Etenya Saga - Band 1: Soyala - Zeit der Wintersonnenwende (German Edition)
ich fahr mal.“
Mit dem Geräusch seines Autos verschwanden auch alle anderen und es wurde still in der Straße. Lediglich der Wind strich sanft durch die Bäume und raschelte leise im Laub. Im Lichtkegel der Laterne trafen sich Lennos und Olivias ernste Blicke, die ineinander kurz zur Ruhe kamen.
Erst als Olivia ein leichtes Zucken um Lennos Mundwinkel wahrnahm, ließ sie es sein, sich gegen den drängenden Impuls zu wehren, und es dauerte nicht lange, bis sie zunächst verhalten und dann immer ausgelassener zu lachen begannen.
„Entschuldige bitte! Das konnte ich mir einfach nicht entgehen lassen“, erklärte Lenno sein plötzliches Auftauchen.
Olivia machte eine abwinkende Geste mit ihrer Hand. „Das war genau das Richtige für Colin! Ich hoffe, er hat es begriffen. Danke“, antwortete sie belustigt, ging dabei zum Haus und stieß die Tür weit auf. „Ich dachte, du wolltest nach deinem Kater suchen …“
Sie schaltete überall im Erdgeschoss das Licht ein und hoffte, dass Lenno ihr folgen würde. Er zögerte erst einen Moment, doch dann hörte sie erleichtert, wie er die Tür leise hinter sich schloss. Unsicher blieb er im Flur stehen.
„Eigentlich ist dein Kater nur in meinem Zimmer. Warte, ich schaue eben nach“, plapperte Olivia nervös vor sich hin, während sie an ihm vorbeilief und versuchte, möglichst selbstsicher zu wirken.
Auch im Obergeschoss flammte überall das Licht auf und kurz darauf kam Olivia die Treppe wieder hinunter. Innerlich kämpfte sie mit einem riesigen Schmetterlingsschwarm in ihrem Bauch, der mittlerweile kaum noch zu bändigen war. Die Tatsache, dass Lenno sie vor der verschlossenen Haustür erwartete, gegen die er mit verschränkten Armen lehnte, und jeden ihrer Schritte schmunzelnd beobachtete, machte die Situation nicht unbedingt leichter.
„Nein, er ist nicht da“, sagte sie und zupfte nervös am Saum ihres T-Shirts.
„Darf ich dich etwas fragen?“, wollte er plötzlich stirnrunzelnd wissen und kam damit ohne Umschweife auf den Punkt. „Da ist eine Sache, die ich nicht verstehe.“
Olivia blieb abrupt auf der letzten Stufe stehen und sah ihn überrascht an. „Was denn?“
„Warum gibst du mir die Chance dir ins Haus zu folgen? Hast du keine Angst, dass es ähnlich für dich ausgehen könnte, wie beim letzten Mal? Soweit ich mich erinnere, warst du von Colins Verhalten nicht gerade begeistert.“
„Oh“, entfuhr es ihr verblüfft. Vorsichtig trat sie einen Schritt nach vorn, ohne Lenno aus den Augen zu lassen, und war damit unten im Flur angekommen. Sie überlegte kurz, hielt sich weiterhin am Handlauf fest und zuckte dann mit den Schultern. „Ich vertraue dir“, antwortete sie ehrlich, woraufhin Lenno spöttisch auflachte.
„Colin hast du doch auch vertraut!“, fuhr er sie aufgebracht an.
Olivia wunderte sich einen Moment über seine heftige Reaktion. Wie würde er wohl reagieren, wenn sie seine Fragen wahrheitsgemäß beantworten würde? Sie war sich unsicher, dennoch beschloss sie, es herauszufinden. Mit einem leisen Seufzer hakte sie ihre Daumen in ihre hinteren Jeanstaschen und blickte unverwandt in seine tiefschwarzen Augen.
„Ok, dann drücke ich es anders aus“, überlegte sie kurz und atmete einmal kräftig durch. „Ich habe dich hereingebeten, weil ich mir sicher bin, dass du mich nicht gegen meinen Willen küssen würdest.“
Mit ihren Worten schien sie augenblicklich ihre gesamte Umgebung zum Stillstand gebracht zu haben. Selbst Lenno reagierte nicht sofort, sondern starrte sie ungerührt an. Nur ihr Herzschlag nahm eine immense Geschwindigkeit an und ihr wurde plötzlich mulmig zumute. Sie hatte nun den ersten Schritt gewagt, jetzt sollte sie schleunigst den zweiten tun, bevor ihr Mut sie verließ.
Nervös biss sie sich auf die Unterlippe. „Du tust es ja auch nicht mit meinem Willen“, fügte sie vorsichtig hinzu.
Diese Antwort verleitete Lenno schließlich zu einem verblüfften Auflachen. Dabei wich er ihrem Blick kurz aus und es schien fast so, als wolle er etwas sagen. Doch er schwieg und Olivia sah ihm an, dass er unschlüssig mit sich kämpfte.
Erst nachdem einige Zeit verstrichen war, sagte er unvermittelt: „Ich glaube, ich sollte jetzt gehen. Es ist das Beste, wenn ich dich in Ruhe lasse.“ Daraufhin drehte er sich um.
Olivia beobachtete ihn, wie er zur Türklinke griff, und flüsterte verletzt: „Warum? Was habe ich denn falsch gemacht?“
Lennos Körper spannte sich deutlich an und verharrte einen Moment in
Weitere Kostenlose Bücher