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Es begann im Birkenhain (Heimatroman) (German Edition)

Es begann im Birkenhain (Heimatroman) (German Edition)

Titel: Es begann im Birkenhain (Heimatroman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Steingruber
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des Flures eine Tür öffnete, zuckte das Madl zusammen.
    Eine Frau um die Fünfzig war herausgetreten. Sie trug das graue Haar streng nach hinten gekämmt und zu einem Knoten gesteckt. Berta Löwinger war die Mutter des Wirts. »Wo kommst du denn her, Barbara?«, fragte Großmutter Berta. »Und überhaupt, wie schaust denn aus. Naa, naa. Ich sag's ja alleweil, bist schlimmer wie ein Bub. An dir ist weiß Gott einer verloren gegangen.«
    Barbara wollte sich an der Großmutter vorbei drücken und in ihre Kammer schleichen, doch da wurde sie von ihr zurückgehalten.
    »Wo ist denn der Anderl?«, wollte sie wissen. Oh, nichts hatte Barbara mehr gefürchtet als diese Frage. Sie hob den Kopf. In ihren blauen Augen schimmerten Tränen. »Komm, Barbara, sag mir, wo der Anderl ist.«
    »Ich - ich weiß es nit«, stammelte das Kind leise. Doch Berta schien genau zu spüren, dass das Madl log. »Ihr seid doch zusammen aus dem Haus gegangen, Madl. Du musst doch wissen, wo dein Bruder ist.«
    »Er - er hat hinauf in den Wald wollen, weil er etwas schauen wollt.«
    Gar zu dürftig und unglaubwürdig war diese Antwort, die Berta Löwinger von ihrer Enkelin bekam.
    »Barbara soll ich erst den Papa holen?«
    Max war ein sehr strenger Mann. Er erzog den Anderl und Barbara stets gleich. Wenn es notwenig war, dann rutschte auch schnell seine Hand aus.
    »Bitte nit, Großmutter. Ich ...« Da konnte Barbara nicht mehr. Ihre Stimme versank in einem heiseren Aufweinen. Schluchzen rüttelte die zarte Mädchengestalt.
    »So Barbara, jetzt sagst du mir, was geschehen ist. Du weißt doch, dass du mit der Großmutter reden kannst.Von mir hast du nix zu befürchten, das weißt du doch, mein Madl, mein gutes.«
    Diese tröstenden Worte lösten Barbars Zunge.
    »Der Anderl ...«, begann sie wild draufloszuschluchzen. »Der Anderl ist ...«
    »Was ist mit dem Anderl?« fragte Berta. Es sah so aus, als würde ihr die Luft wegbleiben. »Hopp, sag's!«
    »Vom - vom Baum ist er gefallen!«, stieß Barbara hervor.
    »Wo?«
    »An den sieben Birken drüben«, schluchzte das Madl.
    »Heiland im Himmel!«, stieß Berta Löwinger hervor. Dann lief sie zur Tür hinaus. Sie polterte über den Flur und riss die Küchentür auf. Hanna Löwinger war eben damit beschäftigt, Brot von einem großmächtigen Laib herunterzuschneiden.
    »Hanna, Hanna, der Bub!«
    Hanna Löwinger ließ das Küchenmesser fallen. Aschfahl wurde ihr Gesicht.
    »Was ist mit dem Buben?«
    »Vom Baum ist er gefallen. An den sieben Birken.«
    »Jesses«, keuchte die Löwingerin. »Max!« schrie sie dann. »Max! Um Gottes willen. Max!»
    Der kräftige Löwinger-Max trat mit seiner braunen Lederschürze unter die Verbindungstür zwischen Küche und Schankraum.
    »Was plärrst du denn, als ob dich eines stechen tät?«, fragte er. »Ich weiß vor lauter Arbeit draußen kaum noch zu schauen, und du schreist umeinander.«
    Gehetzt berichtete sie ihm, was Berta eben erzählt hatte.
    Da stürzte Max Löwinger hinaus in die Gaststube und rief ein paar Holzer zusammen. Augenblicklich später sah man den Trupp Mannsbilder zum Dorf hinaushetzen.
    Als sie an den sogenannten sieben Birken ankamen, lag der Bub noch so, wie die Kinder ihn verlassen hatten. Er lag auf dem Rücken. Seine Augen waren geschlossen. Einer der Mannsbilder beugte sich hinunter und legte seinen Kopf auf die Brust des Buben.
    »Er lebt«, keuchte er schließlich. »Aber wir dürfen ihn nicht anrühren, das könnte vielleicht sehr gefährlich sein. Schnell, geht wieder hinunter zum Gasthaus und telefoniert nach der Rettung.«
    Auch die Löwingerin und Berta waren jetzt an der Unglücksstelle angekommen. Hanna heulte gottserbärmlich. Berta hingegen stand mit steinweißem Gesicht neben ihrer Schwiegertochter. Sie hielt die Hände gefaltet und schickte ein Stoßgebet nach dem anderen in den gläsrig blauen Himmel, dessen lachende Sonne so tat, als hätte sie nichts von diesem schrecklichen Unglück bemerkt, das das Leben im Gasthof »Zum schwarzen Adler« nun vollkommen verändern sollte.
    Man hatte Anderl Löwinger in das Spital nach Innsbruck gebracht. Der Notarzt, der bei dem Transport zugegen war, hatte ein sehr bedenkliches Gesicht gemacht.
    »Herr Doktor, sagen Sie mir doch bitt' schön, was mit meinem Buben ist«, so hatte Hanna gebettelt und gefleht.
    »Es tut mit leid, Frau Löwinger«, hatte der Arzt geantwortet, »im Augenblick können wir überhaupt nix sagen. Wir müssen abwarten.«
    »Wird mein Bub sterben?«, hatte ihn

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