Eternity
wegen der Explosion«, fuhr er entschuldigend fort. »Oh, sehen Sie sich nur Ihre Jacke an. Warten Sie, ich helfe Ihnen.«
Er klopfte Staub und Sperrholzsplitter von ihrer Wildlederjacke. »Sie sind ganz anders, als ich erwartet hatte.«
»Kleiner?«, fragte sie. »Das höre ich oft.«
»Jünger«, erwiderte er. Sein Blick war genauso intensiv wie der seines Bruders, aber im Gegensatz zu Luciens Augen waren Dimitris braune Augen nicht traurig. Nein, diese Tiefe hatten sie nicht. Sie waren so nichtssagend wie die Dialoge bei Eternity. »Aber hübsch!«, fügte er galant hinzu. »Nun, das habe ich allerdings nicht anders erwartet. Mein Bruder konnte einem hübschen Gesicht noch nie widerstehen.«
»Danke«, sagte Meena sarkastisch und betrat mit ihm die Kirche.
Sie stellte fest, dass sie nicht allein waren. Rot glühende Augen verfolgten ihren Weg aus den Schatten … die Augen der Dracul, der treuen Gefolgsleute von Dimitris Vater. Sie erwartete, schlanke junge Männer mit Lederjacken zu sehen, die alle aussahen wie Gregory Bane, und Mädchen wie Taylor Mackenzie, in engen Jeans und Trägertops.
Gregory Bane entdeckte sie tatsächlich.
Aber die meisten Geschöpfe, die sie anstarrten, sahen aus wie ganz gewöhnliche Menschen … nicht anders als die Menschen, denen sie jeden Tag in der U-Bahn begegnete oder in der Schlange vor Abdullahs Kaffeestand. Sie waren weder besonders dünn oder dick, jung oder alt, elegant oder schlampig.
Und vielleicht, dachte Meena, jagt mir diese Tatsache am meisten Angst ein.
Eins hatten sie allerdings alle gemeinsam – sie wirkten … hungrig.
Dimitri führte sie in die Kirche. Meena war noch nie zuvor im ihrem Inneren gewesen. Dass die Kathedrale groß war, wusste sie, und sie hatte schon oft gehört, wie schön sie war. Sie hatte viele Buntglasfenster – das größte befand sich den Türmen gegenüber und sollte wohl den heiligen Georg auf seinem Pferd darstellen, der den Drachen erschlug.
Meena hatte das bunte Glas jedoch nie wirklich bewundern können, weil es vor lauter Schmutz im Laufe der Jahre schwarz geworden war. Auch jetzt fiel kaum Licht in die Kirche. Beleuchtet wurde der Innenraum nur von Hunderten dicker schwarzer Kerzen, die die Dracul überall aufgestellt und angezündet hatten.
Die Wände der Kirche hatten es nicht viel besser getroffen. Sie hatten Bekanntschaft mit Farbsprühdosen gemacht. Sogar über den Fenstern und an der Gewölbedecke waren Drachensymbole aufgesprüht worden.
»Wow«, sagte sie. »Sie haben ja geradezu Wunder hier vollbracht. Wer ist Ihr Innenarchitekt?«
Meena hörte ein perlendes Lachen, und eine ihr nur allzu bekannte weibliche Stimme hinter ihr erwiderte: »Ich. Ich bin das.« Als Meena sich mit klopfendem Herzen umdrehte, winkte Shoshona ihr zu. »Hey!« Shoshona strahlte. »Überraschung!«
Meena hatte das Gefühl, unter eine Dampfwalze geraten zu sein. Aber warum war sie eigentlich so überrascht? Sie wusste doch seit ewiger Zeit, dass Shoshona im Fitnessstudio ums Leben kommen würde. Sie hatte ja nicht ahnen können, dass sie dort von einem Vampir getötet worden war, und dann auch noch von Stefan, Dimitri Antonescus Sohn.
Meena starrte Shoshona an. Sie sah fantastisch aus. Ihre Haare waren noch nie glänzender gewesen … oder glatter. Vermutlich muss man sie nicht mehr glätten, wenn man tot ist, dachte Meena.
Shoshona schlenderte auf sie zu. »Ich bin es. Hey … danke für die Tasche.«
Meena sah, dass Shoshona eine Marc-Jacobs-Tasche mit einem juwelenverzierten Drachen in der Hand hielt.
In Rubinrot.
Genauer gesagt war es Meenas Tasche. Die, die Lucien ihr geschenkt hatte.
Meena wusste nicht, was sie sagen sollte. Tausend passende Antworten schwirrten ihr im Kopf herum, aber sie war zu fassungslos, um auch nur eine auszusprechen.
»Ach, übrigens«, sagte Shoshona und legte einen Finger mit einem langen, manikürten Fingernagel auf Meenas weiße Bluse, genau dorthin, wo ihre Halsschlagader pochte.
»Rate mal, wer gerade neu in den Vorstand von Affiliated Broadcast Network berufen worden ist!«
Shoshona zeigte über die Schulter auf ein Paar im mittleren Alter, das Meena enthusiastisch zuwinkte.
Shoshonas Tante und Onkel.
Meenas Herz sank. Nicht auch noch Fran und Stan. Jeder, den Meena kannte, verwandelte sich in einen Vampir.
Aber in den Vorstand von ABN? Wie war das denn möglich? Sie hatten doch nur eine Soap kreiert! Und selbst in den besten Zeiten hatte Eternity nicht so eine hohe Quote gehabt.
»Oh«,
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