dennoch sah man Blitze des Stahls und Strahlen des polirten Goldes wie den Schimmer lebhaften Wetterleuchtens durchbrechen; während der Klang der
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