Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
mit den Trümmern jener glänzenden Schaaren bedeckt war, welche vor so kurzer Zeit noch wie ein prachtvoller Festprunk die Ufer des Flusses entlang gezogen waren. Da lagen Mauren und Christen, Rosse und Reiter, von klaffenden Wunden entstellt; und der Fluß, noch geröthet vom Blute, war mit den Leichen der Erschlagenen bedeckt. Der wilde Araber glich dem Wolfe, der durch die Hürde streift, welche er verheert hat. Wohin er schaute, schwelgte sein Auge in der Zerstörung des Landes, in den Trümmern des stolzen Spaniens. Da lag die Blüthe der jungen Ritterschaft, zerstümmelt und zermalmt, da die Kraft der Landbewohnerschaft in den Staub hingestreckt. Der gothische Edle lag vermischt mit seinen Vasallen; der Bauer mit dem Fürsten; jeder Rang und jede Würde waren in einem gemeinschaftlichen Blutbad vereinigt.
Nachdem Tarek das Schlachtfeld in Augenschein genommen hatte, ließ er die Waffen der Erschlagenen und die Beute des Lagers vor sich bringen. Es war ein unermeßlicher Schatz. Man sah hier schwere Ketten und seltenen Schmuck von Gold, Perlen und reichen Edelsteinen, prachtvolle seidene und Brocatgewänder, und viele andere Gegenstände des Prunks und des Luxus, in welchen sich die gothischen Edeln während der letzten Zeit ihrer Entartung gefallen hatten. Auch unermeßliche Summen Geldes wurden gefunden, welche Roderich zur Bestreitung der Ausgaben des Kriegs mitgebracht hatte.
Tarek befahl nun, die Leichen der moslemitischen Krieger zur Erde zu bestatten. Die der Christen wurden in großen Haufen auf einander gelegt, große Holzstöße errichtet, und sie darauf verbrannt. Die Flammen dieser Holzstöße stiegen hoch in die Luft und wurden während der Nacht in weiter Ferne gesehen; und als die Christen sie von den benachbarten Bergen sahen, zerschlugen sie sich die Brust und zerrauften sich das Haar und weinten über ihnen, wie über den Leichenfeuern ihres Vaterlandes.
Das Blutbad, welches dieser Kampf veranlaßte, steckte die Luft an und verpestete sie zwei ganze Monate lang, und mehr als vierzig Jahre hindurch sah man Gebeine auf dem Schlachtfelde aufgehäuft; ja, es waren Jahrhunderte dahin und entschwunden, da fanden die Landleute, wenn sie den Boden umgruben, noch Bruchstücke von gothischen Panzern und Helmen und maurische Säbel – die Ueberbleibsel jener schrecklichen Schlacht.
Drei Tage hindurch verfolgten die arabischen Reiter die flüchtigen Christen und jagten sie über die Gefilde ihres Vaterlandes, so daß nur ein kleiner Theil jenes mächtigen Heeres davon kam, um in der Heimath die Geschichte ihres Unglücks zu erzählen.
Tarek Ben Zejad sah seinen Sieg so lange für unvollständig an, als der gothische König am Leben war; er setzte daher öffentlich große Belohnungen für einen Jeglichen aus, welcher ihm Don Roderich todt oder lebendig ausliefern werde. Demzufolge stellte man nach allen Seiten die eifrigsten Nachforschungen an, – lange Zeit war aber Alles vergeblich. Endlich brachte ein Krieger dem arabischen Heerführer das Haupt eines christlichen Kämpen, dessen Bedeckung mit Federn und kostbaren Edelsteinen geschmückt war.
Tarek nahm dieses Haupt als das des unglücklichen Roderich an und sandte es, als eine Trophäe seines Sieges, dem Musa Ben Nosair, welcher es, in gleicher Weise, dem Kalifen von Damaskus übermachte. Die spanischen Geschichtschreiber haben jedoch stets in Abrede gestellt, daß es Don Roderich’s Haupt gewesen.
Ein geheimnißvoller Schleier hing stets und wird fortwährend über dem Schicksale des Königs Roderich an jenem düstern und schmerzreichen Tage Spaniens hangen. Es muß immerdar ein Gegenstand der Vermuthung und des Streites bleiben, ob er inmitten des Schlachtgetümmels geblieben ist und durch ein vaterländisches Grab seine Sünden und Verirrungen büßte, oder ob er am Leben blieb, um sie in einsamer Verbannung zu bereuen.
Der gelehrte Erzbischof Rodrigo, welcher die Begebenheiten dieser unglücklichen Schlacht berichtet hat, behauptet, Don Roderich sei unter dem rächerischen Schwerte des verrätherischen Julian gefallen und habe auf diese Weise mit seinem Blute sein Verbrechen gegen die arme Florinde gebüßt; allein in diesem seinem Berichte wird der Erzbischof von andern Chronikenschreibern nicht unterstützt. Man scheint allgemein zugestanden zu haben, Orelia, das Lieblingsroß des Don Roderich, sei in einem Moore an den Ufern des Guadalate gefunden worden, und die Sandalen, der Mantel und die königlichen Insignien Don Roderich’s
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