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Essen mit Freunden - Roman

Essen mit Freunden - Roman

Titel: Essen mit Freunden - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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ihnen zu und ging.
    Â»Hier wären Klippen nicht das Einzige, mit dem ich zu kämpfen hätte«, sagte Markus, als sie sich in Ruhe alles ansahen.
    Â»Wie meinst du das?«, fragte Luise.
    Â»Allein schon der exakt gestutzte Rasen würde mich depressiv machen.« Er öffnete die Tür zur Terrasse, trat hinaus ins Grüne und schüttelte den Kopf. Ȇberleg mal, wie viel Kräuter du da hinten in der Zen-Garten-Imitation anpflanzen könntest.«
    Â»Und statt dieser kugeligen Buchsbäume hätte ich gern Süßkirschen.«
    Â»Mit Hängematte zu einem Apfelbaum? Wie wäre das?«
    Sie schauten sich an, und für einen kurzen Moment hatte Luise den Geschmack eines Holsteiner Cox auf der Zunge. Fruchtig und sehr real. »Ich glaube, wir müssen langsam anfangen«, sagte sie, ohne seine Frage zu beantworten. »Kannst du nur Boote falten oder auch Servietten?«
    Â»Wenn du eine Anleitung hast, kriege ich das schon hin.«
    Â»Habe ich. Es soll eine Tasche werden, in die die Menükarte und noch etwas Grünzeug kommen.«
    Â»Also gut. Dann los.«
    Â 
    Luise hatte alles so weit wie möglich vorbereitet. Die Austern waren gekühlt. Eis zerstoßen und Limetten schneiden wäre rasch erledigt. Die Steinpilzessenz hatte sie in der Früh gekocht und durchgesiebt. Es musste nur noch der Blätterteig für die Tassen zugeschnitten werden, bevor alles in den Ofen kam. Die Fonds für die einzelnen Gänge waren fertig zur Weiterverarbeitung, die Nudeln ebenfalls. Das Sellerie-Rosmarin-Sorbet stand in der Tiefkühltruhe, die Zitronentarte mit Baiser lagerten in der Kühlbox. Mit Fleisch und Fisch würden sie dann noch genug zu tun haben. Damit sie sich ganz auf das Essen konzentrieren konnten, deckten sie zuerst den Tisch ein. Luise steckte die auf Transparentpapier gedruckten Menükarten in die Servietten. Dann richteten sie sich in der Küche ein und begannen.
    Â 
    Kurz nach drei Uhr erschien Doktor Kahle mit den Blumen. Er war in helles Leinen gekleidet und blickte zufrieden auf die Zutaten, die sich auf Brettchen und in Schüsseln türm
ten. »Ich hole gleich meine Frau ab. Um vier werden wir hier sein. Die anderen Gäste kommen kurz vorher mit einem Zweitschlüssel ins Haus und nehmen einen Aperitif im Garten. Alles ist arrangiert. Mit den Austern könnten wir dann um zehn nach vier beginnen.«
    Â»Gut«, sagte Luise. Sie nahm die Blumen – Margeriten, Rittersporn, Ringelblumen, Mohn – und arrangierte sie einzeln mit Gräsern und zarten Ranken in den Glasflaschen auf dem Esstisch. In die Serviettentaschen steckte sie noch Gräser und Farne. »Beginnst du mit den Wachteln?«, fragte sie, als sie wieder in die Küche zurückkehrte.
    Â»Mach ich«, sagte Markus. Er stellte Lauch und Zwiebeln zur Seite, die er für die Velouté geschnitten hatte. Sie diente als Grundlage für die Diplomatensauce. »Wusstest du, dass Velouté Samtsauce heißt? Ein schönes Wort, oder?«
    Sie sagte nichts, sondern sah zu, wie er eine Wachtel nahm, auf die Arbeitsplatte legte und mit viel Feingefühl entbeinte. Wie würden diese Hände wohl mit lebenden Wesen umgehen, überlegte sie, verdrängte den Gedanken aber sofort wieder.
    Um vier erklang Gelächter im Garten. Markus hatte die Blätterteighäubchen zugeschnitten, Luise die Steinpilzessenz in die Suppentassen gefüllt. Sie befestigte den Blätterteig am Tassenrand, während Markus das zerstoßene Eis auf Teller türmte und die geöffneten Austern daraufsetzte. Luise schob die Tassen in den Ofen und legte Limettenscheiben und Kräuter als Dekoration auf die Teller des ersten Gangs. Sie arbeiteten Hand in Hand, reibungslos, ohne viele Worte.
    Â 
    Â»Ich ziehe mich kurz um.« Luise verschwand mit einem frischen T-Shirt in der Toilette. Als sie zurückkam, hatte sich auch Markus umgezogen. Beide waren nun ganz in Schwarz, mit weißen Schürzen.
    Schritte näherten sich. Doktor Kahle strahlte, als er die Küche betrat. »Sie ist gerührt. Sie ist so unglaublich gerührt.«
    Allein für diesen Moment, dachte Luise, hatte sich der ganze Aufwand gelohnt. »Dann sind jetzt wohl die Austern dran.« Sie gab Markus ein Zeichen und nahm sich vier Teller.
    Â 
    Während Markus später das Geschirr des ersten Gangs abräumte, nahm Luise die Steinpilzessenz aus dem Ofen. Die

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