Es geschah in einer Regennacht
eine schwarze Unterhose mit Beinansatz ausmachen konnte.
»Sie hat mich hergebeten,
telefonisch. Von euch hat sie nichts gesagt. Sonst«, er grinste, »hätte ich’s
mir dreimal überlegt, ob ich nicht doch lieber zur Abendandacht gehe. Immerhin
konnte ich ihr, der Katze, Freudenschreie entlocken, als ich erzählte, dass der
›Tanzende Tiger‹ dank hervorragender Polizeiarbeit wieder im Landesmuseum
hängt.«
»Uns, nehme ich an, hast du
nicht erwähnt.«
Wespe lachte. »Für wen hältst
du mich? Natürlich habe ich erklärt, dass ihr das im Alleingang geschafft
habt.«
Ulrike Mazoli erwartete sie an
der Wohnungstür im dritten Stock, begleitete die Begrüßung mit einem eher
ernsten Lächeln und führte sie in ein elegantes Wohnzimmer. Dort wartete die
nächste Überraschung.
Auf einem der zierlichen Sessel
saß Angela Parth.
Sie wirkte verlegen. Aber TKKG
begrüßten sie unbefangen und Wespe tätschelte ihr sogar verstohlen die Hand.
Alle nahmen Platz. Ulrike
setzte sich auf die Couch und stellte ihren Laptop neben sich, den sie dann
jedoch kein einziges Mal benutzte. Tim fand, dass sie erschöpft aussah. Sie war
blass, ihr dreieckiges Gesicht verriet Schlafmangel. Sie legte die
Fingerspitzen aneinander und betrachtete den etwas ramponierten hellroten
Nagellack.
»Ihr alle hier«, begann sie,
»wisst, welche unglaubliche Entdeckung Karl beim Galeristen Gehrmann gemacht
hat — und dass ich deshalb in Verona war. Jetzt möchte ich berichten von dem
Ergebnis meiner Nachforschung. Um es gleich zu sagen: Es ist eine
ungeheuerliche Geschichte. Und ich habe Inspektor Bienert hergebeten, als
Vertreter der Polizei — , TKKG — weil ihr als Junior-Ermittler eingebunden seid
wie sonst niemand — , und Angela Parth — weil es Sie, Angela«, sie sah die Frau
an, »unmittelbar betrifft.«
Ulrike senkte wieder den Blick
auf ihre Fingernägel. »Es war der richtige Zeitpunkt. Denn drei Wochen früher
lag noch der schwere dunkle Schleier über dem Geschehen. Ich könnte versuchen,
chronologisch zu berichten, was sich abgespielt hat in den drei Jahren seit
Ludwig Simonka verschwunden ist. Aber das würde endlos dauern. Besser ist es, ich
fasse rückblickend zusammen; und ihr stellt mir dann Fragen, wenn nötig.«
Für einen Moment schloss sie
die Augen. »Ich habe also dieses seltsame Paar Maria Bechtelhof und Laurentius
Silberklink aufgesucht. Es sind Deutsche, beide Mitte fünfzig, unangenehme
Menschen: dickliche Wohlstandsbürger, denen man die Gier und den Geiz anmerkt.
Die Frau hat früher bei einem Kunsthändler in Berlin gearbeitet, der Mann war
Immobilienmakler. Ich habe ihnen erklärt, was Sache ist, dass das Bild nämlich
beweist: Simonka lebt. Sie taten sehr erstaunt. Aber sie blieben knallhart bei
ihrer Flohmarkt-Story. Ich ließ durchblicken, dass ich beste Beziehungen habe
zur italienischen Polizei und diese notfalls einschalten würde. Aber selbst das
half nichts. Allerdings fiel mir auf: Beide waren unglaublich nervös.
Schließlich musste ich die Segel streichen — und da begann meine Glückssträhne.
Denn als ich die Treppe hinunterging — sie haben eine Dachwohnung am Fluss kam
mir Simonka entgegen. Der Maler Ludwig Simonka.«
Tim blickte Angela an. Sie saß
da wie erstarrt. Aber ihre Augen leuchteten plötzlich und sie bewegte die
Lippen wie im stummen Gespräch.
Leise sagte Ulrike: »Ich
erkannte ihn sofort, obwohl er verändert aussieht. Er hat Narben im Gesicht,
auch am Kopf und — er hat nur noch einen Arm. Der linke musste amputiert
werden.«
>
In die Stille drang ein
erstickter Laut. Angela rang nach Luft. Klößchen hatte stückchenweise Pizza aus
seinem Karton geholt, hörte aber jetzt mit dem Futtern auf.
»Simonka«, sagte Ulrike,
»machte damals vor drei Jahren die besagte Todesroute. Aber nicht allein.
Nachdem er ein oder zwei Stunden unterwegs war, wurde er eingeholt — von seinem
Mörder. Zusammen gingen die beiden weiter und Simonka war froh darüber. Dann —
an einer Stelle, die man noch wird aufsuchen müssen — hat ihn sein Mörder in
einen Abgrund gestoßen. Aber Simonka hatte unglaubliches Glück. Er blieb in
irgendwelchem Gesträuch an der senkrechten Felswand hängen. Zu dem Zeitpunkt
war er schon bewusstlos und lebensgefährlich verletzt. Er rutschte dann,
vermutlich etappenweise, von Strauch zu Strauch an die vierhundert Meter tief
hinunter und lag schließlich, in tiefer Ohnmacht und halb zerschmettert, unten
in der Schlucht. Man kann davon ausgehen, dass ihn
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