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Es geschah in einer Regennacht

Es geschah in einer Regennacht

Titel: Es geschah in einer Regennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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sein Mörder für tot hielt.«
    Niemand sagte etwas.
    »Simonka hatte ein Heer von
Schutzengeln. Denn er wurde wenig später gefunden. Bechtelhof und Silberklink
wanderten unten im Tal, machten einen Abstecher in besagte Schlucht und stießen
auf ihn. Simonka war inzwischen bei Bewusstsein, litt aber Höllenqualen und
konnte sich nicht rühren. Und noch etwas Entscheidendes wurde schon klar
während der ersten Worte, die sie austauschten. Simonka litt an totaler
Amnesie.«
    »Was ist das?«, fragte Klößchen.
    »Das ist, wenn du dich an
nichts mehr erinnern kannst. Wenn dir dein Gedächtnis abhanden kommt.
Erinnerungsverlust. Amnesie wird meist ausgelöst durch einen furchtbaren
Schock. Das Gehirn macht dicht, lädt ab. Die solchermaßen Erkrankten wissen
nicht mehr, wer sie sind, kennen ihren Namen nicht, erinnern sich an nichts.
Partner, Verwandte, Freunde, Bekannte sind für sie Fremde. Ihr Gehirn ist
scheinbar entleert — bei null. Natürlich ist das Wissen um das gesamte
vorherige Leben noch gespeichert. Aber verschlossen in feuerfesten Kammern tief
unten im Gehirn. Kammern, die manchmal nie wieder aufgehen. Doch das ist eher
selten. Bei den meisten stellt sich nach und nach die Erinnerung ein. Das kann
Jahre dauern. Oder nur Monate. Jedenfalls — irgendwann ist wieder alles im
Lot.«
    »Jetzt verstehe ich«, sagte
Gaby, »was Sie mit dem schweren, dunklen Schleier meinen. Er lag auf der
Erinnerung.«
    Ulrike nickte. »Auf einem Teil
der Erinnerung. Doch zunächst war es wohl so, dass Bechtelhof und Silberklink
einen durchtriebenen Plan schmiedeten — noch während sie die Rettung
alarmierten. Sie hatten Simonka sofort erkannt. Sie wissen Bescheid in der
Kunstszene. Aber sie entwendeten Simonkas Papiere aus seinem Rucksack und
beschlossen, niemandem zu sagen, wer er ist. Dahinter steckte der noch
nebelhafte Plan, ihn sich später zu Dank zu verpflichten, indem sie ihm durch
angebliche Nachforschungen zu seiner Identität verhalten. Jedenfalls — Simonka
lag monatelang im Krankenhaus. Sein Arm war nicht zu retten gewesen. Er hatte
innere Verletzungen und Blessuren am Kopf. Als er nach einem halben Jahr
entlassen wurde, nahmen ihn die beiden bei sich auf. Er war ein Wrack. Doch
plötzlich passierte die unangenehme Überraschung. Er begann, sich zu erinnern,
wusste wieder, wer er ist, wusste seinen Namen und dass er als Kunstmaler
Riesenerfolge gefeiert hatte. Er hat sich auch an Sie erinnert, Angela.«
    »Warum«, die Stimme der schönen
Frau zitterte, »ist er nicht zurückgekommen?«
    »Weil er äußerlich wie
innerlich nicht mehr er selbst ist. Ihm graust vor sich. Sie wissen, dass er
sensibel ist. Er wollte und will nicht mehr in sein früheres Leben zurück. Er
will sich Ihnen nicht zumuten als das Wrack, als das er sich fühlt.«
    »Aber... ich... wir... haben
uns doch...« Angela sprach nicht zu Ende.
    Ulrike hob die Schultern.
»Vielleicht ändert er seine Einstellung eines Tages. Doch so weit ist er noch
nicht. Jedenfalls war er fortan angewiesen auf das saubere Pärchen. Auf die
Dauer wollten sie ihn nicht um sich haben. Also haben sie ihm ein Loch von
einer Behausung besorgt. Und das nötigste Geld gegeben für den Lebensunterhalt.
Aber nur unter der Bedingung, dass er eines Tages wieder zum Pinsel greifen und
das zu erwartende Kunstwerk ihnen überlassen werde. Er hat eingewilligt. Das
Ergebnis kennen wir.«
    »Pech für das Pärchen«, sagte
Gaby, »dass Karl ein unbestechlicher Beobachter ist.«
    Ulrike nickte. »Sie hatten
gerade angefangen, ihn auszubeuten. Bis heute ist ihr Plan also aufgegangen.«
    Tim sagte: »Der schwere dunkle
Schleier lag also noch vor drei Wochen auf einem Teil der Erinnerung. Ich nehme
an, auf dem schlimmsten Teil. Denn wenn Gehirn und Seele in Amnesie fallen,
dann verdrängen sie zuerst einmal das. Und Simonka — so vermute ich — hat sich
die ganze Zeit nicht erinnert an den beinahe geglückten Mord.«
    »Gut erfasst, Tim«, nickte
Ulrike. »Die Erinnerung an die Wanderung auf der Todesroute kam nur ganz
allmählich zurück. Es hat über zwei Jahre gedauert, bis er wieder wusste, wann
und wo er aufgebrochen war. Dann öffnete sich eine weitere Kammer, und er
entsann sich, dass er nicht allein gewesen war. Noch viel später wusste er
plötzlich, dass der andere ihn hinabgestoßen hatte. Aber an die Person war
keine Erinnerung. Er sah sie einfach nicht vor seinem inneren Auge. Bis vor
drei Wochen. Da hob sich der Schleier und ein Keulenhieb traf Simonka.«
    Tim hatte

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