Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
es ein Fremder? War es ein Mann in orangefarbener und silberner Kleidung? Hat er Handschuhe getragen? Sah er aus wie ein Clown, obwohl er kein Clown war? Wie hieß er?«
    »Bevvie, wirst du wohl sofort aufhören …«
    »Nein, du sollst endlich aufhören!«, schrie sie.
    Er schwang seine geballte Faust mit solcher Wucht, als wollte er ihr alle Knochen im Leib brechen. Sie duckte sich. Die Faust sauste über ihren Kopf hinweg und schlug gegen die Wand. Er heulte vor Schmerz auf und drückte die Faust gegen seinen Mund. Sie rannte blitzschnell auf die Tür zu.
    »Komm sofort zurück!«
    »Nein«, sagte sie. »Du willst mir wehtun. Ich liebe dich, Daddy, aber ich hasse dich, wenn du so wie jetzt bist. Du kannst das mit mir nicht mehr machen. Es treibt dich zu solchen Sachen, aber du lässt Es rein.«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon du redest«, sagte er, »aber du solltest jetzt lieber sofort herkommen. Ich sag’s dir nicht noch einmal.«
    »Nein!«, rief sie und begann wieder zu weinen.
    »Zwing mich nicht dazu, dich zu holen, Bevvie. Du würdest es hinterher sehr bedauern. Komm sofort her.«
    »Sag mir, wer es dir erzählt hat«, sagte sie, »dann tu ich’s.«
    Er sprang plötzlich mit solch katzenhafter Geschicklichkeit auf sie zu, dass er sie fast gefangen hätte, obwohl sie mit so etwas gerechnet hatte. Sie packte den Türknauf aus geschliffenem Glas, zog die Küchentür einen Spaltbreit auf, sodass sie gerade hindurchschlüpfen konnte, und rannte in panischer Angst den Flur entlang auf die Haustür zu – so wie sie siebenundzwanzig Jahre später vor Mrs. Kersh fliehen würde. Hinter ihr prallte Al Marsh mit solcher Wucht gegen die zufallende Tür, dass sich ein Riss in der Mitte bildete.
    »KOMM SOFORT ZURÜCK, BEVVIE!«, tobte er, und dann riss er die Tür auf und rannte hinter ihr her.
    Die Haustür war abgeschlossen, da sie die Wohnung vorhin durch den Hintereingang betreten hatte. Jetzt fummelte sie mit zitternder Hand am Schloss herum, während sie mit der anderen erfolglos am Türknauf rüttelte. Hinter ihr brüllte ihr Vater wieder. Wie ein hungriges Raubtier
    (zieh jetzt deine Hose aus Dirne)
    hörte er sich an. Endlich brachte sie die Tür auf. Keuchend warf sie einen flüchtigen Blick über die Schulter hinweg und sah ihn dicht hinter sich. Schon streckte er die Hand nach ihr aus; ein Grinsen breitete sich auf seinem wutverzerrten Gesicht aus und enthüllte sein großes, gelbliches Pferdegebiss.
    Beverly stürzte hinaus und spürte, wie seine Finger am Rücken ihrer Bluse abglitten. Sie nahm die Stufen zu schnell, verlor das Gleichgewicht, fiel auf den Gehweg und schlug sich beide Knie auf.
    »KOMM SOFORT ZURÜCK, BEVVIE, ODER ICH SCHLAG DICH TOT!«
    Er rannte die Stufen hinab, und sie sprang auf, Löcher in den Jeans
    (deine Hose aus)
    mit blutenden Knien, verletzte Nervenenden sangen »Vorwärts, ihr Streiter Christi«. Sie warf einen Blick zurück und sah, dass er sie immer noch verfolgte, Al Marsh, Hausmeister der Highschool, in grauer Hose und grauem Hemd mit zwei Brusttaschen, mit einem Schlüsselring am Gürtel, mit wehenden Haaren. Aber in seinen Augen war jetzt nichts mehr von ihm zu sehen – nichts von dem Mann, der ihr den Rücken eingeseift oder sie gelegentlich geknufft hatte, weil er sich Sorgen um sie machte, schreckliche Sorgen; nichts von dem Mann, der einmal, als sie sieben Jahre alt gewesen war, versucht hatte, ihr Zöpfe zu flechten, und der dann zusammen mit ihr über das katastrophale Ergebnis gelacht hatte; nichts von dem Mann, der sonntags morgens manchmal Eierpunsch mit Zimt machte, der besser schmeckte als der in der Eisdiele auf der Center Street; nichts von dem Vater, der männlichen Leitfigur ihres Lebens, der ihre Einstellung zum anderen Geschlecht fehlleitete. Nichts davon war jetzt in seinen Augen zu lesen. Sie sah darin nur pure Mordlust. Sie sah darin nur noch Es.
    Sie rannte. Sie rannte vor Ihm davon.
    Mr. Pasquale, der auf dem Verandageländer saß, seinen schäbigen Rasen mit einem Schlauch sprengte und sich im Radio die Übertragung eines Spiels der Red Sox anhörte, blickte erstaunt auf. Die Söhne der Zinnermans, die sich vor Kurzem für fünfundzwanzig Dollar einen alten Hudson Hornet gekauft hatten, den sie jetzt fast täglich wuschen, ließen ihre Arbeit für einen Augenblick im Stich und traten mit offenen Mündern etwas zurück, der eine mit einem Eimer Seifenlauge in der Hand, der andere mit einem Schlauch. Mrs. Denton schaute aus dem Fenster ihrer

Weitere Kostenlose Bücher