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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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immer fünfzehn Meter über dem Steinboden in einem Kokon innerhalb des sich auflösenden Netzes baumelte und hin und her schwang.

9
     
    Ben
     
    Sie folgten der Spur Seines schwarzen Blutes – öligen Lachen, aus denen das lebendige Blut sich in die Risse und Ritzen zwischen den Steinen schlängelte. Als der Fußboden dann aber allmählich in Richtung einer halbkreisförmigen schwarzen Öffnung ganz am Ende des riesigen Raumes anstieg, sah Ben etwas Neues: eine Spur aus Eiern. Sie waren schwarz, hatten eine raue Schale und etwa die Größe von Straußeneiern. Ein wächsernes Licht drang aus ihrem Innern. Ben stellte fest, dass sie halb durchsichtig waren, dass schwarze Schatten sich darin bewegten.
    Seine Kinder, dachte er, und ihm drehte sich fast der Magen um. Seine Missgeburten. Gott! O Gott!
    Richie und Bill waren ebenfalls stehen geblieben. Sie starrten die Eier wie betäubt und fassungslos an.
    »Weiter, weiter!«, schrie Ben. »Um die Eier werde ich mich kümmern. Ihr schnappt euch Es.«
    »Hier!«, rief Richie und warf ihm ein Päckchen Streichhölzer vom Hotel zu.
    Ben fing es auf. Bill und Richie rannten weiter. Ben blickte ihnen in dem rasch schwächer werdenden Licht nach; sie rannten in die Dunkelheit Seines Fluchtweges hinein und waren kurz darauf nicht mehr zu sehen. Ben blickte auf das erste der dünnschaligen Eier hinab, auf den schwarzen, an einen Manta erinnernden Schatten im Innern, und seine Entschlossenheit begann zu schwinden. Das war … he, Leute, das war einfach zu viel. Es war einfach zu grässlich. Und bestimmt würden sie auch ohne sein Zutun sterben; sie waren mehr fallengelassen als gelegt worden.
    Aber die Zeit ihrer regulären Geburt war nahe… und wenn auch nur eines von ihnen ausschlüpft und überlebt … auch nur eines…
    Ben nahm all seinen Mut zusammen, rief sich Eddies bleiches, sterbendes Gesicht vor Augen und trat mit seinem Desert-Driver-Stiefel auf das erste Ei. Es zerbrach mit einem feuchten Schmatzen, und eine stinkende Plazenta rann unter seinem Fuß hervor. Dann kroch eine Spinne von der Größe einer Ratte kraftlos über den Boden und versuchte zu entkommen. Ben konnte sie in seinem Kopf hören, ihre hohen wimmernden Schreie, die an das Jammern einer singenden Säge erinnerten.
    Ben folgte ihr auf wackligen Beinen, die sich wie Stelzen anfühlten, und trat noch einmal zu. Er spürte, wie der Körper der Spinne unter seinem Stiefelabsatz knirschte und zerbarst. Ihm drehte sich der Magen um, und diesmal konnte er es nicht mehr zurückhalten. Er erbrach sich und drehte dann seinen Absatz hin und her, zermahlte das Ding und rieb es in den Stein hinein, während er den allmählich verstummenden Schreien in seinem Kopf lauschte.
    Wie viele? Wie viele Eier? Habe ich nicht irgendwo einmal gelesen, dass Spinnen Tausende von Eiern legen können … oder sogar Millionen? Ich schaffe das nicht noch mal. Ich werde den Verstand verlieren …
    Du musst es tun. Du musst! Nun komm schon, Ben … reiß dich zusammen!
    Er ging zum nächsten Ei und wiederholte den Vorgang im letzten schwachen Licht. Alles wiederholte sich: das spröde Knacken, das Schmatzen der Flüssigkeit, der Gnadenstoß. Das nächste Ei. Das nächste. Das nächste. Er bewegte sich langsam auf die schwarze halbkreisförmige Öffnung zu, durch die seine Freunde verschwunden waren. Jetzt herrschte absolute Dunkelheit. Beverly und das sich auflösende Netz waren irgendwo hinter ihm.
    Er konnte immer noch das Flüstern seines Zerfallens hören. Die Eier glichen bleichen Steinen in der Finsternis. Sobald er wieder eines erreicht hatte, zündete er ein Streichholz an und zerbrach das Ei. Es gelang ihm jedes Mal, der benommenen Jungspinne zu folgen und sie zu zertreten, ehe die Streichholzflamme erlosch. Er hatte keine Ahnung, was er machen würde, wenn ihm die Streichhölzer ausgingen, bevor er das letzte Ei zerbrochen und seinen unaussprechlichen Inhalt getötet hatte.

10
     
    Es, 1985
     
    Sie kommen immer noch.
    Es spürte, wie sie näher kamen, aufholten, und Seine Angst wuchs. Vielleicht war Es letzten Endes doch nicht ewig – das Undenkbare musste nun endlich in Betracht gezogen werden. Schlimmer noch, Es spürte den Tod Seiner Brut. Ein dritter dieser verhassten Männer-Jungen folgte unaufhaltsam der Spur Seiner Eier; er war vor Ekel und Widerwillen fast verrückt, aber er setzte sein Werk dennoch fort, löschte methodisch das Leben Seiner Brut aus.
    Nein!, heulte Es, von einer Seite auf die andere taumelnd.

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