Essenz: Band 1 [Das Blut der Götter] (German Edition)
eins.
Während Mendez, wie nicht anders zu erwarten, seine
Körperkraft überschätzte und ihn zu packen versuchte, wich Daniel zur Seite und
legte seine Hand auf des unbedachten Angreifers Schulter. Er dematerialisierte
sich selbst und auch Mendez und teleportierte sie beide in das nahe gelegene
Polizeipräsidium, in dem man das Tötungsdelikt Sophie Ferret untersuchte.
Es war still. Die Nachtschicht bestand aus einem
Beamten, der hinter einer Glasscheibe an der Anmeldung saß und zwei weiteren,
die am Ende des lang gestreckten Großraumbüros im Schein ihrer
Schreibtischlampen in ihre Monitore versunken waren.
Mendez sprang nach allen Seiten aus, während er sich
zu orientieren versuchte.
„Hey! Was soll der Scheiß?“
Keiner der drei Normalsterblichen blickte auf. Einer
der Männer im hinteren Bereich kratzte sich am Ohr. Der andere gähnte.
Das ging deutlich über Mendez´ geistige Kapazitäten
hinaus, ebenso wie über seine Geduld.
„Hey!“, brüllte er noch einmal, stapfte auf den
Beamten am Empfang zu und starrte ihn schnaubend an. Sein Brustkorb hob und
senkte sich schwerfällig. „Willst du mich verarschen, Mann? Wo bin ich hier?“
Weder seine Lautstärke noch sein eindrucksvoller
Auftritt brachten ihm die gewünschte Aufmerksamkeit ein. Daniel trat dicht
hinter ihn.
„Sieht nach einer Polizeiwache aus, richtig?“
Mendez fuhr herum.
„Alter… willst du damit sagen, du kannst… beamen?“
Ganz unverhofft beruhigte sich der brüllende Löwe. Er wischte mit dem
Handrücken über seine Nase. Bewunderung blitzte in seinen Augen auf. „Dann
gehörst du also zur Oberliga.“
Daniel lächelte stumm. Er war alles andere als ein
Superheld, der durch besondere Veranlagung und jahrelanges Training außergewöhnliche
Fertigkeiten erlangt hatte. Vielmehr war es die Qualität des Engelsblutes, die
die Stärke der Umgewandelten zu bestimmen imstande war. Ein einziger Tropfen,
unmittelbar aus der Vene eines Engels, in vollkommener Reinheit also und mit
aller Macht, hatte Daniels multiple Verletzungen geheilt und ein Wesen
besonderer Art aus ihm geschaffen. Nichts davon war sein Verdienst.
„Was stimmt nicht mit denen?“ Mendez Blick flog durch
das Präsidium.
„Ich beeinflusse die Wahrnehmung der Polizeibeamten
und suggeriere ihnen, vollkommen allein in diesem Gebäude zu sein.“
„Du kannst Hypnose?“
„So ähnlich.“
Selbstverständlich spürte Daniel Mendez´ plumpen
Versuch, in sein Bewusstsein zu dringen. Er schlug ihn zurück. Dann streckte er
seine Hand aus und materialisierte ein Küchenmesser darin. An der Klinge
befanden sich unübersehbare Spuren getrockneten Blutes.
„Ich könnte dich hier zurücklassen. Zusammen mit dem
Messer, mit dem ich erst kürzlich die Flugbegleiterin getötet habe. Ich könnte
die Polizisten glauben machen, dass du für den Mord verantwortlich bist.“
„Meinst du!“ Mendez lachte auf. Er war so voller
Kampfgeist. Bemerkenswert. „Miller, Mann, dass sind doch nur drei jämmerliche
Normalsterbliche. Die mach´ ich platt bevor sie unter ihre Tische krabbeln
können.“ Zum Beweis hob er seine Hände in die Höhe, die er selbst gerne als
Pranken bezeichnete. „Ich komme klar, Alter. Auch ohne deinen Hokuspokus.“
Zugegeben, Mendez besaß eine gewisse Körperkraft. Und
Leidenschaft. Aber unsterblich war er nicht. Nicht einmal Daniel war das.
„Du kommst also klar. Obwohl jeder dieser drei Männer
eine Waffe am Halfter trägt. Obwohl sie allesamt Polizeibeamte sind, die
regelmäßig Schießübungen absolvieren. Aber wie viele Schüsse hält deine defekte
Regenerationsfähigkeit denn wohl aus, bevor sie vollständig versagt? Wie viele
Projektile muss ein Normalsterblicher auf dich verwenden, bis dein Herz so
beschädigt ist, dass es sich nicht mehr rechtzeitig zu einem wieder
funktionierenden Organ zusammensetzen kann? Diese drei Sterblichen sind dir
unterlegen, aber selbst wenn du zwei von ihnen tötest, der Dritte wird dich
stoppen. Wollen wir wetten? Mann?“
Mendez erstarrte. Daniel atmete durch und fuhr fort.
„Ich habe einen anderen Vorschlag. Geh. Und übermittle
deinem geheimnisvollen Chef eine Nachricht von mir: wir werden ihn finden und
töten, und gleiches gilt für jeden, der sich uns in den Weg stellt. Damit meine
ich auch dich, Antonio.“
Der Mischblüter rührte sich nicht.
„Na, los.“ Daniel deutete zur Tür. „Verschwinde!“
Er wartete ab, bis sein Zweitschatten sich ein für
allemal von ihm löste und zu
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