Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
Vom Netzwerk:
wieder sank, und so im Schneeballsystem ein Vermögen gewinnen. Es war ein Tagtraum, aber ein harmloser.
    Nachdem ich zu meiner Befriedigung festgestellt hatte, daß Consolidated Pemmican weiter auf niedrigem Kurs blieb, bereitete ich mich widerwillig darauf vor, mir Miss Francis’ Pumpe wieder aufzuladen. Sie schien weniger schwer, als ich den Schlauch über die Schulter rollte, und ich spürte, das lag nicht an der winzigen Menge, die ich für Mrs. Dinkmans Gras verbraucht hatte. Ich wußte einfach, ich würde einen erfolgreichen Tag haben. Haben müssen.
    In launischen Augenblicken glaubte ich oft, ein Handelsvertreter sei viel eher ein kreativer Künstler als jene, die sich diesen Titel anmaßen. Einerseits verwendet er Worte, andererseits die Empfängnisfähigkeit der Kunden, um ein zusammenhängendes, befriedigendes Ganzes daraus zu schmelzen, ein Kunstwerk, signiert und datiert auf der gepunkteten Linie. Wie jedes Wort dieser Art erfordert die Erschaffung wohlüberlegte, sorgfältige Vorbereitung. Und so stieg ich aus dem Bus und feilte an einem neuen Verkaufsgespräch, um der veränderten Situation gerecht zu werden: „Eine Ihrer Nachbarinnen …“ „Gerade habe ich schon einmal …“
    Höhnisch schritt ich an den Häusern vorbei, die am Tag vorher meine Dienste zurückgewiesen hatten; sie konnten den Metamorpher jetzt um keinen Preis mehr bekommen. Da fiel er mir in die Augen.
    Mrs. Dinkmans Rasen, meine ich.
    Der, welcher gestern so leidend, vernachlässigt und gelb gewesen war.
    Jetzt war er alles andere als krank und kümmerlich. Der enthusiastischste Hausbesitzer hätte nicht achtlos an ihm vorübergehen können. In dem üppigen, gesunden Rasenstück war keine einzige bloße Stelle mehr zu sehen. Und es war grün. Grün. Nicht nur da und dort, sondern auf jedem Zentimeter seiner weichen, wogenden Oberfläche; ein helles Apfelgrün, wo die Halme in der Bewegung ihre Unterseite zeigten, und ein volles, blendendes Smaragdgrün an den Spitzen. Selbst die Ausleger, die sich zum Bürgersteig hin wanden, waren jetzt grün und saftig.
    Der Metamorpher funktionierte.
    Der Metamorpher funktionierte nicht nur, er funktionierte auch mit unglaublicher Schnelligkeit. Über Nacht. Ich wußte nichts über das Tempo, mit dem normale Dünger, Pflanzen-Stimulanzien oder Hormone wirksam wurden, aber mein gesunder Menschenverstand sagte mir, daß so etwas noch nie so schnell geschehen war. Ich hatte mir eine gewisse, durchaus legitime marktschreierische Reklame gestattet, als ich gesagt hatte, das Mittel wirke Wunder, aber jetzt erschien mir das als schiere Untertreibung. Das zeigte nur, daß es für einen wirklichen Verkäufer unmöglich ist, zu enthusiastisch zu sein.
    In Knien und Fingern zitternd, ging ich zu der Menschengruppe hinüber, die den verwandelten Rasen neugierig inspizierte. Ich, ich hatte das getan; aus dem jämmerlichsten Rasen hatte ich den hübschesten gemacht – und das für mickrige fünf Dollar. Ich versuchte mir ins Gedächtnis zurückzurufen, wie der Rasen vorher ausgesehen hatte, um den Kontrast mehr zu genießen, aber es war unmöglich; die lebendige Gegenwart löschte die hinfällige Vergangenheit vollständig aus.
    „Über Nacht“, sagte jemand. „Jawoll, einfach über Nacht. Hätte ich ja selbst nicht jeglaubt, aber jestern habe ich jesehen, daß es noch schlimmer als eine Müllkippe aussah.“
    „Minnestens ein viertel Meter hoch, wetten?“
    „Das könnse wohl sagen. Ein Drittel ist noch näher dran.“
    „Jedenfalls das fetteste Gras, das ich sehe, seit ich aus Texas weg bin.“
    „Und das grünste. Ich glaub, so’n Grün habe ich noch nie gesehen.“
    Während sie die Schönheit und Pracht des Wachstums diskutierten, jagten sich in meinem Kopf die Gedanken über die praktischen Probleme. Ein Heldenstückchen ist nicht viel wert, wenn man es nicht auf Dauer nutzbar machen kann, und im Triumph von heute sah ich den Gewinn von morgen. Kein Klinkenputzen mehr mit einer Pumpe auf meinem Rücken, keine manuelle Arbeit mehr; nein, so kühn der Gedanke auch war, überhaupt keine direkte Verkaufstätigkeit mehr für mich. Das war groß, zu groß, um es auf die schäbige Von-der-Pike-auf-Methode anzugehen. Das war ein echter Verkaufsschlager, gleichrangig mit Nylon, Jukebox und Kaugummi. Man konnte das Geld förmlich riechen.
    Als erstes müßte ich Josephine Francis mit einem wasserdichten Vertrag binden. Agenten, Zwischenhändler, Verteiler und ein Generalverkaufsdirektor, Albert

Weitere Kostenlose Bücher