Es: Roman
ich es, mich zu beherrschen.
›Das ist kein Haufen Dreck, du verdammter Niggerschwanz! ‹, brüllte er, und der Speichel flog ihm nur so von den Lippen. ›Das ist MEINE GRUBE, und du wirst jetzt sofort den Dreck aus meiner Grube rausschaufeln. Und zwar ein bisschen plötzlich!‹
Also schaufelte ich den Dreck aus seiner Grube, und dann musste ich sie wieder zuschütten, und als ich damit fertig war, fragte er mich, warum ich seine Grube zugeschaufelt hätte, wo er doch gerade reinscheißen wollte. Also schaufelte ich sie noch einmal aus, und er ließ seine Hosen runter und hängte seinen dürren, verschissenen Weißenarsch über die Grube und grinste zu mir hoch, während er sein Geschäft verrichtete, und fragte: ›Wie geht es dir, Hanlon?‹
›Mir geht’s ganz prima, Sir‹, sagte ich sofort, weil ich beschlossen hatte, dass ich nicht aufgeben würde, bis ich bewusstlos oder tot umfiele. Ich hatte meine Wut unter Kontrolle.
›Nun, das werde ich ändern‹, sagte er. ›Zuerst füllst du mal das Loch wieder zu, Private Hanlon. Und ich will ein bisschen Leben sehen. Du schläfst ja ein bei der Arbeit.‹
Also hab ich sie wieder zugeschaufelt, und an seinem Grinsen konnte ich ablesen, dass er vorhatte, sie mich wieder ausheben zu lassen und dieses Spielchen weiterzutreiben, bis ich umkippen würde. Aber in diesem Moment kam einer seiner Freunde mit einer Gaslaterne in der Hand quer übers Feld auf ihn zugelaufen und berichtete ihm, dass eine überraschende Inspektion stattgefunden hätte, und Wilson Schwierigkeiten bekommen würde, weil er nicht da gewesen wäre. Meine Freunde hatten mich gedeckt, ich hatte mit keinen disziplinarischen Konsequenzen zu rechnen, aber Wilsons Freunde – wenn man sie überhaupt so nennen kann – hatten nichts dergleichen getan.
Daraufhin ließ er mich gehen, und am nächsten Tag schaute ich mehrmals nach, ob sein Name auf der Strafliste stand, aber dem war nicht so. Ich nehme an, er hat einfach erzählt, dass er die Inspektion versäumt hätte, weil er einem großmäuligen Nigger beibringen musste, wem all die Gruben auf dem Militärstützpunkt Derry gehörten, jene, die schon ausgehoben waren, und all jene, die noch nicht ausgehoben waren. Vermutlich haben sie ihm daraufhin einen Orden verliehen, anstatt ihn strafweise Küchendienst schieben zu lassen. Ja, so war die Lage für Kompanie E hier in Derry.«
Es muss so um 1958 herum gewesen sein, dass mein Vater mir diese Geschichte erzählte, und er ging damals schon auf die fünfzig zu, obwohl meine Mutter erst knapp vierzig war. Ich fragte ihn, warum er denn in Derry geblieben sei, wenn dort solche Zustände geherrscht hätten.
»Na ja, ich war erst sechzehn, als ich zum Militär ging«, erklärte er mir. »Ich hatte gelogen, was mein Alter betraf. Das war nicht meine Idee gewesen, sondern die meiner Mutter. Ich war sehr groß, und das war wohl der einzige Grund, warum die Lüge nie aufflog. Geboren und aufgewachsen bin ich in Burgaw, North Carolina, und Fleisch bekamen wir nur direkt nach der Tabakernte und höchstens noch ab und zu im Winter zu sehen, wenn mein Vater einen Waschbären oder eine Beutelratte schoss. Meine einzige schöne Erinnerung an Burgaw ist... die Beutelrattenpastete, die mit Maisbrot rundherum wunderschön verziert wurde.
Und als dann mein Vater bei einem Unfall mit irgendeiner landwirtschaftlichen Maschine ums Leben kam, sagte meine Mutter, dass sie mit Philly Loubird nach Corinth umziehen werde, wo sie Verwandte hatte. Philly Loubird war das Nesthäkchen der Familie.«
»Sprichst du von Onkel Phil?«, fragte ich. Ich musste bei dem Gedanken lächeln, dass jemand ihn Philly Loubird nennen konnte. Er war Rechtsanwalt in Tucson, Arizona, und er hatte sechs Jahre lang dem Stadtrat angehört. Als Kind hielt ich ihn für einen reichen Mann. Für einen Schwarzen war er das vermutlich auch. Er verdiente 1958 so an die zwanzigtausend Dollar im Jahr.
»So ist es«, sagte mein Vater. »Aber damals war er nur ein zwölfjähriger Junge, der eine Mütze aus Reispapier aufhatte und gestopfte Hosen trug und keine Schuhe besaß. Er war der Jüngste, ich war der Zweitjüngste. Alle anderen waren fort – zwei tot, zwei verheiratet, einer im Gefängnis. Das war Howard. Der hat nie was getaugt.
»›Du gehst zur Armee‹«, hatte deine Großmutter Shirley zu mir gesagt. ›Ich weiß nicht, ob sie dich gleich von Anfang an bezahlen oder nicht, aber wenn, dann schickst du mir jeden Monat eine Zuwende. Ich schick
Weitere Kostenlose Bücher