Es begann im Birkenhain (Heimatroman) (German Edition)
hinaus und lief die Treppe hinauf. Dort hörte man ihre Schritte verklingen. »Max, hat denn das jetzt wirklich sein müssen?« fragte Hanna Löwinger.
»Nun komm du mir fei bloß nit und erzähl mir, dass du ins Horn deiner Tochter bläst«, sagte Max barsch. »Die streckt die Füße unter meinen Tisch und hat das zu machen, was ich will. Der Jaus und sie. Also naa, Hanna, das kommt überhaupt nit infrage. Wenn ich das Bürschl noch einmal hier erwisch, dann schlag ich ihm das Kreuz ein, damit du es weißt.«
»Max!«, rief Hanna, »Max, mach dich doch nit unglücklich.«
»Bin ich vielleicht glücklich? «, fragte er sie. »Wohin ich schau, seh ich nur Elend und Jammer. Unser Lebtag haben wir gearbeitet, geschafft und geschunden. Und jetzt kommt einer daher und will alles kaputtmachen, wenn er nit schon alles kaputtgemacht hat.«
Hanna sah ein, dass alles Reden nichts half. Der Adlerwirt hatte seinen Sturkopf. Diesen würde ihm wohl auch keiner austreiben. Bis das einmal soweit sein sollte, musste sich die Welt noch lange drehen, und dann würde der Adlerwirt schon längst nicht mehr auf ihr sein.
Hanna seufzte tief und schwer auf.
»Max«, so nahm sie einen letzten Anlauf, »Max, denk doch einmal über alles nach. Ist es nit besser, Frieden zu machen. Es steht doch auch in der Bibel, dass ...«
»Hör mir mit der Bibel auf«, unterbrach der Wirt sie. »Mit deinem Gewäsch machst du nix mehr anders. Wir müssen uns nach dem richten, was ist.«
»Aber es ist halt nun einmal so, dass sie ihn gern hat.«
»Das treib ich ihr schon aus!«, stieß Max Löwinger hervor, »und wenn ich dazu den Ochsenziemer nehmen muss.«
»Max«, flüsterte Hanna entsetzt, »du wirst doch dein Madl nit schlagen wollen.«
»Wenn es sein muss, dann schon«, verkündigte er mit harter Stimme. »Ich lass mir doch nit von der auf dem Kopf herumtanzen. So geht's einfach nit weiter. Haben wir denn nit als Eltern noch ein Recht, bei der Zukunft unserer Kinder mitzureden?«
»Ich bin mir nimmer so sicher, ob wir das Recht noch wirklich haben«, sagte Hanna. »Es ist doch alles eine Fügung des Schicksals.«
»Wenn das alles eine Fügung sein soll, dann pfeif ich auf das Schicksal«, erklärte Löwinger.
»So und jetzt ist dieser Diskurs beendet, das sag ich dir. Um halb neun kommen die Kartler. Da will ich da herinnen endlich eine Ruhe haben, verstanden?«
Sie duckte sich. Ja, sie hatte sich eigentlich ihr Leben lang geduckt und sich immer ducken müssen. Es war ihr überhaupt nichts anderes übriggeblieben. Immer nur hatte sie Kummer und Leid erfahren und ertragen müssen, hatte sich nie gegen ihn durchsetzten können. Nutzlos war ihr Kampf gewesen und ebenso nutzlos erschien ihr bisweilen ihr ganzes Dasein. Sie verspürte den innigen Wunsch, einmal in ihrem Leben etwas wirklich Gutes und Nutzvolles zu tun. Aber was sie tun sollte, das wusste sie natürlich nicht. Dazu waren wohl auch ihre Möglichkeiten viel zu begrenzt.
Barbara war hinaufgegangen in die Kammer ihres Bruders. Schweigen lastete zwischen den Geschwistern.
»Jetzt hat er es erfahren, gell?«, fragte Anderl. »Ich hab ihn bis herauf plärren hören.«
Barbara sagte nichts.
»Nimm es nit so schwer, Barbara. Mit der Zeit gewöhnt man sich an alles. Das siehst du doch an mir.«
Sie wollte sich nicht an alles gewöhnen, wie er sagte. In ihr bäumte sich alles auf. Aber sie war nun in einen Zwiespalt der Gefühle getrieben worden. Letztlich ging es allein um den Anderl und um das, was einmal aus ihm werden sollte. Barbara fühlte, dass der Bruder heftig mit sich rang. Er kämpfte mit sich und sie konnte ihm bei diesem Kampf nicht helfen. Sie merkte, dass er litt. Aber sie konnte sein Leiden nit lindern.
»Barbara«, flüsterte er nun, »es tut mir ja alles so schrecklich leid.«
»O ja!«, schrie sie da in ihrer namenlosen Qual heraus. »Es tut euch allen alleweil leid, Ihr sagst mir das so schön. Aber glaubt ihr denn, dass mir damit geholfen ist? Ich will endlich einmal frei und glücklich sein. Kann mich denn keiner verstehen? Was kann ich dafür, dass alles so gekommen ist. Warum, um alles in der Welt, wird's denn auf meinem Buckl ausgetragen?«
Anderl Löwinger schwieg.
»Weißt du, Barbara«, sagte er schließlich, »ich will deinem Glück ja nit im Weg stehen. Es macht mich ganz traurig, wenn du unglücklich bist. Oft denk ich mir, dass es für mich das Beste wäre, wenn mich der Herrgott aus dieser Welt wegnehmen tät. Es gibt ja eh doch nix Schönes
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