Esper in Aktion
sensorische Verbindung zu seinem Körper wieder her. Er öffnete die Augen.
Er lag in einem großen, hellen Zimmer. Becky Scho-field beugte sich über sein Bett. Ihre herben und zugleich schönen Züge verrieten Mitgefühl, als sie ihm zulächelte.
»Willkommen daheim, Richard«, sagte sie.
15
Der große Laster vor Jerry keuchte die Steigung hinauf. Der Fahrer hatte den niedrigsten Gang eingelegt. Jerry besaß nicht genügend freie Sicht, um ihn zu überholen.
Im Schrittempo kroch sein Volkswagen hinter dem Ungetüm drein.
Er warf einen ängstlichen Blick auf Sue. Hoffentlich wurde sie durch das veränderte Motorengeräusch nicht wach. Aber nein, sie preßte ihr Gesicht immer noch in die Falten seiner Kordjacke, die ihr als Kissen diente. Sie war eingeschlafen, kurz nachdem sie das Cafe in der Nähe von Derby verlassen hatten. Noch ein paar Meilen, dann befanden sie sich in den Außenbezirken von Manchester. Jerry schaltete einen Moment lang die Innenbeleuchtung ein und sah auf die Uhr. Kurz vor neun. Wenn sie irgendwo übernachten wollten, mußte er sich bald entschließen. Er fühlte sich zwar verhältnismäßig frisch, aber es war noch eine weite Strecke bis zum Seendistrikt, und er wußte nicht, ob Sue sich der Anstrengung gewachsen fühlte.
Endlich hatten sie die Bergkuppe erreicht, und die Sicht war frei. Die Lichter einer Ortschaft breiteten sich im Tal aus. Jerry blinkte kurz und zog an dem Lastwagen vorbei. Der Tachozeiger kletterte auf hundert. Jerry atmete auf. Das langsame Dahinkriechen hatte ihn nervös gemacht.
»Könntest du einen Augenblick anhalten, Jerry!« Sues angestrengte Stimme durchbrach seine Konzentration.
Er bremste und fuhr auf den Grasstreifen hinaus. Der Lastwagen donnerte an ihm vorbei. Wütend betätigte der Fahrer die Lichthupe.
Sue riß die Tür auf, sobald der Wagen stand, und quälte sich ins Freie. Jerry sah hilflos zu, wie sie sich übergab.
Endlich war der Anfall vorüber. Er half ihr in den Wagen. Ihr Gesicht hatte eine grünliche Farbe angenommen.
»Entschuldige, Liebling«, sagte sie schwach. »Mein verflixter Magen …«
»Wie fühlst du dich jetzt?«
»Danke, es geht schon wieder. Wenn du mir nur meine Tasche geben könntest …«
Sie tupfte sich das Gesicht mit Papiertüchern ab. Jerry beobachtete sie von der Seite. Wenn sich dieser Anfall wiederholte … Er traf seine Entscheidung.
»Es ist spät. Ich glaube, wir müssen uns allmählich nach einem Hotel umsehen.«
Sue hob den Kopf. »Weshalb Hotel? Du wolltest ursprünglich durchfahren.«
»Du fühlst dich nicht wohl, Sue – du brauchst Ruhe.«
»Unsinn! Es geht mir gleich wieder besser. Außerdem – wieviel Geld haben wir noch?«
»An die zwanzig Pfund«, sagte er, obwohl er wußte, daß es nur noch zehn waren.
»Dann kommt ein Hotel nicht in Frage. Wir können es uns nicht leisten.«
»Wenn ich es mit einem Scheck versuche …«
»Du weißt genau, daß die wenigsten Hotels sich darauf einlassen. Außerdem dürfte unser Konto ziemlich leer sein. Nein, Jerry, wir verzichten auf jede unnötige Ausgabe. Komm schon, fahr weiter!«
»Gut, aber unter einer Bedingung«, erwiderte er. »Wenn dir noch einmal schlecht wird, halten wir an und übernachten.«
»Einverstanden. Mein Magen ist ohnehin leer.« Sie lächelte schwach.
Jerry erkannte, daß es keinen Sinn hatte, mit ihr zu diskutieren. Er setzte sich ans Steuer und fuhr weiter.
Sues Übelkeit machte ihm große Sorgen. Doktor Singh hatte ihm gesagt, daß so etwas im fortgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft Gefahr bedeutete; und dieser Doktor Carter hatte ihr absolute Ruhe verordnet … Am besten war es doch, wenn er ein Hotel aufsuchte.
Sue nahm ihm die Entscheidung ab. Ein paar Meilen weiter revoltierte ihr Magen von neuem, und diesmal war sie so schwach, daß sie nicht einmal widersprechen konnte, als er den Parkplatz eines Hotels ansteuerte.
Sie verließen das Hotel in aller Frühe. Der Schlaf hatte Sue gutgetan, aber sie war immer noch blaß, und ihre Augen wirkten verschwollen. Anfangs fuhr Jerry betont vorsichtig, da er einen Rückfall befürchtete, aber allmählich legte sich seine Angst, als sie völlig ruhig neben ihm saß. Zudem verlangte etwas anderes seine Aufmerksamkeit, ein sonderbares Gefühl, daß er die Gegend genau kannte, obwohl er noch nie hier gewesen war.
Normalerweise hätte er diesen Eindruck als Erinnerung an halbvergessene Fotos oder Filme abgetan, aber das hier war etwas anderes. Nachdem sie Kendal
Weitere Kostenlose Bücher