Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
noch Kartoffeln fürs Abendessen. Und sie hörte das kleine Mädchen von damals kichern und selig zum vergötterten Daddy aufblicken.
    »Ich … ich werde nicht lügen, Daddy«, sagte sie. »Was ist los?« Sie sah ihn jetzt nur noch verschwommen, weil sie Tränen in den Augen hatte.
    »Warst du etwa mit einer ganzen Horde Jungs unten in den Barrens?«
    Ihr Herz machte einen Riesensatz, und sie starrte wieder auf seine schmutzverkrusteten Stiefel. Der klebrige schwarze Schlamm … Wenn man zu tief hineintrat, saugte er einem den Schuh vom Fuß … und sowohl Bill als auch Richie glaubten, wenn man ganz hineingeriete, verwandele er sich in Treibsand.
    »Ich spiele manchmal dort un…«
    Klatsch! Seine harte, schwielige Hand landete wieder auf ihrer Wange. Sie schrie vor Schmerz und Furcht auf. Sein Gesichtsausdruck machte ihr Angst, und ebenso die Tatsache, dass er ihr verängstigtes Gesicht nicht ansah. Etwas stimmte nicht mit ihm. In letzter Zeit war es immer schlimmer geworden … Was ist, wenn er mich umbringen will? Was ist, wenn
    (oh, hör auf, Bevvie, er ist dein VATER, und VÄTER bringen ihre TÖCHTER nicht um)
    er auch nur die Kontrolle über sich verliert? Was ist, wenn …
    »Was hast du diese Kerle mit dir machen lassen?«
    »Machen? Was …« Sie hatte nicht die geringste Ahnung, was er meinte.
    »Zieh deine Hose aus!«
    Ihre Verwirrung wurde immer größer. Nichts, was er sagte, schien irgendeinen Sinn zu ergeben. Ihr war schon ganz schwindlig von dem Versuch, ihm geistig zu folgen … sie fühlte sich regelrecht seekrank.
    »Was … warum …?«
    Er hob die Hand, und sie zuckte zurück. »Zieh sie aus, Bevvie. Ich möchte nachschauen, ob du noch intakt bist.«
    Ein neues, völlig aberwitziges Bild drängte sich ihr auf: Sie sah sich selbst ihre Jeans ausziehen, und dabei ging auch eines ihrer Beine ab. Ihr Vater prügelte sie durchs Zimmer, während sie versuchte, ihm auf einem Bein hüpfend auszuweichen, und Daddy brüllte: Ich wusste doch, dass du nicht mehr intakt bist! Ich wusste es! Ich wusste es!
    »Daddy, ich weiß nicht, was das …«
    Diesmal schlug er nicht zu, sondern umklammerte sie und biss ihr mit aller Kraft in die Schulter. Sie schrie auf. Er zerrte sie hoch, und nun blickte er ihr zum ersten Mal direkt in die Augen. Sie schrie wieder auf, als sie sah, was dort war: nichts. Ihr Vater war verschwunden. Und Beverly begriff plötzlich, dass sie mit Ihm allein in der Wohnung war, dass Es an diesem diesigen Augustmorgen allein mit ihr hier war. Diesmal ging vom Ihm keine starke Macht und kein unverhülltes Böses aus wie vor anderthalb Wochen in dem Haus in der Neibolt Street – irgendwie wurde Es durch die ursprüngliche Menschlichkeit ihres Vaters abgeschwächt, aber Es war da, war durch ihren Vater am Werk.
    Er schleuderte sie beiseite. Sie prallte gegen das Kaffeetischchen, stolperte und fiel mit einem Aufschrei zu Boden. So also passiert es, dachte sie. Ich muss es Bill erzählen, damit er es auch begreift. Es ist überall in Derry. Es… Es füllt einfach jedes Vakuum, das ist alles.
    Sie drehte sich auf den Rücken. Ihr Vater kam auf sie zu. Sie rutschte auf dem Hosenboden weg. Ihre Haare hingen ihr wirr ins Gesicht, in die Augen.
    »Ich weiß, dass du dort unten gewesen bist«, sagte er. »Man hat es mir erzählt. Ich hab’s nicht geglaubt. Ich konnte einfach nicht glauben, dass meine Bevvie sich mit einer Horde Jungs herumtreibt. Aber heute Morgen habe ich es mit eigenen Augen gesehen. Meine Bevvie treibt sich mit einer Horde Jungs herum. Und das mit nicht mal zwölf Jahren!« Dieser Gedanke versetzte ihn wieder in Rage; er zitterte vor Wut am ganzen Leibe. »Mit nicht mal zwölf Jahren!«, brüllte er und versetzte ihr mit einem schmutzigen Stiefel einen Tritt in die Lende. Angesichts der in seinen Augen ungeheuerlichen Tat schnappte sein Unterkiefer auf und zu wie der eines hungrigen Hundes, der etwas zu fressen in Aussicht hat. Wieder schrie sie vor Schmerz laut auf. »Nicht mal zwölf! Nicht mal zwölf! Nicht mal ZWÖLF!«
    Er trat wieder zu, aber diesmal konnte sie ausweichen. Sie waren inzwischen in der Küche angelangt, und sein Stiefel traf die Schublade unter dem Herd und brachte dort die Töpfe und Pfannen zum Klappern.
    »Lauf nicht vor mir weg, Bevvie«, rief er. »Lass das lieber – es macht alles nur noch schlimmer, als es ohnehin schon ist. Glaub mir das. Glaub deinem Dad. Das ist eine sehr ernste Sache. Sich mit nicht mal zwölf Jahren mit Jungen herumzutreiben, sie

Weitere Kostenlose Bücher