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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Zeitschriften mit »Bekenntnissen«, in regionalen Zeitungen und Sonntagsbeilagen. Er arbeitete an einem Roman, aber vermutlich nicht allzu ernsthaft – er arbeitete schon seit seinem dritten College-Jahr daran, und das war immerhin schon zwölf Jahre her.
    Er war nach Derry gekommen, um einen Artikel über den Kanal zu schreiben – auf Bestellung der New England Byways, einer in Concord zweimal im Monat erscheinenden Zeitschrift. Adrian Mellon hatte diesen Auftrag übernommen, weil Byways ihm sämtliche Spesen – einschließlich eines hübschen Zimmers im Derry Town House – für drei Wochen genehmigte, er aber das gesamte benötigte Material in höchstens fünf Tagen beschaffen konnte. In der übrigen Zeit konnte er genügend Material für vier weitere Artikel sammeln.
    Doch während dieser drei Wochen lernte er Don Hagarty kennen, und anstatt danach nach Portland zurückzukehren, suchte er sich ein kleines Apartment in der Kossuth Lane. Er wohnte dort aber nur sechs Wochen. Dann zog er bei seinem Freund Don Hagarty ein.

8
     
    Dieser Sommer – so erzählte Hagarty Harold Gardener und Jeff Reeves – war der glücklichste seines Lebens gewesen; er hätte auf der Hut sein sollen, sagte er; er hätte wissen müssen, dass Gott Menschen wie ihm einen Teppich nur unter die Füße lege, um ihn dann wieder wegreißen zu können.
    Der einzige Schatten, so sagte er, war Adrians ungewöhnliche Vorliebe für Derry. Er hatte ein T-Shirt mit der Aufschrift: MAINE IST NICHT ÜBEL, ABER DERRY IST EINFACH SPITZE! Er besaß eine Derry-Tigers-Highschool-Jacke. Und dann war da natürlich noch der Hut. Adrian behauptete, die Atmosphäre dieser Stadt wirke auf ihn belebend und schöpferisch anregend. Vielleicht war diese Behauptung nicht ganz aus der Luft gegriffen, denn er hatte zum ersten Mal seit fast einem Jahr seinen dahinsiechenden Roman aus dem Koffer hervorgeholt.
    »Arbeitete er wirklich daran?«, fragte Gardener, nicht weil es ihn wirklich interessierte, sondern weil er wollte, dass Hagarty bereitwillig weitererzählte.
    »Ja – er schrieb Seite um Seite. Er sagte, es würde vielleicht ein schrecklicher Roman sein, aber jedenfalls würde es kein schrecklicher unvollendeter Roman bleiben. Er wollte ihn bis zu seinem Geburtstag im Oktober abschließen. Natürlich wusste er nicht, wie Derry wirklich ist. Er glaubte es zu wissen, aber er ist nicht lange genug hier gewesen, um auch nur eine Ahnung vom echten Derry zu bekommen. Ich habe versucht, ihn aufzuklären, aber er wollte nicht zuhören.«
    »Und wie ist Derry in Wirklichkeit?«, fragte Reeves.
    »Es gleicht einer toten Hure, aus deren Fotze Würmer rauskriechen«, sagte Don Hagarty.
    Die beiden Polizeibeamten starrten ihn in fassungslosem Schweigen an.
    »Es ist ein schlechter Ort«, fuhr Hagarty fort. »Es ist eine einzige Kloake. Wollen Sie etwa sagen, dass Sie das nicht wissen? Sie haben Ihr ganzes Leben hier verbracht, und Sie wissen das nicht?«
    Keiner von beiden antwortete. Nach kurzem Schweigen fuhr Hagarty in seinem Bericht fort.

9
     
    Bevor Adrian Mellon in sein Leben getreten war, hatte Don vorgehabt, Derry zu verlassen. Er wohnte dort seit drei Jahren, hauptsächlich weil er einen längerfristigen Mietvertrag für ein Apartment mit fantastischer Aussicht auf den Fluss unterschrieben hatte. Aber nun war der Vertrag fast abgelaufen, und darüber war Don sehr froh. Kein langes Hin-undher-Pendeln nach Bangor mehr. Keine bad vibrations mehr – in Derry, hatte er Adrian einmal erklärt, schien es immer dreizehn zu schlagen. Adrian hielt Derry vielleicht für eine tolle Stadt, aber Don machte sie Angst. Das lag nicht nur an der heftigen Homophobie, die überall in der Stadt deutlich spürbar war, angefangen von den Predigern bis hin zu den Schmierereien im Bassey Park, aber diese Feindseligkeit war etwas Greifbares, worauf er den Finger legen konnte. Doch Adrian lachte nur darüber.
    »Don, in jeder Stadt in Amerika gibt es Leute, die Schwule hassen«, sagte er. »Das weißt du doch genauso gut wie ich. Dies ist schließlich das Zeitalter von Volldepp Ronnie Moron und Spatzenhirn Phyllis Housefly.«
    »Komm mit zum Bassey Park«, erwiderte Don, als er sah, dass Adrian wirklich meinte, was er sagte – dass Derry auch nicht schlimmer als jede andere Stadt im Hinterland war. »Ich möchte dir etwas zeigen, mein Lieber.«
    Sie fuhren zum Bassey Park – das war Mitte Juni gewesen, etwa einen Monat vor Adrians Ermordung, erzählte Hagarty den Polizeibeamten. Er

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