Es: Roman
das Gesicht des Trainers vor Augen«, sagte Ben, »so wie er damals ausgesehen hatte, nachdem er mich an der Brust gepackt hatte. Das half mir durchzuhalten. Mit dem Geld vom Zeitungsaustragen kaufte ich mir neue Klamotten, und der alte Mann aus der Wohnung im ersten Stock machte mir mit seiner Ahle neue Löcher in meinen Gürtel – es waren fünf oder so. Ich glaube, dabei fiel mir die andere Gelegenheit ein, als ich mir ein neues Paar Jeans kaufen musste – das war, als Henry mich in den Barrens gestoßen und ich mir die Hose zerrissen hatte.«
»Ja«, sagte Eddie grinsend. »Und du hast mir das von der Schokoladenmilch erzählt, weißt du noch?«
Ben nickte. »Falls ich mich erinnerte«, fuhr er fort, »dann nur einen Augenblick – es war gleich wieder weg. Etwa zur gleichen Zeit hatten wir in der Schule Nahrungsmittelkunde, und ich erfuhr, dass man von Rohkost so viel essen konnte, wie man wollte, ohne zuzunehmen. Und als meine Mutter dann eines Abends einen Salat aus Lattich, rohem Spinat, Apfelstückchen und Schinkenresten machte, aß ich davon drei Portionen und versicherte ihr immer wieder, wie großartig das schmecke – obwohl ich mir aus Kaninchenfutter nie viel gemacht habe.
Das verkleinerte meine Schwierigkeiten ganz beträchtlich. Vermutlich war es ihr nicht so wichtig, was ich aß, solange ich nur viel aß. Sie stopfte mich mit Salaten voll. Ich aß sie drei Jahre lang. Manchmal musste ich direkt in den Spiegel schauen, um mich zu vergewissern, dass meine Nase noch nicht zuckte.«
»Und wie ging die Sache mit dem Trainer aus?«, fragte Eddie. »Bist du zum Wettlauf angetreten?« Er berührte sein Asthma-Spray, als würde der Gedanke an Rennen ihn daran erinnern, es vielleicht nutzen zu müssen.
»O ja«, sagte Ben. »Beim Zwei-Zwanziger und beim Vier-Vierziger. Bis dahin hatte ich siebzig Pfund verloren und war um fünf Zentimeter gewachsen, sodass sich die restlichen Pfunde besser verteilten. Ich gewann das Zwei-Zwanziger um sechs Längen und das Vier-Vierziger um acht. Dann ging ich zum Trainer rüber, der völlig fassungslos aussah, und ich sagte zu ihm: ›Sieht ganz so aus, als müssten Sie wieder raus aufs Maisfeld. Wann machen Sie sich auf den Weg nach Kansas?‹
Na ja, er holte aus und versetzte mir einen Kinnhaken. Dann sagte er, ich solle vom Sportplatz verschwinden, und dass er keinen Klugscheißer wie mich in seiner Läufermannschaft haben wolle.
›Ich würde auch nicht in Ihrer Mannschaft mitmachen – nicht mal auf ausdrückliche Bitte von President Kennedy hin‹, erwiderte ich und wischte mir das Blut aus dem Mundwinkel. ›Und weil ich Ihnen den Anstoß zum Abnehmen verdanke, will ich Sie auch nicht beim Wort nehmen … aber denken Sie kurz an mich, wenn Sie nächstes Mal vor einer großen Schüssel Maiskolben sitzen.‹
Er sagte, wenn ich nicht sofort verschwände, würde er Kleinholz aus mir machen.« Ben lächelte ein wenig … aber es war kein frohes Lächeln und ganz sicher kein nostalgisches. »Das waren seine genauen Worte. Inzwischen spitzten alle schon die Ohren, einschließlich der beiden Jungen, die ich besiegt hatte. Beide sahen total verwirrt und verlegen aus. Deshalb sagte ich nur: ›Ich werde Ihnen mal was sagen. Ich halte Ihnen einiges zugute, weil Sie einfach ein lausiger Verlierer sind, aber zu alt, um sich noch ändern zu können. Doch wenn Sie mich noch einmal auch nur anfassen, werde ich alles daransetzen, dass Sie Ihren Job verlieren. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es schaffe, aber ich werde es versuchen. Ich habe abgenommen, um etwas Ruhe und Achtung genießen zu können. Für solche Dinge lohnt es sich zu kämpfen.‹«
Bill hörte sich sagen: »Das klingt ja alles großartig, Ben … aber der Schriftsteller in mir fragt sich, ob ein Kind wirklich jemals so geredet hat.«
Ben nickte, immer noch mit jenem freudlosen Lächeln. »Ich bezweifle auch, dass ein Kind das je getan hat – jedenfalls ein Kind, das nicht das durchgemacht hat, was wir durchgemacht hatten. Aber ich hab’s gesagt … und ich habe es völlig ernst gemeint.«
Bill dachte darüber nach, dann nickte er seinerseits. »Okay, das leuchtet mir ein.«
»Der Trainer stand da, die Hände auf die Hüften gestemmt«, fuhr Ben fort. »Er öffnete den Mund, dann schloss er ihn wieder. Niemand sagte etwas. Ich entfernte mich, und seitdem hatte ich mit Trainer Woodleigh nichts mehr zu schaffen. Als mir mein Klassenlehrer das Zeugnis für das Junior-Jahr gab, hatte jemand das Wort
Weitere Kostenlose Bücher