Eternal - In den Armen des Vampirs
hatte, würde er zur Tat schreiten.
Sie schlang die Arme um ihren Leib. In der Dunkelheit war ihr Spiegelbild in der Scheibe kaum zu erkennen. Eine leichte, feuchte Brise strich durch die Kiefern und kam durch die offenen Fenster herein.
Sie lebte allein. Das nächste Haus lag knapp einen Kilometer entfernt. Sie verriegelte nachts weder Fenster noch Türen.
Todessehnsucht?
Macy betrachtete den Magnolienbaum in ihrem Vorgarten. Ihre Mutter hatte Magnolien immer gemocht.
Ein Ast Magnolienblüten war auf dem weißen Sarg ihrer Mutter gelegen. Keine Lilien oder Gardenien oder die üblichen Friedhofsblumen. Nur Magnolien.
Bei Mariah waren es Gänseblümchen gewesen.
Bei der kleinen Minnie Pfingstrosen.
Bei ihrem Vater keine Blumen. Er hatte keinen Sinn für Blumen gehabt.
Macy trat vom Fenster zurück. Sie hatte noch nie die Gardinen vorgezogen, seitdem sie vor über einem Jahr das Landhaus in der Nähe von Charlottesville, Virginia, gemietet hatte. Sie hatte nichts zu verbergen. Ihre Seele war schon vor langer Zeit der harten Welt da draußen preisgegeben worden.
Sie ging barfuß, mit nur einem Slip und einem Herrenunterhemd bekleidet, durch das dunkle Haus. Es war erst Juni, aber der Juni war heiß in Virginia.
Die Zimmer lagen still da, wenn man einmal vom Tappen ihrer nackten Füße absah. Sie hatte weder Katze noch Hund als Gesellschaft. Sie hatte kein Haustier mehr besessen, seitdem sie vierzehn gewesen war.
Fritz war ins Tierheim gekommen. Niemand wusste, was aus Snowcap geworden war, der weißen Perserkatze ihrer Schwester. Macy nahm an, dass sie in ihrer Verwirrung vor all den Streifenwagen und Ambulanzen geflohen war.
Macy atmete tief durch, um die dunklen Wolken zu vertreiben, die sich über ihr zusammenbrauten. Sosehr sie sich dafür auch hasste, sie konnte nicht aufhören, an Teddy zu denken.
Sie vermutete, dass er auch gerade an sie dachte. Dass das der Grund war, warum sie nicht schlafen konnte. Es gab diese verrückte, sonderbare Verbindung zwischen ihnen. Sie war da gewesen, solange sie denken konnte, und sie entkam ihr nicht. Es war wie ein Krebsgeschwür, ein gähnendes schwarzes Loch in ihr, das sie von innen heraus auffraß.
Sie ging vom Wohnbereich ins Arbeitszimmer. Die Vermieterin hatte gesagt, dass sich der gemütliche Raum wunderbar als Gästezimmer für Familie oder Freunde herrichten lasse. Aber Macy hatte keine Familie mehr. Keine Freunde.
Das Apple-Logo auf ihrem Laptop leuchtete, doch ansonsten war das Zimmer genauso dunkel wie der Rest des Hauses. Und auch hier war das offene Fenster nackt.
Sie konnte eine Eule rufen hören.
Sie setzte sich auf den Stuhl und schaltete die Lampe ein. Das weiche Licht warf einen kreisrunden Schein über den alten Eichenschreibtisch, den sie auf dem Flohmarkt erstanden hatte. Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, ihn restaurieren zu lassen, und nur die Schublade in der Mitte durch eine ausziehbare Platte für die Computertastatur ersetzt. Wenn sie hier draußen im Landhaus war – was nicht zu häufig vorkam –, benutzte sie gern eine größere Tastatur und manchmal sogar einen zusätzlichen Monitor, den sie an ihren Laptop anschloss. So konnte sie die Bilder, die sie schoss, besser begutachten.
Sie berührte die Platte, und sie glitt heraus. Dann berührte sie die Funkmaus neben ihrem Laptop, und der Monitor leuchtete auf. Es war eine Nachricht für sie da.
Er hatte auf sie gewartet.
Ihr Magen krampfte sich zusammen. Er schien immer zu wissen, wann sie nachts wach war. Und was noch schlimmer war: Sie wusste es genauso von ihm.
Bist du da?
Der Cursor blinkte.
Sie fühlte förmlich, wie er wartete.
Sie warf einen Blick zu dem dunklen Fenster hinüber. Er sagte, dass er sie beobachtete. Sie wusste nicht, ob er das buchstäblich meinte. War heute Nacht die Nacht, in der er irgendwo da draußen war? War heute die Nacht, in der er ihr das Leben nahm und die letzten vierzehn Jahre quälenden Wartens beendete?
Sie sah zurück auf den Monitor.
Vielleicht war heute Nacht aber auch die Nacht, in der sie Widerstand leistete. Vielleicht würde sie ihn heute Nacht ignorieren. Vielleicht würde sie sogar drohen, die Polizei einzuschalten, falls er noch einmal Kontakt zu ihr aufnahm.
Natürlich wäre das eine leere Drohung. Es war nahezu unmöglich, seine Spur zu einem bestimmten Computer, an einen bestimmten Ort zurückzuverfolgen. Auch er war geschäftlich viel unterwegs. Er loggte sich von Internetcafés und Hotellobbys aus ein. Heutzutage
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