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Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
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waren nicht die Verwüstungen, die mich so erregten; es schien vernunftgemäß, wenn nicht sogar wohltuend zu sehen, wie Sträucher, Pflanzen und Blumen verschluckt wurden. Sie mochten das Werk von Menschenhand sein, aber sie trugen das Urheberzeichen der Natur. Der zementierte Bürgersteig jedoch war vollständig künstlich, er trug das Siegel des Menschen. Daß auch er überwachsen war, war Symbol der Entwürdigung und der Niederlage: ein überheblicher Trotz, eine unverschämte Herausforderung für jeden Menschen, der hier vorbeikam. Aber das Gras gab sich mit dieser Respektlosigkeit nicht zufrieden, es meldete bereits seine Ansprüche auf Bordstein und Rinnstein an.
    „Oh, Junge, jetzt haben Sie wirklich eine Story. W. R. hat drei Redakteure und einen Lektor gefeuert, so außer sich war er. Hier.“ Jacson Gootes griff in die Luft, tat erstaunt, als die Zwanzigdollarnoten wie durch ein Wunder zwischen seinen Fingern erschienen, und steckte sie mir in die Hand.
    „Danke“, sagte ich kühl. „Wofür ist das?“
    „Ehrlich, mein Junge, soviel Naivität ist mir nicht mehr begegnet, seit ich die alte Scholle verlassen habe. Es ist nur ein kleines Symbol der Wertschätzung, die er für Sie hegt, um Sie für die Mühe zu entschädigen, mich zu Ihrem Wissenschaftler, Ihrem Frankenstein, zu führen. Dann mal los, mein Junge. Und machen Sie flott“, fügte er hinzu, „denn ich muß zur Rettungsaktion wieder hier sein.“
    „Rettungsaktion?“
    „Ja sicher. Im Haus sind noch Leute.“ Er zog einen Fetzen Papier zu Rate. „Pinkman …“
    „Dinkman.“
    „Dinkman, ja sicher, danke, Sie haben ja keine Ahnung, wie empfindlich die Leute sind, wenn man ihren Namen falsch schreibt oder verwechselt. Die Dinkmans haben die Feuerwehr angerufen. Können nicht raus. Der Rettungstrupp muß jede Minute kommen – muß ich verfolgen, unbedingt – IM EIGENHEIM VON MONSTER-RASEN GEFANGEN! – und gleichzeitig Ihren Wissenschaftler aufgabeln.“
    Ich war selbst begierig darauf zu sehen, was hier geschehen würde, also schlug ich vor, daß ich ihn noch immer zur Entdeckerin des Metamorpher bringen konnte, daß es besser wäre, hierzubleiben. Mit übertriebener Lobhudelei für meine Schlauheit willigte er ein und fing an, seine Zaubertricks vorzuführen – zum großen Vergnügen einiger Kinder, derselben Kinder, vermute ich, die mich geärgert hatten, als ich den Rasen besprühte.
    Seine Vorstellung wurde von der sich schnell nähernden Feuersirene gestoppt. Die Menge schien über die Absicht des roten Wagens, der mit quietschenden Reifen um die Ecke bog und anhielt, geteilter Meinung zu sein. Einige hatten, wie Gootes, gehört, daß die Dinkmans tatsächlich in dem Haus eingeschlossen waren, andere erklärten, die Feuerwehrmänner wären gekommen, um das Gras ein für allemal abzuschneiden; wieder andere vertraten lauthals die Meinung, das schnelle Wachsen hätte eine Selbstentzündung verursacht.
    Aber nachdem sie mit einer Vollbremsung zum Stehen gekommen waren, tat der Wagen (oder besser die Feuerwehrleute auf ihm) entgegen der gespannten Erwartung überhaupt nichts. Helmbewehrt und in voller Montur, vorbereitet für sofortigen Einsatz, lehnten sie sich locker an die Motorhaube, ohne das Gras, die Umherstehenden oder einen mutmaßlichen Notfall ins Auge zu fassen. Gootes schlenderte hinüber, um sich nach dem Grund ihrer Untätigkeit zu erkundigen. „Wir warten auf den Chef,“ informierte man ihn. Daraufhin lieh er sich einen Helm (womöglich aufgrund der Macht seines Presseausweises) und zog ohne Unterlaß eine Vielzahl von Gegenständen heraus, bis er schließlich die Anerkennung einiger seiner Zuschauer erfuhr, die ihm bewundernd versicherten, er gehöre auf die Bühne eines Varietes.
    Die Leute wurden durch diese Vorführung jedoch nicht dazu gebracht, die Trägheit der Feuerwehrmänner zu akzeptieren, und erkundigten sich ironisch, warum sie ihre Feldbetten nicht mit dabei hätten, oder ob sie glaubten, immer noch in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zu stecken. Die Männer blieben unzugänglich, bis der Chef aus seinem roten Zweisitzer sprang und die Szenerie napoleonisch in Augenschein nahm. „Dachte schon, jemand wollte uns auf den Arm nehmen“, sagte er in die Luft hinein.
    „In Ordnung, Jungs, da sind Leute im Haus hol’n wir sie raus!“
    Mit einer Leiter auf den Schultern tauchten die Männer auf das Haus zu. Ihre Stiefel trampelten auf die Ausleger, traten sie verächtlich beiseite und zerquetschten sie

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