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Escape

Escape

Titel: Escape Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rush
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geschah.
    »Wo ist Nick?«, fragte er.
    Mir ging die Luft aus. »Da drüben.«
    Nick hatte sich bewegt, seit ich das letzte Mal nach ihm gesehen hatte. Das musste ein gutes Zeichen sein.
    Dad machte sich an die Arbeit, das, was er am besten konnte. Er kletterte zu Nick hinunter und legte ihm die Finger an den Hals. »Puls ist noch da, aber sehr schwach. Kannst du zu mir kommen? Dann nimmst du seine Beine und wir heben ihn zusammen raus. Allein schaffe ich das noch nicht.«
    Ich zwängte mich in das Loch zu Nicks Beinen und schob meine Hände in seine Kniekehlen. Dad zählte bis drei und schon wuchteten wir Nick aus dem Versteck. Dad biss vor Schmerzen die Zähne fest aufeinander. Doch es gelang uns, Nick auf den Boden zu stemmen. Schnell kletterten auch wir aus dem Loch.
    Es dauerte sicher zehn Minuten, bis wir mit Nick zwischen uns aus der Scheune und übers Feld waren. Ich gab mir Mühe, so viel wie möglich von Nicks Gewicht zu stützen, damit es für Dad nicht zu schwer oder schmerzhaft wurde, aber ich war ja nur halb so groß wie Nick.
    »Ich halte ihn, mach du die Tür auf«, sagte Dad, kaum dass wir vor seinem Auto standen.
    Ich rüttelte am Türgriff, doch meine Finger rutschten ab und ich riss mir einen Fingernagel ein. Fluchend versuchte ich es erneut, hatte aber einfach keine Kraft mehr in den Händen. Irgendwann gelang es uns dann doch, Nick auf die Rückbank zu verfrachten.
    »Die Akten«, entfuhr es mir, als Dad sich gerade hinters Steuer setzte. »Die hab ich völlig vergessen. Da stehen wichtige Informationen über die Sektion drin, die sind unser einziges Druckmittel.«
    »Beeil dich«, sagte er und startete schon den Motor.
    Ich flitzte zurück in die Scheune, verschwand kurz im Bodenloch und klaubte die Beweisstücke heraus. Dad verlor keine Sekunde und düste los, noch bevor ich die Beifahrertür geschlossen hatte.
    Der Regen hatte Pfützen hinterlassen, die mitunter tiefe Schlaglöcher verbargen. Wir erwischten eins und prompt stöhnte Nick auf. Als ich gerade über die Mittelkonsole zu ihm kletterte, gerieten wir in ein weiteres und ich landete dadurch fast auf ihm.
    Nick und ich waren nie wirklich miteinander ausgekommen, doch ich schuldete ihm was. Die Kugel hatte er meinetwegen abbekommen.
    »Nick? Kannst du mich hören?« Seine Finger drückten meine Hand, weshalb ich hoffnungsvoll aufatmete.
    Nach einer guten Weile hielt Dad bei einer Apotheke, um alles Nötige zu kaufen, was er für Nicks Behandlung brauchte. Eine halbe Stunde später hatten wir ein abgelegenes Motel gefunden, wo Dad uns ein Zimmer mietete. Er bezahlte sicherheitshalber in bar, falls die Sektion seine Kontobewegungen überwachte.
    Kaum hatten wir Nick hineingebracht, zuckten seine Augenlider. Wir legten ihn aufs Bett und Dad zog ihm vorsichtig seine blutgetränkten Sachen aus. Er ging dabei so gekonnt und präzise vor wie jemand, der das schon oft gemacht hat. Und vielleicht war das ja sogar so.
    Mithilfe von Wunddesinfektion und einem Nähset gelang es ihm, Nicks Wunde grob zu verarzten. Es stellte sich heraus, dass es zum Glück nur ein tiefer Streifschuss war.
    Ich saß derweil auf einem der Stühle, spielte nervös mit den Fingern und wartete. Auf irgendetwas. Eine Neuigkeit. Ich fragte mich, wo Sam mittlerweile war und ob es ihm gut ging. Allmählich wurde ich unruhig. Wir vergeudeten wertvolle Zeit. Riley und Connor konnten doch jederzeit Sams Gedächtnis wieder auf null setzen, dann wäre alles, was wir erreicht hatten, vergeblich gewesen.
    Als Dad fertig war, wusch er sich die Hände und trank einen Schluck Wasser aus der Flasche, die er vorhin auch noch gekauft hatte. Dann schnappte er sich einen Strohhalm. »Er wird wieder völlig gesund werden, denke ich. Der Schuss hat keinen großen Schaden angerichtet. Nick hat aber eine Menge Blut verloren, noch dazu ist er extrem ausgelaugt und übermüdet. Vermutlich auch dehydriert.«
    »Wieso hilfst du uns?« Die Frage geisterte mir schon bestimmt eine Stunde durch den Kopf. Außerdem dachte ich permanent darüber nach, ob es ein Fehler gewesen war, ihn überhaupt anzurufen. Irgendwie rechnete ich immer noch damit, dass Riley jederzeit durch die Tür gestürmt kam.
    Dad steckte sich den Strohhalm in den Mund. »Das hätte ich längst tun sollen.« Er ging zum Fenster, schob den orangefarbenen Vorhang beiseite und kontrollierte den Parkplatz. »Ich habe damals zugestimmt, dieses Experiment zu übernehmen, weil ich mich an einem schwierigen Punkt meines Lebens befand.

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