Es duftet nach Liebe (German Edition)
seines Terrors hier draußen zu zeigen, strahlt er übers ganze Gesicht.
„Ich habe Kaffee gemacht!“, zwitschert er, während ich mich noch in den letzten Zügen zuckend an den Türrahmen kralle. Ja, richtig: Er zwitschert. So ist er nämlich. „Petti“ ist gerade mal achtzehn, knapp vier Jahre jünger als ich, hat vor ein paar Monaten Abi gemacht und absolviert sein Soziales Jahr hier in Hamburg. In einem Kindergarten. Freiwillig. Das sagt vermutlich alles.
Er wohnt zwar erst seit ein paar Tagen hier, doch auch in dieser kurzen Zeit dürfte ein normaler Mensch zumindest mal einen Anflug an ebenso normaler Laune zeigen. Nicht so Petti. Seitdem er hier ist, kocht und putzt er wie Meister Propper auf Speed und ist in einer Tour dabei, gute Laune zu verbreiten, vorzugsweise indem er viel zu schnell auf mich einredet, wenn er meiner habhaft werden kann. Mein zweiter Mitbewohner, Erich, glänzt durch Abwesenheit dank neuer Freundin, sodass ich dem allein und schutzlos ausgeliefert bin.
„Möchtest du Rühreier? Ich bin gut im Rühreier machen!“, fährt er fort. „Habe ich beim Lehrgang gelernt! Rühreier mit Speck? Und frischen Kaffee? Das ist doch lecker, was, Konrad? Du siehst ganz schön fertig aus, du brauchst Nervennahrung!“
Das hört man natürlich gerne über sich. Das Gefühl habe ich nämlich leider auch immer wieder. Ludwig, mein bester Freund, behauptet zwar durch die Blume formuliert, dass es nicht an meinem Aussehen, sondern an meiner deppigen Art läge, dass ich nie einen abbekomme, allerdings ist das auch nicht unbedingt besser. Ich bin mittelgroß, habe braune Haare und braungrüne Augen. Dusche und rasiere mich brav und habe auch keinen Buckel oder so, insofern hat er vielleicht recht. Der hat ja auch gut reden, sieht er doch aus wie Mr. Muskel und hat einen festen Freund. Aber das ist eine andere Geschichte.
„Petti, wirklich vielen Dank!“, wiegele ich mein dringenderes Problem ab. „Ich muss echt lernen! Was treibst du denn hier überhaupt?“
„Frühlingsputz!“, jubiliert er und hält mir seinen Mopp vor die Nase, sodass mich die nächste Veilchenwolke beinahe niederstreckt.
„Es schneit draußen!“, protestiere ich.
„Umso wichtiger ist die richtige Stimmung!“, zeigt er sich völlig beratungsresistent. „Du weißt schon: Frühling lässt sein blaues Band …“
„Jaja!“, unterbreche ich ihn hastig. „Ich sitze aber gerade über einem Band über Kuhanatomie! Und der ist nicht blau! Ich kann mich echt nicht konzentrieren, wenn du hier so einen Putzterror veranstaltest. Und dieses Zeug, puh, das stinkt!“
Jetzt sieht er mich ernsthaft betroffen an. Prompt bekomme ich ein schlechtes Gewissen. Er meint es ja gut. Nichtsdestotrotz raubt er mir gerade die Nerven, die ich dringend für etwas Anderes brauche. Er hat hellblaue Augen, exakt die Farbe der verdammten Veilchen, eine Stupsnase und einen breiten Mund, der ständig am Lachen und Lächeln ist. Sein überlanges, aschblondes Haar hat er sich mit einer Art Schal oder Lappen zurückgebunden, sodass er gewisse Ähnlichkeiten zum Strubbelpeter aufweist. Er ist etwas kleiner als ich, wenn auch keine halbe Portion.
„Das gab es neu“, erklärt er kleinlaut. „Veilchen ist gut für die Nerven!“
Für meine nicht, aber das sage ich nicht laut. „Wirklich, Petti, ich finde es lieb von dir, dass du dir solche Mühe gibst, aber das ist echt nicht nötig! Mach deinen Teil von der Hausarbeit, das reicht völlig. Musst du heute gar nicht los?“, wechsele ich lieber mal das Thema.
„Der Kindergarten hat schneefrei“, erklärt er mir, immer noch unglücklich guckend.
„Das tut mir leid“, bedaure ich ihn – und mich. „Musst du dann nicht vielleicht irgendetwas machen? Lernen? Vorbereiten? So was?“
Seine Miene hellt sich auf und er nickt. „Die Vogelnamen habe ich schon gebüffelt. Das machen wir nämlich gerade mit der Eichhörnchen-Gruppe: heimische Vögel. Ich müsste eigentlich neue Kinderlieder üben für den Singkreis am Morgen“, gibt er zu.
„Mach doch das!“, schlage ich vor.
„Das wäre auf der Blockflöte! Das stört dich doch erst recht“, wendet er klarsichtig ein. Schon der Gedanke, pauken zu müssen, während Petti im Zimmer nebenan „Alle Vögel sind schon da“ in die Kinderquältröte pustet, lässt mich erschauern.
„Kann ich dir nicht irgendwie helfen?“, bettelt er beinahe.
Die korrekte Antwort wäre wohl: „Indem du einfach mal die Fresse hältst und Ruhe gibst!“ So etwas
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