Eternity
Straße lief, sah sie die Antwort auf ihre Frage. Adam hatte einen weißen Verband um den Hals, und er war mit Handschellen an das Metallgeländer der Treppe gefesselt.
»Der Freak hat mich hier angekettet!«, schrie Adam und rasselte mit den Handschellen. »Er hat mir gesagt, ich solle bei Pradip bleiben, aber ich bin ihm gefolgt. Er hat mir Handschellen angelegt, damit ich nicht mit in die Kirche gehe. Er sagte, es sei zu gefährlich. Was soll ich denn jetzt tun, Meena? Die haben meine Frau da drinnen! Und ich sitze hier fest, hilflos wie ein Baby. Du musst mich befreien, Meena. Hast du eine Haarnadel oder so was? Du kannst doch Schlösser knacken, oder?«
Adam sah schrecklich aus. Sein Hemd war voller Blut, anscheinend aus dem Biss am Hals. Aber er schien nicht mehr unter Schock zu stehen. Seine Pupillen waren normal groß.
Und die Wut war typisch für Adam.
»Wer hat dich hier angekettet, Adam?«, fragte Meena. Sie ahnte es eigentlich schon, aber sie wollte ganz sichergehen. »Wessen Handschellen sind das?«
»Dieser durchgeknallte Freund von dir, dieser Vampirtöter«, schrie Adam. »Der, den du und Jon angeblich geschickt habt, damit er mir hilft. Schöne Hilfe, kann ich dir sagen! Ich sitze hier und kann nichts tun, während meine Frau bei lebendigem Leib aufgegessen …«
»Leisha geht es gut«, versicherte Meena ihm und legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. »Ich verspreche es dir. Ich würde es wissen, wenn ihr etwas passiert wäre.« Sie hoffte,
dass sie richtig lag. »Du hast gesagt, Alaric sei schon in der Kirche?«
»Ja, er ist mit seinem großen Schwert da reingegangen. Er hat ihm sogar einen Namen gegeben! Señor Stinky oder so. Meena, du musst diese Handschellen aufmachen. Ich muss in die Kirche und nach meiner Frau suchen. Wer weiß, was sie ihr antun!«
»Du wärst besser im Krankenhaus aufgehoben«, murmelte Meena und tätschelte ihm die Schulter.
»Scheiß auf das Krankenhaus!«, erwiderte Adam. »Ich muss meine Frau finden. Es ist schließlich meine Schuld, dass sie da drin ist.«
»Nein«, sagte Meena mit fester Stimme. »Das ist meine Schuld.«
Sie wandte sich von ihm ab und ging wieder über die Straße, auf die Kirche zu. Wenn Alaric hineingekommen war, konnte sie das auch.
»Hey!«, schrie Adam ihr wütend hinterher. »Wohin gehst du? Du kannst mich doch hier nicht allein lassen, Meena!«
»Dir passiert schon nichts, Adam«, rief sie über die Schulter zurück. »Glaub mir. Du bist da besser aufgehoben, als wenn du mit mir kämst.«
»Das ist doch Blödsinn!«, schrie Adam. »Blödsinn! Komm her, Meena! Dreh dich sofort um und komm zurück!«
Aber Meena ging unbeirrt weiter auf das Gerüst zu, das die Kirche umgab. Es muss einen Weg hinein geben, sagte sie sich. Wenn Alaric ihn gefunden hatte, konnte sie das auch.
Zögernd legte sie eine Hand auf das kühle Holz.
Im selben Moment platzte es mit ohrenbetäubendem Lärm auseinander.
55
Samstag, 17. April, 22.30 Uhr
Sankt-Georgs-Kathedrale
180 East 78th Street, New York
Die Wucht der Explosion warf Meena auf den Bürgersteig, dorthin, wo sie in der ersten Nacht mit Lucien gelegen hatte. Stacheldraht und Sperrholzbretter flogen durch die Luft. Meena schlang die Arme um sich, um sich zu schützen. Um sie herum heulten die Alarmanlagen unzähliger Autos.
Als sie die Arme senkte und ihre Augen öffnete, sah sie ein großes Stück Sperrholz genau dort, wo das junge Pärchen aus der Subway gestanden hätte.
Das Brett war auf den Bürgersteig gedonnert, ohne irgendwelchen Schaden anzurichten.
»Was zum Teufel war das denn?«, rief Adam von der anderen Straßenseite aus.
Meena rappelte sich mühsam auf alle viere und sah, dass die Türen der Kirche offen standen. Ein großer Mann, der Lucien ähnlich sah – er war nur ein bisschen kleiner und dicker und trug einen glänzenden grauen Anzug mit schwarzen Accessoires, was Lucien sicher nie tun würde –, stand dort. Er trat heraus und blickte sie erfreut an.
»Meena Harper, nehme ich an?«, sagte er.
Sein Akzent klang überhaupt nicht europäisch.
Meena nickte.
»Ja«, erwiderte sie und hustete ein wenig wegen all des Staubs. »Sind Sie Dimitri?«
»Der bin ich«, sagte er.
Er bot ihr seine Hand, um ihr aufzuhelfen, und Meena, der das Herz bis zum Hals schlug, ergriff sie. Was sollte sie auch sonst tun? Sie war ja nur gekommen, um ihre Freundin zu befreien und dem Ganzen ein Ende zu bereiten.
Die Zeit war gekommen, um beides zu tun.
»Tut mir leid
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