Eternity
Mietwagen auf dem Walmart-Parkplatz von Chattanooga – Chattanooga, was für ein Name für eine Stadt! – und beobachtete die Menschenmenge, die in der Mittagspause zum Laden strömte. Ein panisches Elternpaar hatte seinen Vorgesetzten bei der Garde berichtet, dass eine junge Frau, die in diesem Supermarkt arbeitete, eines Abends auf dem Heimweg genau hier auf diesem Parkplatz von einem Vampir angegriffen worden war. Die Bissspuren waren an ihrem Hals noch deutlich zu sehen.
Das Problem war nur, dass sie ihren Eltern gegenüber darauf beharrte, dass es sich gar nicht um einen »Angriff«, sondern lediglich um einen »Liebesbiss« gehandelt habe.
Mit anderen Worten, sie liebte ihren Angreifer.
Natürlich, dachte Alaric mit seinem üblichen Zynismus. Das
tun sie alle. Die Gesellschaft hatte Vampire in ein so romantisches Licht getaucht, dass viele beeindruckbare junge Frauen sich den Schauspielern, die Vampire in Film und Fernsehen spielten, geradezu an den Hals warfen.
Aber sie konnten ja nichts dafür. Frauen waren genetisch darauf programmiert, sich zu mächtigen, gutaussehenden Männern mit hohem Testosteronspiegel, die gut für ihre Nachkommen sorgen konnten, hingezogen zu fühlen, und Vampire wurden ja in allen Filmen so dargestellt – reich, groß, stark und gutaussehend.
Alaric fragte sich, ob Frauen wohl immer noch so viel für Vampire empfinden würden, wenn sie seinen früheren Partner Martin auf der Intensivstation gesehen hätten, nachdem sie in einem Lagerhaus außerhalb Berlins auf ein Vampirnest gestoßen waren. Sie hatten Martin das halbe Gesicht abgerissen. Er nahm sein Abendessen immer noch durch einen Strohhalm zu sich.
Glücklicherweise hatten sie ihm die Augen gelassen, so dass er wenigstens sehen konnte, wie die Kleine, die er und sein Lebenspartner Karl adoptiert hatten – Alarics Patenkind Simone – , ihren vierten Geburtstag feierte.
Alaric liebte seine Arbeit, aber das hatte er schon vor dem Unfall getan. In welchem Beruf konnte man sonst schon ein Schwert verwenden? Ihm fiel keiner ein.
Und Alaric liebte sein Schwert, Señor Sticky. Im Gegensatz zu Menschen log die Klinge nie. Sie betrog nicht, und sie diskriminierte nicht … auch wenn Vampire tatsächlich blöd waren. Vor allem amerikanische Vampire. Sie hielten sich an Orten auf, an die Alaric sich nie begeben würde, vor allem nicht, wenn er unsterblich wäre. Highschools zum Beispiel.
Und Walmart.
Wenn Alaric ein Vampir wäre – und das würde nie passieren,
weil Martin die strikte Anweisung hatte, ihn sofort zu töten, sollte er zu oft gebissen werden –, dann würde er nur in hochklassigen Kaufhäusern einkaufen. Bei Target, vielleicht.
Vermutlich mieden Vampire Target, weil es auf dem Parkplatz dort zu viele Überwachungskameras gab. Es war ein Mythos, dass Vampire in Spiegeln oder auf Filmen nicht zu sehen waren. Das mochte in der alten Zeit gegolten haben, als Spiegel und Filme noch mit Silber hinterlegt waren. Aber seit die Welt digital geworden war – und Spiegel preiswert –, konnte man auch Vampire ablichten wie alle anderen.
Alaric mochte Target gern. In Rom gab es diesen Discounter nicht. Als er das letzte Mal bei Target gewesen war, hatte er sich eine Goofy-Armbanduhr gekauft. Seine Kollegen hatten sich über ihn lustig gemacht, aber er mochte die Uhr. Sie war so altmodisch und konnte nichts anderes, als die Zeit anzeigen.
Und manchmal brauchte man eben nur das.
Alarics Handy summte. Er legte den Betty-und-Veronica-Comic beiseite, fischte das Gerät aus seiner Jackentasche und las interessiert den Text, den er bekommen hatte.
Manhattan. Berichte von völlig ausgebluteten Körpern. Mindestens drei Tote.
Alaric las die Nachricht dreimal, um sicherzugehen, dass er sie auch richtig verstanden hatte.
Ausgeblutete Körper? Seit einem Jahrhundert war kein Vampir mehr dumm genug gewesen, einen Körper völlig auszusaugen. Zumindest keiner, von dem Alaric wusste.
Denn das war – im Gegensatz zu dem, was der Vampir in Chattanooga machte – Mord und nicht einfach nur ein Fangzahnangriff. Letzterer konnte nie bewiesen werden – nicht in einem regulären Prozess jedenfalls –, weil das Opfer seine Zustimmung gegeben hatte … aufgrund von Gehirnwäsche, natürlich.
Wenn jedoch ein Vampir dumm genug war, seine Opfer zu ermorden, dann konnte das nur eins bedeuten: Der Prinz würde aus dem Loch kriechen, in dem er sich im letzten Jahrhundert versteckt hatte.
Er würde es tun müssen, schließlich konnte er
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