Eternity
Linie 6 und versuchte, die anderen Fahrgäste nicht anzusehen. Sie wollte auf keinen Fall noch in irgendwelche weiteren Probleme hineingezogen werden.
Sie hatte genug.
Als sie und Jon Abraham Holtzman hektisch erklärt hatten, was geschehen war, hatte er ernst gesagt: »Ja. Ja, natürlich. Das macht Sinn. Die Sankt-Georgs-Kathedrale wird gerade renoviert, sagten Sie?«
Jon hatte genickt. »Ja. Während der Renovierungsarbeiten ist die Kirche für die Öffentlichkeit geschlossen.«
»Als ich in der Nacht dort vorbeiging, in der ich …«, Meena hatte sich selbst unterbrochen, »… als die Kolonie von Fledermäusen mich angriff, dachte ich zunächst, einer der Türme käme herunter. Die Kirche ist in einem ziemlich schlechten Zustand.«
Bruder Bernard, Schwester Gertrude und Abraham Holtzman hatten besorgte Blicke gewechselt, als sie das hörten.
»Was ist?«, hatte Meena gefragt. »Bedeutet das etwas?« Sie hatte schon bedauert, ihnen überhaupt etwas erzählt zu haben.
»Wenn eine Kirche zu lange nicht benutzt worden ist, kann sie entweiht werden«, hatte Abraham erklärt. »Sie ist dann perfekt für Dämonenriten.«
»Dämonenriten?« Meena hatten sich die Nackenhaare aufgestellt. »Wie … zum Beispiel die Krönung eines neuen Prinzen der Finsternis?«
Niemand hatte ihr geantwortet. Sie waren bereits dabei, Waffen für einen apokalyptischen Showdown mit den Dracul in der Sankt-Georgs-Kathedrale zusammenzusuchen.
Vom Pfarrhaus waren die Vampire auf geheimnisvolle Weise verschwunden. Abraham Holtzman vermutete, dass sie ihnen nur zeigen wollten, was sie in der Sankt-Georgs-Kathedrale vorhatten – der Angriff auf die Kirche der heiligen Klara war nur ein Ablenkungsmanöver gewesen.
Keiner von ihnen – weder Abraham Holtzman noch Bruder Bernard, Schwester Gertrude oder die anderen Mönche und Nonnen … noch nicht einmal die Novizinnen oder Jon zeigten die leiseste Furcht. Niemand zögerte. Alle waren perfekt darauf vorbereitet zu kämpfen.
Und vielleicht zu sterben.
Aber was sie – im Gegensatz zu Meena – nicht wussten, war, dass sie tatsächlich alle sterben würden. Alle. Bis auf den letzten Mann. Was sie erwartete, hatte ihr mit absoluter Klarheit
in diesen wenigen Augenblicken im Flur des Pfarrhauses vor Augen gestanden:
Dimitri hielt ihre beste Freundin – ihre schwangere beste Freundin – in der Sankt-Georgs-Kathedrale gefangen und würde sie erst gehen lassen, wenn Meena sich als Austauschgeisel anbot.
Ihr eigenes Leben für das ihrer Freundin.
Danach würde es einen weiteren Austausch geben: Meenas Leben für Luciens.
Und dann würde Dimitri Antonescu, der dämonische Halbbruder von Lucien Antonescu, Sohn des Dracula, Prinz der Finsternis, sich in der entweihten Kathedrale zum neuen Prinzen krönen …
… und ein todbringendes Vampirterrorregime würde sich über Manhattan, vielleicht sogar über die ganze Welt, ausbreiten.
Meenas Bruder, Abraham, Schwester Gertrude … all diese guten Menschen würden sterben, während sie versuchten, das Unheil, das Meena vor ihrem geistigen Auge sah, zu verhindern. Sie sah für sie den gleichen Tod voraus, wie sie ihn für Alaric Wulf gesehen hatte, als sie seine Zukunft vor Augen hatte.
Dunkelheit. Feuer. Viel Feuer. Und dann …
Nichts. Einfach nur … nichts.
Meena hatte immer gehofft, es gäbe ein Leben nach dem Tod, etwas, was sie nur nicht sehen konnte, weil sie selbst noch nicht tot war. Aber jetzt erstreckte sich vor Meenas innerem Auge das Nichts wie ein riesiger Abgrund. Sie stand am Rand einer Felsschlucht und blickte in die schwindelerregende Tiefe, an deren Grund sie nur das Nichts sah.
So war es immer, wenn Meena den Tod von anderen Menschen voraussah. Wenn Meena ihn durch ihr Eingreifen nicht
verhindern konnte, würden sie direkt in diesen Abgrund gewirbelt.
Und deshalb hatte sie gehandelt. Sie kritzelte ein paar Zeilen auf einen Zettel, achtete darauf, dass er nicht übersehen werden konnte, nahm sich Kleingeld aus einer Dose, die auf einem Tischchen an der Tür stand, damit sie das Subway-Ticket bezahlen konnte, und verließ das Haus.
Meena wusste, dass sie sich aufregen würden, weil Alaric, als Jon ihn endlich erreicht hatte, genau das Gegenteil angeordnet hatte: Meena sollte der Sankt-Georgs-Kathedrale fernbleiben.
Oh, und er hatte auch gesagt, dass es ihrem Hund gut ginge und dass er ihn zunächst in der Obhut von Pradip, dem Portier, lassen würde …
Es sah so aus, als ob Meena die kommende dämonische Apokalypse
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