Escape
rann mir den Arm hinunter. Glassplitter schnitten mir in die Finger, weshalb ich nicht sagen konnte, ob das Blut, das sich auf dem Laken ausbreitete, von Riley oder von mir war.
Seine Beine verfingen sich im Stoff. Ich trat dahin, wo ich sein Knie vermutete, und spürte, dass etwas brach. Er stieß einen dumpfen Schrei aus und fiel um. Ich fasste mit beiden Händen nach der Lehne des Stuhls und ignorierte dabei die brennenden Schnittwunden an meinen Fingern.
Riley versuchte gerade, sich hinzuknien, da holte ich mit dem Stuhl bis über meinen Kopf aus. Er zersplitterte, als er auf Rileys Rücken traf. Riley sank mit einem letzten Stöhnen flach zu Boden.
»Sir?«, fragte jemand durch die Tür.
Ich erstarrte. Denk nach!
»Sir?«
Ich zog das Laken von Riley und schnappte mir die Pistole aus seinem Schulterholster. Dann stellte ich mich hinter die Tür, presste mich gegen die Wand. Die Tür öffnete sich und ich trat mit voller Wucht dagegen. Sie schlug gegen den Agenten, prallte ab. Ich flitzte auf die andere Seite und schlug dem Mann mit der offenen Hand ins Gesicht. Er taumelte, ich schlang ihm das Laken einmal um den Hals und gab ihm einen Ruck. Er fiel auf den Rücken, sofort war ich über ihm, rammte ihm die Pistole unters Kinn.
»Wo sind die Jungs?«
»Ich sage dir gar nichts«, quetschte er hervor, seine Unterlippe zitterte.
»Du glaubst, ich schieße nicht? Du hast noch genau drei Sekunden, bis du's am eigenen Leib erfahren wirst. Eins. Zwei.«
Würde ich schießen? Die Sektion hatte mir mein Leben genommen. Jeder, der für sie arbeitete, war im gleichen Maße schuld daran wie Connor und Riley. Ich übte mehr Druck auf die Waffe aus, ihr Lauf stieß hart gegen seinen Kiefer.
»Letzte Chance«, sagte ich. »Dre...«
»Warte!« Seine Stirn glänzte vor Schweiß. Ich nahm die Waffe etwas zurück, aber nur etwas. »Erst rechts, dann links. Die Treppe runter in das nächste Untergeschoss. Dort geradeaus, dann liegt das Labor auf der rechten Seite.«
»Hast du ein Funkgerät oder ein Handy?«
Der Mann nickte. »An meinem Gürtel.«
Ich schob mich von ihm herunter, hielt die Pistole aber unverändert auf ihn gerichtet. Dann rupfte ich alle Geräte von seinem Gürtel ab und trampelte so lange darauf herum, bis nur noch Plastik und Drähte übrig waren.
Ich ging rückwärts, zielte aber immer noch auf ihn. »Keine Bewegung.«
Kaum im Flur, schlug ich die Tür hinter mir zu. Der Knauf drehte sich, weil der Agent versuchte, sie von innen zu öffnen, doch das Schloss funktionierte noch.
Ich blickte schnell nach rechts und links und versteckte die Waffe unter meinem Oberteil. Mein Kopf schmerzte nach wie vor. Im gesamten Gebäude herrschte unheimliche Stille. Ich folgte der Wegbeschreibung, die der Agent mir gegeben hatte, ohne jemandem zu begegnen. Im Treppenhaus nahm ich immer zwei Stufen auf einmal, die Füße schnell und leicht, eine Hand auf dem Metallgeländer. Vor der Tür zum nächsten Flur wurde ich still, lauschte.
Nichts.
Ich schob die Tür einen Spalt auf. Der Flur wirkte verlassen. Ich hastete vorwärts. Gerade, als ich das Gefühl bekam, falsch abgebogen oder vom Agenten doch falsch geschickt worden zu sein, sah ich, wonach ich suchte.
Hinter einer halben Fensterwand lag das Labor und darin befanden sich die Jungs, wieder in Zellen hinter Glasscheiben, ganz wie im Farmhaus. Sie sahen mich auch sofort und stürmten nach vorn, alle drei gleichzeitig in einer Reihe.
Sam. Mein Blick flog als Erstes zu ihm, tastete ihn quasi ab. War er verletzt? Hatten sie ihm schon sein Gedächtnis genommen?
Die Tür zum Labor war nicht verschlossen, ich drückte sie auf. Rechts befanden sich Tische, die von Akten, Bechergläsern und Tabletts übersät waren. Auf der gegenüberliegenden Seite säumte eine Reihe von Computern die Wand, deren Monitore verrieten, dass sie passwortgeschützt waren.
Cas pfiff durch die Zähne. »Na, das ist ja eine schöne Überraschung, Anna Banana.«
»Du hättest nicht herkommen sollen«, sagte Sam.
Ich atmete erleichtert auf. Er wusste, wer ich war. Das hieß, sie hatten seine Erinnerungen noch nicht gelöscht.
»Ich lass euch doch nicht im Stich.« Da war ein Nummernblock in der Wand neben der Glasscheibe. »Du weißt nicht zufällig den -«
»Sieben-drei-neun-neun-zwei-vier-eins«, sagte Sam.
Ich tippte die Zahlen ein. Der Nummernblock piepte, die Tür öffnete sich und die Jungs sprangen heraus. Sam nahm mich fest in die Arme, was mich nicht wenig überraschte.
»Ist
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