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Es ist niemals vorbei

Es ist niemals vorbei

Titel: Es ist niemals vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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Blick zum Haus hinüber. «Warten Sie einen Moment.» Er ging hinein und wir warteten. Ich erinnerte mich an unseren letzten Besuch bei Macs Eltern. Es war am 4.Juli gewesen. Hugh und Aileen hatten sämtliche Nachbarn, Freunde und Bekannten zu einer Grillparty am späten Nachmittag eingeladen. An dem Tag hatte auch Susanna Geburtstag, die Tochter meines Bruders. In diesem Jahr war sie sechs geworden. Normalerweise fuhren Mac und ich von Brooklyn aus zu Susannas Geburtstag nach New Jersey und von dort aus zu Macs Eltern nach Westchester, denn wir wollten keins der beiden Ereignisse versäumen. In diesem Jahr hatten wir für Susanna am Telefon Happy Birthday singen müssen, denn da waren ihre Eltern bereits nach L. A. gezogen. Deshalb waren wir auch früher als sonst in Bronxville erschienen und hatten Hugh und Aileen bei den Partyvorbereitungen geholfen. Ich erinnerte mich auch daran, wie herzlich die beiden mich von Anfang an aufgenommen hatten. Dass sie Val, Macs erste Frau, vergöttert hatten, wusste ich. Aber das ließen Hugh und Aileen mich nie spüren.
    «Wir sind gleich so weit.» Pawtusky kehrte zurück.
    Zwei Sanitäter kamen aus dem Haus und umklammerten die Griffe einer Trage mit einem zugezogenen Plastiksack darauf. Ich erkannte die Umrisse eines reglosen Körpers. Vielleicht war es Aileen, vielleicht aber auch Hugh. Die beiden waren von ähnlicher Statur gewesen. Eine zweite Trage mit Plastiksack folgte. Wir sahen zu, wie Macs Eltern in den Rettungswagen verfrachtet und davongefahren wurden. Tränen schossen mir in die Augen. Mac weinte nicht. Nur seine Augen waren rot.
    «Wir könnten dann», sagte Pawtusky. «Sobald Sie bereit sind.»
    Wenig später folgten wir ihm ins Haus. Pawtusky trat zurück und schwieg, während wir die Szene in uns aufnahmen.
    Am Fuß der Treppe glänzte eine Pfütze, die sich strahlenförmig über den Flur verteilte und in Spritzern verlor. Es sah aus, als wäre hier ein roter Stern explodiert.
    Ich entdeckte einen Slipper aus rosa Frottee, zur Hälfte mit Blut getränkt. Der zweite lag weiter entfernt neben dem Schirmständer.
    An der Wand hing vielleicht ein Dutzend Familienfotos. Drei davon hingen schief.
    Ich nahm Macs Hand und zog ihn fort, direkt ins Wohnzimmer, und bereute es sofort.
    Die Glasschiebetür zur Terrasse war eingeschlagen worden. Davor glänzte die nächste Blutlache.
    Die Lehne von Hughs Lieblingssessel war zurückgestellt, die Fußablage herausgezogen. Daneben stand der Beistelltisch mit einem umgestoßenen Glas. Es roch nach vergossenem Whisky.
    Und dann registrierte ich den typischen Geruch frischen Bluts: metallisch und scharf.
    An der weißen Wand gegenüber ein Muster aus roten Spritzern. Getrocknete Blutschlieren zogen sich bis zur Mitte des gerahmten Norman-Rockwell-Posters, auf dem ein Mann und ein Junge in verhangenem sepiabraunem Licht an der Theke eines Ladens standen.
    Blut war auf dem mit blauem Köperstoff bezogenen Sofa darunter.
    Unter dem Sofatisch stand unangetastet Aileens Strickkorb. Die Nadeln steckten in einem grünen Wollknäuel. Daneben etwas Halbfertiges mit Zopfmuster. Ich erinnerte mich, dass mich Aileen vor einem Monat angerufen und sich nach Bens Größe erkundigt hatte. Sie hatte einen Winterpullover für ihn stricken wollen.
    Mac machte sofort kehrt und ging hinaus. Ich folgte ihm über den Flur und durch das Esszimmer zur Küche – es war seltsam friedlich hier, wenn man bedachte, wie verstörend es im Rest der Wohnung aussah. Nacheinander stiegen wir die schmale Treppe im hinteren Teil des Hauses hoch.
    Das erste Zimmer oben hatte Rosie gehört. Ihr richtiger Name war Siobhan gewesen. Siobhan und ihr Bruder Seamus. Vor vierzig Jahren hatte man die beiden Namen noch so unaussprechlich gefunden, dass daraus zwangsläufig etwas anderes werden musste, irgendetwas, das einem leichter über die Lippen kam: Rosie und Mac. Bei ihrem dritten Kind waren Macs Eltern klüger geworden und hatten es Daniel genannt. Aus Daniel war Danny geworden, aber wenigstens war der ursprüngliche Name dabei noch zu erkennen. Inzwischen war Rosies Zimmer zum Gästezimmer geworden, mit Doppelbett und zwei Stockbetten für die Kinder. Dort logierte auch Rosie, wenn sie mit ihrer Familie zu Besuch kam. Dem Gästezimmer schloss sich Macs Zimmer an. Es hatte zwei Türen, eine zum Flur und eine, die zur Hintertreppe führte. Dahinter kam Dannys Zimmer, in dem noch immer sein schmales Jungenbett stand. Am Ende des Flurs befand sich das Elternschlafzimmer.

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