Esper in Aktion
er, daß die Leidenschaft verflogen war. Dennoch beugte er sich über Molly, versuchte Erregung vorzutäuschen …
»Was ist denn?« keuchte sie und bedeckte sein Gesicht mit nassen Küssen.
Sie löste sich von ihm und sah ihn an. Und in diesem Augenblick begann sie zu lachen, laut und verächtlich. Das Echo dieses Lachens hallte in seinem Gehirn wider, bis er es nicht mehr ertragen konnte.
Er schlug ihr mit der flachen Hand ins Gesicht. Und dann, in einem Aufwallen blinder, hilfloser Wut, begann er sie mit den Fäusten zu bearbeiten. Sie hatte längst zu lachen aufgehört, aber er hieb immer noch auf sie ein.
Als er sich schließlich erschöpft aufrichtete, lag sie mit geschlossenen Augen auf dem Teppich. Blut lief ihr aus der Nase. Er wußte nicht, ob sie noch atmete, aber der bloße Gedanke, ihren Puls zu fühlen, rief Übelkeit in ihm hervor.
Er zog sich rasch an. Auf der Schwelle drehte er sich noch einmal um. Sie rührte sich nicht. Er rannte die Treppen hinauf und warf einen Blick auf die verlassene Straße. Dann schlich er zu seinem Wagen. Er sperrte mit zitternden Händen auf und fuhr los.
Seine Gefühle brodelten immer noch, als er sein Apartment erreichte. Er konnte nicht wissen, ob das Mädchen lebte oder tot war. Er redete sich ein, daß es besser war, wenn sie nicht wieder zu sich kam. Für das, was sie ihm angetan hatte, verdiente sie den Tod.
Bisher hatte er sich durch das häufige Wechseln von Partnerinnen darüber hinweggetäuscht, daß seine Potenz nachließ. Aber diesmal hatte auch das nicht mehr geholfen. Wenn sie nur nicht gelacht hätte! Vielleicht wäre noch alles gutgegangen. Aber ihr Lachen hatte das Problem ans Tageslicht gebracht, das ihn sein Leben lang quälte: die Furcht vor der Impotenz.
Glover nahm eine Dusche und zog frische Kleider an. Das blutbefleckte Hemd wanderte in den Müllschlucker. Nach zwei Tassen Kaffee mit Brandy fühlte er sich wieder etwas besser. Er begann Pläne zu schmieden. Wenn sie tot war, dauerte es sicher eine Zeitlang, bis man sie fand; in dieser Spanne mußte er eine möglichst große Entfernung zwischen sich und London legen. Er packte rasch einen Koffer und trug ihn in den Wagen.
Die Räder durchpflügten eine tiefe Pfütze. Wasser dröhnte gegen das Bodenblech. Einen Moment lang geriet der Jaguar ins Schleudern, dann hatte Glover das Steuer herumgerissen und die Gefahr bewältigt.
Die Beschäftigung mit der Straße lenkte ihn von den Ereignissen des Vorabends ab. Es hatte keinen Sinn, über die Sache nachzudenken. Selbst wenn das Mädchen lebte und zur Polizei ging, konnte sie nur angeben, daß er »Harry« hieß – und seine Personenbeschreibung paßte auf tausend Männer in London. Außerdem würde er schwören, daß er London schon am frühen Abend verlassen hatte. Dann stand sein Wort gegen ihre Aussage …
Ein paar Meilen weiter hielt er den Jaguar neben einem Rasthaus an. In der Gaststube roch es nach Tabaksqualm und Essen. Ein paar Lastwagenfahrer spielten in einer Ecke Karten. Er spürte ihre Blicke, als er an die Theke trat. Die rothaarige Bedienung sah von ihrer Zeitung auf.
»Morgen! Was darf es sein, Sir?«
Sie war um die Dreißig, etwas breit in den Hüften und schlampig gekleidet, aber in ihren Augen lag ein gewisser Ausdruck …
»Was empfehlen Sie mir?« fragte er. Wahrscheinlich verdiente sie sich bei den Lastwagenfahrern nebenbei etwas Geld, aber das störte ihn nicht. Im Gegenteil, erfahrene Frauen waren ihm lieber. Und sicher schätzte sie zur Abwechslung einen Mann mit gutgeschnittenem Anzug und weißem Hemdkragen.
»Wie wäre es mit Eiern, Speck und Bohnen?« meinte sie. »Etwas anderes haben wir nämlich nicht.«
»Ausgezeichnet – mein Lieblingsgericht.« Er strahlte sie an.
Sie trat lachend an den Herd. Er spürte, daß sie durchaus nichts gegen sein Interesse einzuwenden hatte. Die Erinnerung an Molly Quinn verblaßte rasch.
21
Durch das Salonfenster drang das erste graue Tageslicht. Jerry ging mit zusammengepreßten Lippen auf und ab. Er wirkte übernächtigt.
»Es geht bestimmt alles gut«, sagte Barbara Moray. Sie war sich im klaren darüber, daß ihre Worte abgedroschen klangen, aber irgend etwas Tröstliches mußte sie ihm sagen.
»Wenn es nur erst vorbei war!« Jerry drückte seine Zigarette in den überquellenden Aschenbecher.
»Ich weiß, daß es schwer für Sie ist. Aber vergessen Sie nicht, daß es sich um einen völlig natürlichen Vorgang handelt.«
»Zwei Monate zu früh? Das bringt
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