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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Aufgaben helfen mussten: Jäten, endloses Steineaufheben, Holz hacken, Wasser holen, Heu gabeln, ernten, was eben immer gerade um die Jahreszeit reif war – Erbsen, Gurken, Tomaten, Kartoffeln. Die Jungs waren nicht gerade allergisch gegen Arbeit, aber sie hatten bei sich zu Hause genug zu tun, auch ohne sich den Rücken für Henrys beknackten Vater krumm zu schuften, dem es einerlei war, wen er verprügelte (einmal hatte er es Victor Criss mit einem Holzscheit gegeben, als dieser einen Korb Tomaten fallen ließ, den er zum Stand am Straßenrand schleppte). Mit einem Birkenscheit verprügelt zu werden, war schlimm genug; schlimmer war, dass Butch Bowers dabei gesungen hatte: »Ich kille alle Japse! Ich kille alle elenden Japse!«
    So dumm er war, Belch Huggins hatte es am besten ausgedrückt: »Ich leg mich nicht mit Irren an«, hatte er Victor eines Tages vor zwei Jahren gesagt. Victor hatte lachend zugestimmt.
    Aber der Sirenengesang der ganzen Kracher war zu verlockend und unwiderstehlich gewesen.
    »Ich sag dir was, Henry«, sagte Victor, als Henry ihn an diesem Morgen um neun anrief und einlud. »Wir treffen uns gegen eins an der Kohlengrube, was meinst du?«
    »Wenn du um eins bei der Kohlengrube bist, bin ich nicht da«, sagte Henry. »Ich hab zu viel zu tun. Wenn du um drei zur Kohlengrube kommst, dann bin ich da. Und den ersten M-80 werd ich dir höchstpersönlich in deinen braunen Hintern stecken, Vic.«
    Vic zögerte, dann willigte er ein, zu ihm zu kommen und ihm bei seinen Aufgaben zu helfen.
    Die anderen kamen auch, und zu fünft – fünf große Jungs, die sich auf der Bowers-Farm abrackerten wie die Teufel – hatten sie alle Aufgaben am frühen Nachmittag erledigt. Als Henry seinen Vater fragte, ob er gehen dürfe, winkte Bowers der Ältere lediglich träge mit der Hand. Butch hatte sich auf der Veranda für den Nachmittag eingerichtet, eine Milchflasche mit Apfelschnaps neben dem Schaukelstuhl, ein tragbares Philco-Radio auf dem Geländer (am Nachmittag spielten die Red Sox gegen die Washington Senators, eine Vorstellung, die schon einem Mann, der nicht verrückt war, eine Gänsehaut verschafft hätte). Ein japanisches Schwert lag über Butchs Schoß, ein Souvenir aus dem Krieg, das Butch, wie er behauptete, einem sterbenden Japs auf der Insel Tarawa abgenommen hatte (tatsächlich hatte er das Schwert auf Honululu gegen sechs Flaschen Budweiser und drei Steuerknüppel getauscht). In letzter Zeit holte Butch fast immer das Schwert heraus, wenn er trank. Und da alle Jungs, Henry eingeschlossen, überzeugt waren, dass er es früher oder später benutzen würde, war es das Beste, wenn man das Weite suchte, sobald es auf Butchs Schoß auftauchte.
    Die Jungs waren kaum auf die Straße getreten, als Henry Mike Hanlon erblickte. »Der Nigger!«, sagte er, und seine Augen leuchteten wie die eines kleinen Kindes, das sich an Weihnachten auf die Ankunft von Santa Claus freut.
    »Der Nigger?« Belch Huggins sah verwirrt drein – er hatte die Hanlons nur selten gesehen -, dann leuchteten auch seine trüben Augen. »Ach ja! Der Nigger! Schnappen wir ihn uns, Henry!«
    Belch verfiel in einen donnernden Trott. Die anderen folgten auf dem Fuß, als Henry Belch packte und zurückriss. Henry hatte mehr Erfahrung als die anderen, wenn es darum ging, Mike Hanlon zu verfolgen, und er wusste, ihn zu fangen war leichter gesagt als getan. Dieser schwarze Bengel konnte laufen.
    »Er sieht uns nicht. Gehen wir einfach schneller, bis er uns sieht. Entfernung verringern.«
    Das machten sie. Ein Beobachter wäre vielleicht amüsiert gewesen: Die fünf sahen aus, als würden sie die komische olympische Disziplin des Gehens ausführen. Moose Saddlers beachtlicher Schmerbauch hüpfte in seinem T-Shirt mit der Aufschrift »Derry Highschool« auf und ab. Schweiß rann über Belchs Gesicht, das bald rot wurde. Aber die Entfernung zwischen ihnen und Mike wurde geringer – zweihundert Meter, hundertfünfzig Meter, hundert Meter -, und bis jetzt hatte der kleine schwarze Bimbo sich noch nicht umgedreht. Sie konnten ihn pfeifen hören.
    »Was machst’n mit ihm, Henry?«, fragte Victor Criss mit leiser Stimme. Er hörte sich nur interessiert an, aber in Wirklichkeit machte er sich Sorgen. In letzter Zeit machte ihm Henry immer mehr Sorgen. Es würde ihm nichts ausmachen, wenn Henry wollte, dass sie den Hanlon-Bengel verprügelten, ihm vielleicht sogar das Hemd vom Leib rissen oder seine Unterwäsche auf einen Baum warfen, aber er war

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