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Esper unter uns

Esper unter uns

Titel: Esper unter uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Morgan
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den unzähligen Reportern ein Lächeln. Hinter den Kameramännern drängten sich Gesichter dicht an dicht, heftiges Klatschen wurde laut, und jemand rief: »Guter alter George!« Die tägliche Routine eines Mannes, der in der Öffentlichkeit steht und immer befürchten muß, daß eines dieser eifrigen Gesichter seinem eigenen Lee Harvey Oswald oder James Earl Ray gehörte. Hatten alle Attentäter drei Namen?
    Auf dem roten Teppich ruhte die Hand Pelham-Woods leicht auf Donleavys Ellbogen. Verdammt, Mann, ich bin ja schließlich noch kein Tattergreis! Ein übereifriger Journalist fragte: »Ihre Ansicht über den Bannerjee Fall, Premier …« Pelham-Wood knurrte ihn wütend, aber leise an: »Aus dem Weg, Idiot!« Und dann ging es, von vier Sicherheitsbeamten begleitet, im Fahrstuhl hinunter ins Foyer. Pelham-Wood ging nun hinter ihm her, als er durch eine breite Flügeltür in den großen Saal schritt.
    »Meine Damen und Herren, Ihrer Majestät Premierminister, der ehrenwerte George Donleavy!«
    Die Reihe der Delegierten, mit beturbanten, afrokrausen oder kahlgeschorenen Schädeln, begann etwa sechs Meter entfernt. Gesichter aller Schattierungen von milchkaffeefarben bis pechschwarz wandten sich ihm zu. Wie sie mich wohl sehen? Als leibhaftigen Teufel? Finster, blauäugig, mit rosigen Wangen – und Quastenschwanz? Ruhig, George, denk an deine Würde!
    Der erste der Reihe kam herbei, um ihn zu begrüßen. Er trug einen Turban, war bärtig, und er streckte ihm eine schwarze Rechte mit gelblicher Handfläche und wachsähnlichen Nägeln entgegen. Er roch ein wenig nach Curry, aber offenbar gehörte er zu denen mit guter Schulbildung. Er wirkte klug und wachsam …
    »Guten Tag, Premier. Ich bin Sidri Khan. Es ist mir eine Ehre, Sie den Delegierten vorstellen zu dürfen.«
    »Mr. Khan.« Die Hand war samtweich wie die einer Katze mit eingezogenen Krallen.
    Gemeinsam schritten sie zu der Reihe der Wartenden.
    »Pandit Lee, Sekretär des Bezirksimmigrantenverbands von Greater Peterborough und Huntingdon.«
    Eine weitere Hand, eine Spur heller. »Mr. Lee …« Oder hätte es Mr. Pandit heißen müssen?
    »Sebastian Batiste – Nordwest London Bezirk …«
    Eine Hand wie ein Büschel schwarzer Bananen zermalmte fast seine. Aus einem runden Pausbackengesicht mit weißblitzendem Lächeln schauten Augen voll Haß.
    »Dr. Armin Patel …«
    Schargeschnittene arische Züge und intelligente Augen. Kein Urwaldaffe. Großer Gott, wie viele noch?
    Donleavy machte einen Schritt zurück und schaute die Reihe entlang. Er erstarrte. Fünf oder sechs Schritt weiter grinste ein Gesicht aus der Vergangenheit ihn an. Glücklicher brauner Boy, Whango Smith. Nein, das war unmöglich!
    »Mr. Premierminister?« Der Sikh zog fragend die Stirn unter seinem Turban hoch.
    »Schon gut, Mr. Khan.«
    Eine weitere Hand, klein und knochig. Sie gehörte zu einer winzigen, runzligen Affenfrau in einem Sari. »Ich freue mich, daß Sie kommen konnten, Mrs. Chatterjee …«
    Der nächste … Alles spielte sich jetzt wie im Zeitlupentempo ab. Ja, genau das war es, ein überwältigendes Déjà-vu-Gefühl, alle diese gleichen Hände schon einmal geschüttelt, die gleichen Floskeln gemurmelt zu haben, für immer die endlose Reihe abzuschreiten und darauf zu warten, diesem glatten, anmaßenden Gesicht von vor fünfundzwanzig Jahren gegenüberzustehen … Aber es war lächerlich, nichts weiter als eine zufällige Ähnlichkeit, die durch seine Grübeleien auf dem Weg hierher betont wurde.
    »Reverend John Tyre von Birmingham, Premier. Ich bin sicher, Sie haben …«
    Und ob er von ihm gehört hatte! Wußte der Kerl, wie oft er nahe daran gewesen war, verhaftet zu werden? Natürlich wußte er es! Diese hohe glatte Stirn, die weiten, herausfordernden Augen. Er würde es willkommen heißen, den Märtyrer spielen zu dürfen …
    Eine mächtige Pranke griff nach Donleavy und warf ihn zur Seite. Ihm war, als hörte er die Explosion erst, als er mit der linken Schulter schmerzhaft auf dem Parkettboden aufprallte. Er rollte sich herum, um das Gesicht vor dem Schock und dem ohrenbetäubenden Krach zu schützen.
    Was jetzt? Sollte er einfach liegenbleiben und tot spielen? Nach der schrecklichen Explosion war der Saal nun voller Schweigen. Er fragte sich, ob außer seiner Schulter etwas verletzt war. Er spürte nichts weiter, aber selbst wenn er ein Bein verloren hatte, mochte der Schock den Schmerz noch zurückhalten.
    Seine Pfeife! Fast erfüllte ihn Panik, als ihm bewußt

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