Essen mit Freunden - Roman
drauÃen erklang I am sailing von Rod Stewart, und Markus begann zu lachen. »Bei diesem Lied sind die nächsten Klippen fast schon vorprogrammiert. Ich glaube, wir sollten langsam los. Ich hole die Transportboxen aus der Kammer.«
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»Hast du das von Lilly?«, fragte Luise auf dem Heimweg im Auto und deutete auf das kitschig glitzernde Wesen mit Flügeln, das am Rückspiegel hin und her schaukelte.
»Nein, der Wagen gehört meiner Schwester.« Markus kramte in der Ablage nach einer CD . »Du hast sie mal getroffen.«
»Ich? Wann?«
»An Weihnachten im Imbiss.«
»Das war deine Schwester? Die Hübsche mit den manikürten Fingernägeln?«
Er lachte. »Genau die. Sehen wir uns denn nicht ähnlich?«
Luises Hirn sortierte die Erinnerungen. GroÃ, schlank mit anmutigen Bewegungen und sanften Augen. Sie blickte zum Fahrersitz. Eine gewisse Ãhnlichkeit war nicht zu leugnen. »Doch, ein bisschen. Steht ihr euch sehr nah?«
»Ziemlich«, meinte er und erzählte in kurzen Worten von seiner Familie.
Luise erinnerte sich an das Essen bei Ole und was Judith über Markus angedeutet hatte. Scheidung der Eltern, eine schwierige Zeit. Durch seine wenigen Worte wurde ihr nun klarer, was das hieÃ.
»Und wie ist das bei dir mit Familie?«, fragte er.
Sie überlegte kurz, dann erzählte sie. Von Paul. Von dem Streit mit ihrer Mutter. Vom Tod ihres Vaters. Und sie wunderte sich, wie leicht das mit ihm ging: vertraut sein.
»Du scheinst sie sehr zu mögen«, stellte er fest. »Aber Hedda ist auch eine tolle Frau.«
»Findest du?«
»Ja, sicher. Ihr seid euch ähnlich.«
Luise merkte, dass sie errötete. Es waren ziemlich viele Komplimente gewesen heute, beinahe mehr, als sie verdauen konnte. »Da, ein Parkplatz«, sagte sie, froh darüber, dass sie nun endlich vor ihrer Tür angekommen waren. »Du musst jetzt nicht noch mehr helfen. Ich schaffe das allein.«
»Natürlich muss ich nicht. Ich weiÃ, dass du klarkommst. Auch schon bevor wir uns getroffen haben.«
»O Markus, es tut mir leid. Ich â«, begann sie, doch dann sah sie, dass er lächelte.
»Darf ich dir trotzdem helfen?«
Er stieg aus und hievte die Transportkisten, Kühlboxen und den Kleinkram aus dem Kofferraum. »Machst du bitte die Tür auf«, bat er, und gemeinsam schleppten sie alles die Treppen hoch in ihre Wohnung.
»Sie macht sich gut hier«, sagte er, als er seine Küchenmaschine entdeckte.
»Du hast recht gehabt. Sie erleichtert viel«, sagte Luise und sah ihn an. »Und es tut mir wirklich leid«, wiederholte sie ihre im Auto begonnene Erklärung. Sie lehnte sich neben ihn an die Nussbaumplatte. »Die Sache bei Ole an Lillys Fest. Die Sache mit der Kaffeetasse, als du hier warst.«
»Also gibt es tatsächlich eine geheime Tassen-Hierarchie.« Er lachte.
Ertappt schlug Luise die Augen nieder.
»Ich hatte mit Ole darum gewettet. Er meinte, ich spinne.«
Luise ging nicht weiter darauf ein, sondern fuhr fort: »Und auch an Weihnachten im Imbiss.«
Er neigte den Kopf zur Seite und musterte sie. »Du bist nirgendwohin gefahren, stimmt's?«
»Ja«, gab sie zu.
»Dachte ich mir.«
»Ich habe mich so klein und blöd und fertig gefühlt. Und du hast durch dein Nachfragen alles nur noch schlimmer gemacht. Ich habe dich gehasst in dem Moment. Du warst der Letzte, den ich an dem Abend sehen wollte.«
»Und du warst die, mit der ich den Abend am liebsten verbracht hätte.«
»Wie bitte? Warum das?«, fragte sie überrascht.
»Weil du seit dem Kartoffelbrei bei Ole durch mein Leben geisterst und Spuren hinterlässt, ohne dass du es überhaupt merkst. Bei dem ersten Treffen war es deine Verletzlichkeit, die mich berührt hat. Danach waren es die süchtig machenden Kekse mit Espresso. An Weihnachten war es dein Trotz. Und diese riesengroÃen, traurigen Augen.« Vorsichtig strich er ihr eine Haarsträhne aus der Stirn. »Dann diese leckeren Kleinigkeiten, die du Ole jedes Mal mitgegeben hast, wenn ihr euch getroffen habt. Und als ich ihn bei dir abgeholt habe, war es deine Kampfansage an mich, deren Grund ich nicht verstanden hatte. Spätestens da habe ich mich gefragt, wie es wohl wäre, wenn dieser schöne Mund mal nicht Gift und Galle spuckt.« Langsam lieà er seine Fingerkuppen über ihre Wange wandern und
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