Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
g-g-getötet wird«, wiederholte er. »U-U-Und wenn du je-je-jemandem erzählst, dass ich g-g-geheult habe, schlag ich d-dir die N-N-Nase ein.«
    »Ich erzähl’s keinem«, versicherte Richie. »Mach dir keine Sorgen. Um Gottes willen, er war doch dein Bruder. Wenn mein Bruder ermordet würde, käme ich aus dem Heulen gar nicht mehr raus.«
    »D-Du hast doch gar k-k-keinen B-Bruder.«
    »Ja, aber wenn ich einen hätte, würde ich mir die Augen ausheulen.«
    »J-Ja?«
    »Na klar.« Richie schwieg ein Weilchen, betrachtete Bill bekümmert und versuchte zu erkennen, ob er sich wieder gefasst hatte. Obwohl sich Bill immer noch mit dem Taschentuch die roten Augen rieb, entschied Richie, dass er jetzt wieder aufnahmefähig war. »Ich wollte nur sagen, dass ich nicht weiß, warum George versuchen sollte, dir Angst einzujagen. Vielleicht hängt das Foto also irgendwie mit dem … na ja, mit dem anderen zusammen. Mit diesem Clown.«
    »V-V-Vielleicht weiß Georgie es nicht b-besser. V-V-Vielleicht g-g-glaubt er …«
    Richie verstand, was Bill sagen wollte, schob diesen Einwand aber beiseite. »Wenn man tot ist, weiß man alles, was die Leute über einen dachten, Big Bill«, sagte er mit der nachsichtigen Miene eines Lehrers, der den Grammatikfehler eines dummen Schülers verbessert. »So steht’s in der Bibel: ›Auch wenn wir im Spiegel jetzt nicht viel erkennen können, werden wir nach unserem Tod wie durch ein Fenster sehen können.‹ Das steht so in etwa im ersten Brief an die Thessalonicher oder im zweiten an die Babylonier, hab’s vergessen. Aber jedenfalls bedeutet das …«
    »Ich v-v-verstehe, was es b-bedeutet«, sagte Bill.
    »Und was meinst du nun?«
    »W-W-Wozu?«
    »Gehen wir in sein Zimmer und schauen nach? Vielleicht finden wir was raus, wer all diese Kinder umbringt.«
    »Ich habe A-A-Angst davor.«
    »Ich auch«, sagte Richie. Im ersten Moment glaubte er, dass er das nur so dahingesagt hatte, um Bill zu trösten, aber gleich darauf hatte er ein ganz komisches Gefühl im Magen und erkannte, dass es stimmte: Er hatte eine Heidenangst.

4
     
    Die beiden Jungen schlichen sich ganz leise ins Haus der Denbroughs.
    Bills Vater war noch nicht von der Arbeit nach Hause gekommen. Sharon Denbrough las am Küchentisch ein Taschenbuch. Im Eingangsflur roch es nach Kabeljau, den es zum Abendessen geben sollte. Richie rief zu Hause an, um seiner Mutter Bescheid zu sagen, dass er nicht tot war, sondern nur bei Bill.
    »Wer ist da?«, rief Mrs. Denbrough, als Richie den Hörer auflegte. Sie blieben ertappt stehen, schauten einander einen Augenblick mit schuldbewussten Augen an, und dann rief Bill: »I-I-Ich, Mama. Und R-R-R-R …«
    »Richie Tozier, Ma’am«, rief Richie.
    »Hallo, Richie«, rief Mrs. Denbrough zurück; es hörte sich völlig geistesabwesend an. »Möchtest du zum Abendessen bleiben?«
    »Danke für die Einladung, Ma’am, aber meine Mutter holt mich in etwa einer halben Stunde hier ab.«
    »Grüß sie bitte von mir, ja?«
    »Ja, Ma’am, werde ich machen.«
    »K-Komm«, flüsterte Bill. »G-Genug gep-plaudert.«
    Sie gingen nach oben in Bills Zimmer. In den Augen eines Jungen war es aufgeräumt, seine Mutter hätte indes genervt die Augen verdreht. Die Regale waren vollgestopft mit haufenweise Büchern und Comics. Auf dem Schreibtisch lagen noch mehr Bücher, ein paar Modellautos und Spielzeuge und ein Stapel Singles. Daneben stand eine Underwood-Schreibmaschine, die Bill vor zwei Jahren zu Weihnachten bekommen hatte, und auf der er hin und wieder Geschichten tippte. Seit Georges Tod schrieb er wieder mehr, die Flucht in die Welt der Fantasie schien seinen Verstand zu beruhigen.
    Auf dem Boden gegenüber des Bettes stand – unter einem Berg Wäsche begraben – ein Plattenspieler. Bill räumte die Kleidungsstücke in seine Kommode und holte die Singles vom Schreibtisch. Er ging sie kurz durch, wählte ein halbes Dutzend aus, legte sie auf die dicke Spindel des Plattenspielers und schaltete das Gerät ein. Das erste Lied war »Come Softly, Darling« von den Fleetwoods.
    Richie rümpfte die Nase.
    Trotz seines Herzklopfens musste Bill grinsen. »S-S-Sie mögen keinen Rock and Roll«, erklärte er. »D-Die hab ich z-zum Geb-Geburtstag bekommen, zusammen m-m-mit Pat B-B-B-Boone und T-T-Tommy S-Sands. L-L-Little Ri-Richard und Sc-Screaming J-Jay Hawkins spiel ich n-nur, w-w-wenn sie nicht da-daheim sind. Aber s-solange die M-Musik läuft, w-wird meine Mu-Mutter glauben, dass w-w-wir hier im Z-Z-Zimmer

Weitere Kostenlose Bücher