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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sich nicht mal besonders anstrengen – viele wollten rausfinden, ob schwarze Dinger irgendwie anders waren -, aber für Bengel wie mich und Trevor Dawson und Carl Roone, meine damaligen Freunde, war der Gedanke, eine Hure zu kaufen – eine weiße Hure – etwas, worüber man lange und gründlich nachdenken musste.«
    Wie gesagt, man hatte meinen Vater an jenem Abend mit Medikamenten vollgepumpt. Ich glaube nicht, dass er andernfalls so etwas erzählt hätte – seinem fünfzehnjährigen Sohn ganz bestimmt nicht.
    »Na ja, es dauerte nicht sehr lange, bis ein Repräsentant des Stadtrats auf dem Stützpunkt auftauchte und Major Fuller sprechen wollte. Er sagte, er wolle über ›Probleme zwischen den Leuten aus der Stadt und den Soldaten‹ reden, und über ›Bedenken der Wähler‹ und ›Anständigkeitsbelange‹. Was er Fuller wirklich sagen wollte, war so klar wie Kloßbrühe: Die Städter wollten in ihren Bars keine Armeenigger haben, die weiße Frauen belästigten oder an der Bar standen, wo nur Weiße stehen und den nur für Weiße bestimmten illegalen Whisky trinken konnten.
    Natürlich war das alles völlig lächerlich. Bei der Auswahl weißer Weiblichkeit, um die sie so besorgt waren, handelte es sich größtenteils um Bar-Nutten, und was die Männer anging, denen wir angeblich die Plätze wegnahmen … Nun, dazu kann ich nur sagen, dass ich nie ein Mitglied des Stadtrats von Derry im Silver Dollar oder im Powderhorn gesehen habe. Die Männer, die in jenen Spelunken verkehrten, waren Holzfäller in schweren, rot-schwarz karierten Jacken, mit verkratzten, vernarbten Händen. Manchen fehlte ein Auge oder Finger, alle hatten kaum noch Zähne im Mund, und alle rochen nach Holzspänen, Sägemehl und Schweiß. Sie trugen grüne Flanellhosen und hohe grüne Gummistiefel. Es waren Riesenkerle, unheimlich stark, mit sehr kräftigen, lauten Stimmen. Ich war eines Abends mal in Wally’s Spa, da habe ich gesehen, wie das Hemd eines Mannes den ganzen Arm runter aufriss, so sehr sind ihm beim Armdrücken die Muskeln vorgetreten. Der Ärmel ist nicht einfach nur gerissen – wahrscheinlich denkst du, dass ich das gemeint habe -, aber so war es nicht. Der Hemdsärmel des Mannes ist regelrecht explodiert – in Fetzen von seinem Arm geknallt. Und alle haben gejubelt und applaudiert, und einer hat mir auf den Rücken geschlagen und gesagt: ›Das nennt man einen Armdrückerfurz, Schwarzbrot‹.«
    Ich will dir damit sagen, wenn die Männer, die freitags und samstags abends aus dem Wald kamen, um Whisky zu trinken und Frauen zu ficken statt mit Harz eingeschmierte Astlöcher, wenn diese Männer uns nicht gewollt hätten, dann hätten sie uns am Arsch gepackt und uns rausgeworfen. Aber Tatsache ist, Mikey, es schien ihnen so oder so scheißegal zu sein.
    Einer nahm mich eines Nachts beiseite – er war eins achtzig groß, und das war damals verdammt groß -, und er war stockbesoffen und hat gestunken wie ein Korb schimmliger Pfirsiche. Wenn er aus den Kleidern gestiegen wäre, wären sie wahrscheinlich allein stehen geblieben. Er sah mich an und sagte in breitem französischem Akzent: ›Mister, ich muss was fragen. Bist du ein Neger?‹
    ›Ganz recht‹, sagte ich.
    ›Commen’ ça va!‹, sagte er in dem Saint-John-Valley-Französisch, das fast wie das Cajun aus den Südstaaten klingt, und grinste so breit, dass ich seine sämtlichen vier Zähne sehen konnte. ›Wusst ich’s doch! He! Ich hab schon mal einen in einem Buch gesehn! Hatte dieselben...‹ Er wusste nicht, was er sagen wollte, daher hat er einfach die Hand ausgestreckt und über meine Lippen gestrichen.
    ›Großen Lippen‹, sagte ich.
    ›Ja, ja!‹, sagte er und lachte wie ein Kind. ›Große Lippen! Épaises lèvres! Große Lippen! Ich, ich spendier dir’n Bier!«
    ›Nur zu‹, sagte ich, weil ich ihn nicht von seiner schlechten Seite kennenlernen wollte.
    Darüber hat er auch gelacht und mir auf den Rücken geschlagen – und drängte sich zu der Bretterbar, wo sich siebzig Männer und etwa fünfzehn Frauen rumgedrückt haben müssen. ›Ich brauch zwei Bier, sonst nehm ich den Laden auseinander! ‹, schrie er den Barkeeper an, der ein großer, grober Klotz mit gebrochener Nase war und Romeo Dupree hieß. ›Eins für mich und eins für l’homme avec les épaises lèvres!‹ Und darüber haben sie alle gelacht wie der Teufel, aber nicht gemein, Mikey.
    Er nahm also die Biere, gab mir meins und sagte: ›Wie heißt du? Ich will dich nicht Große

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