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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wo auch immer sie war. Sogar ihr eigener Name war ihr unwirklich vorgekommen.
    Dieses Gefühl von damals war jetzt wiedergekehrt. Ihr Albtraum wirkte, selbst jetzt, da sie wach war, immer noch nach, und sie verspürte eine grauenhafte, grenzenlose Angst. Die Stadt schien sich um sie gewickelt zu haben wie ein Python. Sie konnte sie spüren, und sie rief in ihr keine guten Gefühle hervor. Sie stellte fest, dass sie wünschte, sie hätte Freddies Rat befolgt und wäre weggeblieben.
    Sie konzentrierte sich auf Bill, klammerte sich an den Gedanken an ihn fest wie eine Ertrinkende an einer Spiere, einem Rettungsring, an irgendetwas, was
    (wir alle fliegen hier unten, Audra)
    fliegt.
    Ein kalter Schauder überlief sie, und sie verschränkte ihre Arme über den nackten Brüsten. Sie zitterte und bemerkte, dass sie am ganzen Körper eine Gänsehaut hatte. Einen Moment lang war es ihr so vorgekommen, als hätte eine Stimme laut gesprochen, aber in ihrem Kopf. So als befände sich dort drin ein Fremder.
    Werde ich verrückt? O Gott, ist es das?
    Nein, erwiderte ihr Verstand. Es ist nichts weiter als Desorientierung … Jetlag … die Sorgen, die du dir um deinen Mann machst. Niemand spricht in deinem Kopf. Niemand …
    »Wir alle fliegen hier unten, Audra«, sagte eine Stimme aus dem Badezimmer. Es war eine reale Stimme, so real wie dieses Haus. Und verschlagen. Verschlagen und gemein und böse. »Auch du wirst fliegen.« Die Stimme stieß ein leises, irres Kichern aus, das immer tiefer wurde, bis es klang wie das Blubbern in einem verstopften Rohr. Audra schrie … und dann presste sie beide Hände vor den Mund.
    Ich habe das nicht gehört,
    sagte sie laut und forderte die Stimme heraus, ihr zu widersprechen. Aber das geschah nicht. Es war ganz still im Zimmer. Irgendwo in der Ferne pfiff ein Zug in der Nacht.
    Plötzlich brauchte sie Bill so dringend, dass es ihr unmöglich vorkam, bis zum Tagesanbruch zu warten. Sie war in einem ganz gewöhnlichen Motelzimmer, das sich in nichts von den neununddreißig anderen Zimmern dieses Motels unterschied, aber plötzlich war es ihr zu viel. Alles. Wenn man plötzlich Stimmen hörte, so war das einfach zu viel. Zu unheimlich. Sie hatte das Gefühl, in den Albtraum zurückzugleiten, dem sie kurz zuvor entronnen war. Sie hatte Angst und fühlte sich furchtbar allein. Es ist schlimmer als das, dachte sie. Ich fühle mich tot. Ihr Herz setzte unvermittelt zwei Schläge aus, sie rang nach Luft und hustete erschrocken. Sie fühlte sich unwillkürlich panisch klaustrophobisch, wie im Gefängnis, eingesperrt in ihrem eigenen Körper, und fragte sich, ob diese Todesangst nicht eine ganz simple gewöhnliche Ursache hatte: Vielleicht stand sie kurz vor einem Herzinfarkt. Oder hatte ihn bereits.
    Ihr Herz beruhigte sich wieder, aber es schlug immer noch unregelmäßig.
    Audra schaltete die Nachttischlampe ein und sah auf ihre Uhr. Es war zwölf nach drei. Er würde schlafen, aber das war ihr jetzt ganz egal – sie wollte nur eins: Seine Stimme hören. Sie wollte den Rest dieser Nacht mit ihm zusammen verbringen. Wenn Bill an ihrer Seite war, würde ihr Herz im gleichen Rhythmus wie seines zu schlagen beginnen und sich wieder beruhigen. Dann würde sie keine Albträume mehr haben. Er verkaufte Albträume an andere – das war sein Beruf -, aber ihr hatte er immer nur Ruhe und Frieden gegeben. Abgesehen von diesem kalten Wahnsinn, den er in seiner Fantasie und für seine Fantasie an- und ausschalten konnte, schien er allein dafür geschaffen zu sein, Frieden zu geben. Sie schlug die Gelben Seiten im Telefonbuch auf, fand die Nummer des Derry Town House und wählte sie.
    »Derry Town House.«
    »Würden Sie mich bitte mit Mr. Denbroughs Zimmer verbinden? Mr. William Denbrough?«
    »Wird dieser Bursche hin und wieder auch mal tagsüber angerufen?«, murmelte der Hotelangestellte, aber noch ehe sie ihn fragen konnte, was das heißen sollte, hatte er die Verbindung hergestellt. Das Telefon klingelte einmal, zweimal, dreimal. Sie stellte sich vor, wie er tief unter der Decke schlief, sodass nur die Spitze seines Kopfes zu sehen war; sie stellte sich vor, wie er eine Hand unter der Decke hervorstreckte und nach dem Hörer tastete. Sie hatte ihn schon mal dabei beobachtet, und ein zärtliches Lächeln glitt über ihre Lippen, verschwand aber wieder, als das Telefon ein viertes Mal klingelte … ein fünftes und sechstes Mal. Beim siebten Klingelzeichen wurde die Verbindung unterbrochen.
    »Im Zimmer

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