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Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord

Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord

Titel: Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord Kostenlos Bücher Online Lesen
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machen muß. Drei Zeugen haben ihn bereits beschrieben, ohne Mathilde Forestier mitzuzählen. Wir sind bald in der Lage, ein Phantombild zu erstellen. Das weiß er aus den Zeitungen. Und er weiß sehr gut, daß er nicht mehr lange so weitermachen kann. Seine Methode ist zu riskant. Also muß er sich ranhalten, wenn er beenden will, was er begonnen hat.«
    »Und wenn der Mörder nicht der Mann mit den Kreisen ist?«
    »Das ändert nichts. Dann kann er sich genausowenig auf eine längere Dauer verlassen. Von den beiden Verbrechen verschreckt, kann der Mann mit den Kreisen früher mit seinen Spielen aufhören als vorgesehen. Er wird sich also beeilen müssen, bevor der Zwangsneurotiker damit aufhört.« 
    »Gut möglich«, sagte Danglard.   
    »Sehr gut möglich, mein Lieber.«   
     
    ***
     
    Danglard wälzte sich die ganze Nacht im Bett herum. Wie konnte Adamsberg mit einer solchen Unbekümmertheit abwarten, und wie konnte er sich erlauben, derartige Voraussagen zu treffen? Nie hatte man den Eindruck, daß er sich der Fakten bediente. Er las alle Unterlagen, die Danglard ihm über die Opfer und die Verdächtigen zusammengestellt hatte, kommentierte sie aber bestenfalls knapp. Er folgte einer unbekannten Strömung. Warum schien er es so wichtig zu finden, daß das zweite Opfer ein Mann war? Weil das erlaubte, die Hypothese eines Sexualverbrechens auszuschließen?
    Das war keine Überraschung für Danglard. Er dachte seit langem, daß sich jemand des Mannes mit den Kreisen im Hinblick auf ein bestimmtes Ziel bediente. Aber weder der Mord an Châtelain noch der an Pontieux schien irgend jemandem zu nutzen. Sie schienen nur dazu zu dienen, die Vorstellung von einer »zwanghaften Serie« glaubwürdig erscheinen zu lassen. War das der Grund, weshalb man einen neuen Mord erwarten mußte? Aber warum fuhr Adamsberg fort, nur an den Mann mit den Kreisen zu denken? Und warum hatte er ihn, Danglard, »mein Lieber« genannt? Völlig gerädert von seinem ewigen Im-Bett-Wälzen und erschöpft vor Hitze dachte Danglard daran aufzustehen, um sich in der Küche mit dem Rest in der Flasche zu erfrischen. Er achtete vor den Kindern darauf, häufig einen Rest in der Flasche zu lassen. Aber Arlette würde morgen merken, daß er sich in der Nacht einen hinter die Binde gegossen hatte. O. k., das wäre nicht das erste Mal. Sie würde das Gesicht verziehen und sagen: »Adrien« - sie nannte ihn häufig Adrien -, »Adrien, du bist ein Dreckskerl.« Aber er zögerte vor allem deswegen, weil ihm nächtliches Trinken höllische Kopfschmerzen beim Aufwachen verursachte, ihm schier das Haar ausriß und die Artikulationsfähigkeit nahm und er morgen früh absolut fest auf den Beinen sein mußte. Für den Fall, daß es einen neuen Kreis geben sollte. Und um die Streifen in der darauffolgenden Nacht zu organisieren, der Nacht des Verbrechens. Es war zum Verrücktwerden, daß er sich von den verschwommenen Auffassungen Adamsbergs tyrannisieren ließ, aber schließlich und endlich war es angenehmer, als dagegen anzukämpfen.
     
    Und wieder malte der Mann einen Kreis. Ganz auf der anderen Seite von Paris, in der kleinen Rue Marietta-Martin im 16. Arrondissement. Das dortige Kommissariat brauchte eine Weile, um sie zu informieren. Dort war man nicht ganz auf dem laufenden, da der Sektor bislang nie etwas mit den blauen Kreisen zu tun gehabt hatte.
    »Warum ein neues Viertel?« fragte Danglard.
    »Um uns, nachdem er nun die Umgebung des Pantheons ausgeschöpft hat, zu zeigen, daß er keine bestimmten Vorlieben hat und daß er unabhängig von den Morden seine Freiheit und seine Macht über das gesamte Territorium der Hauptstadt bewahrt hat. Irgendwas in der Art«, murmelte Adamsberg.
    »Da kommen wir ja rum«, sagte Danglard, einen Finger an die Stirn gepreßt.
    Er hatte letzte Nacht nicht widerstehen können und die Flasche leergemacht und sogar eine neue angefangen. Sein Brummschädel raubte ihm fast die Sicht. Am allermeisten beunruhigte ihn aber, daß Arlette beim Frühstück nichts gesagt hatte. Aber Arlette wußte, daß er im Augenblick Sorgen hatte und ihm sein fast leeres Bankkonto, dieser unmögliche Fall und der destabilisierende Charakter des neuen Kommissars schwer zu schaffen machten. Vielleicht wollte sie ihm nicht noch mehr Kummer bereiten. Sie verstand nicht, daß Danglard es mochte, wenn sie zu ihm sagte: »Adrien, du bist ein Dreckskerl.« Denn in dem Moment war er sich sicher, geliebt zu werden. Ein einfaches, nichtsdestoweniger

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